Europawahl:Der Erfolg der Grünen hat System, das Debakel der SPD auch

Katarina Barley bei Europawahl-Kundgebung in München, 2019

Katarina Barley ist bei der Europawahl gescheitert. Dieter Reiter könnte bei der Kommunalwahl in München auch ein Debakel drohen.

(Foto: Florian Peljak)

Nach der Kommunalwahl im nächsten Jahr drohen im Münchner Rathaus turbulente Zeiten - durch die Schwäche der SPD und die Stärke der Grünen werden neue Bündnisse nötig.

Kommentar von Dominik Hutter

Nach der Landtagswahl war die SPD zwar geknickt, trotzdem aber auch ein wenig schnippisch: Ein Gute-Laune-Wahlkampf der jungen Kandidatin Katharina Schulze sei das gewesen, ätzten damals die Sozialdemokraten. Eher inhaltsleer. Was ein wenig impliziert, dass die Wähler sich hätten blenden lassen von der frisch-fröhlichen Ausstrahlung der einstigen Münchner Grünen-Chefin. Nun, eine Wahl später, zeigt sich, dass der Erfolg der Grünen offenbar System hat. Und das Debakel der SPD auch. Die Wähler wenden sich tatsächlich ab von der einst so stolzen Sozialdemokratie. Selbst in München mit der langen Ahnenreihe der roten Oberbürgermeister. Irgendwann ist ein Ausrutscher eben kein Ausrutscher mehr, auch wenn das vermutlich viele SPDler intensiv hoffen werden.

Die nächste Wahl ist schon die Kommunalwahl, einst eine sichere Bank für die Münchner Sozialdemokratie. Und auch wenn dann der populäre Oberbürgermeister Dieter Reiter ein bisschen was herausreißen mag - die SPD-Fraktion hat allerbeste Chancen, im März 2020 auf einen weit abgeschlagenen dritten Platz zurückzufallen. Da auch die CSU bei Wahlen in München nicht gerade in berauschender Form ist, ist eine Fortführung des aktuellen Rathaus-Bündnisses arithmetisch zweifelhaft. Dann rückt plötzlich Grün-Schwarz als einzig denkbares Zweiergespann in den Vordergrund, mit den Grünen als Senior-Partner. Das wird die stolze CSU erst einmal verdauen müssen. Von der SPD ganz zu schweigen. Oder es läuft eben doch auf ein Dreier- oder Noch-mehr-Partner-Bündnis hinaus. Dann brechen turbulente Zeiten an im Rathaus - vor allem, wenn es dazu auch noch einen roten Oberbürgermeister geben sollte.

Es ist immer schwierig, Wahlen auf verschiedenen politischen Ebenen miteinander zu vergleichen. Die großen Volksparteien sollten jedoch alarmiert sein über die Analysen, die ihnen mangelnde Kante vorwerfen. Das könnte durchaus auch auf die Münchner Kommunalpolitik zutreffen. Das Rathaus-Bündnis hat sehr lange versucht, es allen Recht zu machen. Zu lange. Im Verkehr, bei der Planung großer Wohngebiete - das Wischiwaschi verdeckt ein wenig die Erfolge, die dieses Bündnis ja durchaus vorzuweisen hat. Erst jetzt versucht Reiter, seiner Partei ein klareres Profil zu geben, speziell bei der Verkehrswende. Gut möglich, dass es schon zu spät ist. Zumal die Grünen beim Verkehr schon dort sind, wo die SPD erst hin will.

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