Die Bundesbeauftragte für Datenschutz, Andrea Voßhoff, sorgt sich um den Datenschutz am Europäischen Patentamt (EPA) in München. Sie hat das Bundesjustizministerium und den Rechtsausschuss des Bundestags über ihre Bedenken informiert. Ende September wird die Bundesregierung dazu im Ausschuss einen Bericht abgeben. Anlass ist ein konkreter Fall: Im Juni war bekannt geworden, dass in einem für Besucher zugänglichen Bereich Spähsoftware an einem Computer installiert war. Hintergrund ist das tiefe Zerwürfnis zwischen der Amtsleitung und Teilen der Mitarbeiterschaft, angeführt von deren Vertretung, der Gewerkschaft Suepo.
Unbekannte verbreiteten Schreiben, in denen der Präsident Benoît Battistelli und andere hochrangige EPA-Vertreter angegriffen wurden. Mithilfe der Software soll der Verfasser der Schreiben identifiziert worden sein. Ein Patentrichter wurde unmittelbar seines Arbeitsplatzes verwiesen, Kritiker sahen darin einen unzulässigen Eingriff und eine Kompetenzüberschreitung. Der Fall erregte Aufsehen - genauso wie die mutmaßliche Ausspäh-Aktion. Kritiker bemängelten den Vorgang, man könne nicht ausschließen, dass auch Unbeteiligte - Mitarbeiter, Patentrichter oder Mitglieder des Verwaltungsrates - sich um ihre Datensicherheit sorgen müssten.
Auch der bayerische Beauftragte für Datenschutz, Thomas Petri, sieht Handlungsbedarf. Er forderte eine unabhängige externe Datenschutzaufsicht für das Amt. Dort geht es um sensible und ökonomisch wertvolle Daten, um geistiges Eigentum. Petri wandte sich an die Bundesbeauftragte Voßhoff. Problematisch ist, dass die Europäische Patentorganisation ein Staat im Staat ist, mit eigenen Gesetzen. Der Präsident hat umfängliche Rechte. Seine einzige Rechtsaufsicht ist der Verwaltungsrat, in dem die 38 Mitgliedsstaaten sitzen. Kritikern beanstanden, dass Grundregeln, die in Deutschland gelten, im EPA keine Anwendung finden. Die Datenschutzbeauftragte Voßhoff fordert, die Rechtsgrundlage der Patentorganisation, das Patentübereinkommen, um eine externe Kontrollinstanz zu ergänzen. Dies hat sie dem Justizministerium in dem Schreiben an den Rechtsausschuss, das der SZ vorliegt, vorgeschlagen. Das Ministerium habe dies jedoch bislang abgelehnt, das Übereinkommen könne nicht ohne Zustimmung aller Mitgliedsstaaten ergänzt werden.
Ruhe dürfte am Patentamt derzeit nicht einkehren. Vergangene Woche zogen erneut EPA-Mitarbeiter durch München, diesmal zur Gewerbeaufsicht. Der im Frühjahr verordnete und in Gesprächen begonnene Versöhnungskurs scheint sich mittlerweile erledigt zu haben. Die Münchner Gewerkschafts-Vorsitzende fürchtet aktuell schwere disziplinarische Maßnahmen. Ohne Genehmigung der Amtsleitung hatte sie in einem Internet-Blog öffentlich gemacht, dass intern gegen sie ermittelt wird; sie soll somit gegen ihre Verschwiegenheitspflicht verstoßen haben. Das EPA wollte den Fall bis Donnerstagnachmittag nicht kommentieren.