EU-Sprecher: BayernLB hätte GBW-Wohnungen offenbar nicht verkaufen müssen

Tausende GBW-Wohnungen hat die BayernLB an ein Konsortium unter Führung eines privaten Immobilienkonzerns verkauft. Um EU-Vorgaben zu erfüllen, so hieß es bislang. Doch laut eines EU-Sprechers hätte die Bank gar nicht verkaufen müssen. Bayerns Finanzminister Söder reagiert dünnhäutig.

Die Bayerische Landesbank hätte ihre Wohnungsbaugesellschaft GBW nach Informationen des Bayerischen Rundfunks (BR) nicht verkaufen müssen.

Ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia sagte dem Sender, die BayernLB selbst habe den Verkauf vorgeschlagen. Zudem hätte der Freistaat die GBW aus dem Bestand der Landesbank erwerben können, so der Sprecher.

Bisher hatte aus Reihen der bayerischen Staatsregierung stets geheißen, die BayernLB habe die GBW verkaufen müssen, um das Milliarden-Defizit der Landesbank zu reduzieren und somit EU-Vorgaben zu erfüllen. Und bei der Frage, ob der Freistaat als Käufer infrage kommt, weigerte sich die Staatsregierung mit dem Hinweis, dies wäre nicht möglich. Die EU-Kommission würde dies als unzulässige Beihilfe werten und der Bank ein langwieriges neues Prüfverfahren aufzwingen.

Tatsächlich ist der GBW-Verkauf eine Spätfolge des Landesbank-Debakels. In der Bankenkrise hatte der Freistaat seine Landesbank mit zehn Milliarden Euro vor dem Untergang gerettet. Die EU hat die Hilfe genehmigt, allerdings unter Bedingungen. Dass eine der Bedinungen der GBW-Verkauf war, hat die EU noch nie so deutlich bestritten, wie jetzt der Sprecher Almunias. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass über Äußerungen des EU-Wettbewerbskommissars in diese Richtung berichtet wird.

Der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude hatte Söder beispielsweise nach einem Besuch bei Almunia im April 2013 bereits vorgeworfen, bei diesem Thema die Unwahrheit gesagt zu haben. Ude erklärte damals, dass der Vorwurf bleibe, der Freistaat habe "ohne Not und ohne juristischen Zwang die eigenen Mieter hat fallen lassen".

Finanzminister Markus Söder (CSU) reagierte sofort auf den Bericht. Er widersprach vehement. "Das ist ein Sturm im Wasserglas", sagte Söder. Die EU-Kommission habe der BayernLB im Rahmen des Beihilfeverfahrens vorgeschrieben, die Bilanzsumme fast zu halbieren. "Wir mussten alles verkaufen, was nicht niet- und nagelfest war."

Tatsächlich hatte die EU-Kommission der BayernLB nach deren Fast-Pleite eine drastische Schrumpfung verordnet. Die Landesbank sollte nach den Brüsseler Auflagen die Geschäftsbereiche verkaufen, die nicht zu den Kernaufgaben einer Bank gehören. "Es gab keine Alternative dazu, die GBW zu verkaufen", sagte Söder dazu.

Von der BayernLB selbst kam die gleiche Aussage in anderen Worten: "Im Zuge des EU-Beihilfeverfahrens musste die BayernLB alle Beteiligungen zum Verkauf anbieten, die für das neue Geschäftsmodell der Bank nicht zwingend notwendig waren", hieß es in einer Mitteilung der Landesbank. Die Verkaufsliste umfasste daher laut BayernLB "erst recht natürlich solche Beteiligungen, die mit dem originären Bankgeschäft nichts zu tun haben".

Die Grünen drohen jetzt mit einem Untersuchungsausschuss im Landtag. Der wohnungspolitische Sprecher Jürgen Mistol warf dem Finanzministerium nach Bekanntwerden der Aussagen des EU-Sprechers vor, das Finanzministerium habe den Landtag "bewusst falsch informiert, wenn nicht sogar angelogen". Ministerpräsident Horst Seehofer und Söder hätten "in Sachen GBW die bayerische Bevölkerung belogen", sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger.

Der Mieterbund wertete die Aussage des EU-Sprechers als Beleg, dass die Wohnungen erstens nicht hätten verkauft werden müssen und zweitens die Staatsregierung als Käuferin hätte einspringen können. Die Staatsregierung habe der Bevölkerung und vor allem den betroffenen Mietern "zwei Unwahrheiten" aufgetischt, erklärte die Landesvorsitzende Beatrix Zurek - und forderte einen Untersuchungsausschuss. "Die Mieter wurden hier zum Zwecke des Wahlkampfs im Regen stehen gelassen und der Steuerzahler muss nun mittelbar für diese verantwortungslosen Trickserei einstehen." Zurek ist auch SPD-Stadträtin in München. Die SPD lehnte den Verkauf der GBW von Anfang an ab. Finanzminister Söder kritisierte die Äußerung der SPD-Politikerin wegen des "unguten Gefühls" einer Vermischung von Interessen der Mieter mit denen der Parteipolitik.

Erste Wohnung werden weiterverkauft

Die etwa 32.000 GBW-Wohnungen waren im Frühjahr an ein Konsortium unter Führung des privaten Augsburger Immobilienkonzerns Patrizia verkauft worden. Unter anderem gehören zu der Käufergruppe Versorgungswerke, Versicherungen und Sparkassen.

Der Verkauf der Wohnungen sorgt bei den etwa 80.000 betroffenen Mietern für große Unruhe. Auf Druck der Mieterverbände hatte die Politik beim Verkauf immerhin eine Sozialcharta durchgesetzt, die die Bieter akzeptieren mussten: Keine Luxussanierungen, lebenslanges Wohnrecht für über 60-Jährige, begrenzte Mieterhöhungen. Inzwischen werden die ersten Wohnungen von dem Konsortium weiterverkauft, die Stadt München hat dabei ein Vorkaufsrecht. Gerade wurde bekannt, dass die Stadt plant bei zunächst 355 Wohnungen davon Gebrauch zu machen.

Im Münchner Rathaus wird damit gerechnet, dass die GBW in den nächsten Monaten weitere Wohnungen auf den Markt werfen wird. Sollte das so kommen, dürfte die Kommune schnell an die Grenze ihrer finanziellen Möglichkeiten kommen.

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