Essen am Flughafen:Münchner Reiseverzehr

Die Pfingstferien beginnen und mit ihnen die Reisezeit. Um dem Essen im Flugzeug zu entgehen, könnte man sich einen Happen gönnen. Doch wohin? Eine kulinarische Airport-Tour zwischen bayerischen Klassikern und internationalen Angeboten.

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Quelle: Marco Einfeldt

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Die Pfingstferien beginnen und mit ihnen die Reisezeit. Um dem Essen im Flugzeug zu entgehen, könnte man sich einen Happen gönnen. Doch wohin? Eine kulinarische Airport-Tour zwischen bayerischen Klassikern und internationalen Angeboten.

Das vielleicht bekannteste Flugzeug am Flughafen kann gar nicht fliegen. "Smokey Joe's" heißt die silbrig glänzende Maschine, Eingeweihte nennen sie aber nur "den Würstlflieger". Das geflügelte Ungetüm mit der bulligen Gestalt einer Requisite aus der Knetfigurenserie "Shaun das Schaf" steht auf der großen Freifläche des Munich Airport Centers zwischen dem Zentralbereich und dem Terminal II. Gastrokonzeptionell gesehen ist der Flieger sozusagen der Münchner Gegenentwurf zu dem ausgemusterten S-Bahn-Waggon am Berliner Noch-Flughafen Tegel, in dem Currywurst serviert wird.

Auch bei Smokey Joe gibt's Currywurst von acht bis 21 Uhr das Angebot gegen den schnellen Hunger. Diese wird in drei Versionen angeboten - bayerisch, berlinerisch oder im Ruhrgebiet-Stil. Dazu Weißbrot ("Flieger-Krustl") oder Pommes mit drei verschieden scharfen, aber nicht wirklich scharfe Saucen. Serviert wird die Essware in der Pappschale mit Holzgäbelchen, so wie es bei deutschem Fastfood wohl sein muss: eine rötlich eingeseifte Maschinenwurst und üppig Fett auf den salzigen Pommes. 3,60 Euro kostet die Wurst allein, 5,70 mit den Fritten.

Wer beim Genuss dieser Speisen etwas Ablenkung braucht, kann derweil über viele Details am Würstelflieger schmunzeln, zum Beispiel das Blitzlicht an den Flügelspitzen und den echten Pratt & Whitney-Sternmotor, dessen sieben Zylinder in einem früheren Leben 570 PS zum Rotieren brachten. Im Cockpit des fliegerisch aufgemotzten, ehemaligen Airstream-Wohnwagens sitzt außerdem eine Schaufensterpuppe mit historischer Fliegermütze. Und auf der Rückseite steht eine antike Benzinzapfsäule.

Seinem Humor freien Lauf lässt der Betreiber bei den technischen Angaben: Als Treibstoff dient Fliegerbier und Bremsen gibt es natürlich keine. Rauchern kommt zupass, dass man rechtlich gesehen im Freien sitzt und Aschenbecher bereitstehen. Nach der Landung mit dem Würstelflieger empfiehlt es sich, so lange angeschnallt zu bleiben, bis das Sodbrennen zum völligen Stillstand gekommen ist. Danach ist eine kleine Tankfüllung angebracht, zum Beispiel Magenbitter. Gute Weiterreise! Freifläche des Munich Airport Center, täglich von 8 bis 21 Uhr.

Text: Kurt Kuma

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Quelle: Marco Einfeldt

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Welch ein Name: Airbräu! Das schmeckt nach Luft und Hopfen, nach Himmel und Erde, nach Wolken und Rausch. Früher stand der Airbräu ganz oben auf der Website www.billigsaufen.de, leider wurde diese superbe Informationsquelle eingestellt. Aber mit 2,50 Euro für die Halbe legt man auch so in und um München einen Tiefstpreisrekord hin, noch dazu in einer Umgebung, die weltweit dafür bekannt ist, Reisende nach Strich und Faden auszunehmen: mitten im Flughafen.

Gleich wenn man von der S-Bahn in Richtung Terminal II mit der Rolltreppe ins Licht fährt, liegt er da, der Airbräu, linker Hand, zunächst als großer, locker gestellter und überdachter Biergarten, dann drinnen als ebenso großzügige Trink- und Fresshalle. Ein kreisrunder See ziert den Garten, auf dessen Rand warnen Schilder: Kein Trinkwasser, Eltern haften für ihre Kinder. Damit Passagiere aus fernen Ländern mit allzu lockeren Sitten gleich Mal wissen, dass sie hier in Deutschland sind, wo man kein Wasser aus Biergartenseen zu trinken hat!

Dem Münchner Airport beschert der Airbräu einen wahrhaft bedenkenswerten Rekord: Dank ihm ist MUC der einzige Flughafen weltweit mit eigener Brauerei, die hier angebotenen Biere sind nicht nur unfiltriert, also ein bisschen trüb, sondern stammen allesamt - bis auf das Alkoholfreie - aus eigenem Kessel. Dementsprechend klingen die Namen: Das Helle heißt "Fliegerquell", was auf den alten Pilotenscherz zurückgehen könnte, dass diese zwölf Meter vor dem Flugzeug mit dem Trinken aufhören sollten. Das Weißbier "Kumulus" ist auch nicht ohne, schließlich verheißt der Kumulonimbus (im Fliegerdeutsch "Charly Bravo") heftiges Gewitter. Und auch das Pils "Jetstream" trinkt man nicht gefahrenfrei, denn so ein Stream kann gut und gerne mit mehr als 500 Stundenkilometern blasen. Nichtsdestotrotz schmecken die Biere hier ganz ausgezeichnet.

Und was die Speisen angeht, so ist nicht nur deren Preisleistungsverhältnis ganz unflughafenmäßig reell, sie entsprechen in ihrer Kolossalität eher dem Jumbo denn dem Learjet. Als Krone bietet der Airbräu das Gericht "Überschall" für 19,90 Euro. Auf dem Teller sind da: Schweinsbraten, Schweinshaxe, Ente, Knödel, Blaukraut, Fasskraut - bis auf die Ente kann man nachholen, so oft man will. Auch gibt's noch eine Maß Helles dazu. Wer danach fliegt, muss wahrscheinlich fürs Übergewicht bezahlen.

Die beiden Wirtinnen Franziska Kumpf und Juliane Pfaff legen Wert darauf die Feststellung, dass sie 90 Prozent ihrer Lebensmittel in Bayern beziehen, was nett ist, aber auch nicht viel bedeutet. Eindeutiger ist da schon, dass im Speisekartenhalter ein Prospekt steckt, in dem für die dritte Startbahn geworben wird. Nach entsprechendem Getränkeverzehr hat dann München insgesamt sechs. Nicht schlecht. Munich Airport Center, Ebene 03, täglich geöffnet von 8 bis 1 Uhr.

Text: Ivan Lende

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Quelle: Marco Einfeldt

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Am Flughafen gibt es zwei Kategorien von Einkehren: Da ist die eine, die sich klar zum schnellen Junk Food bekennt, das der gehetzte Reisende zwischen Ankunft und Abflug noch einschieben kann, zum Airport-Aufpreis, versteht sich. Mit der zweiten Kategorie hat sie nur den Aufpreis gemein.

Das sind Lokale, die sich, ob mit oder ohne Erfolg, um besonderes Flair bemühen, meist das der weiten Welt, in die aufzubrechen man im Begriff ist. Am schicken Airport MUC sind sie deutlich in der Mehrheit, und kürzlich ist noch eines hinzugekommen: Das "Surf & Turf" im Airport Center.

Nun ist es nicht ganz einfach, zwischen Edeka, Post und Autovermietung kalifornische Strandgefühle zu wecken; der Gast muss daher, um sich wie ein Beach Boy zu fühlen, etwas guten Willen mitbringen, am besten Richtung des schmucken alten VW-Busses mit Surfbrett oder der Bar sitzen, wo allerlei karibische Drinks auf ihn warten sowie nebenan die Glasvitrine, in der eine überschaubare Anzahl von Fischen auf Eis liegt. Man kann auch in tiefen Sesseln hocken oder auf Schaukelstühlen. Discogänger sind im Vorteil, weil ihnen die Dauerberieselung mit Wumpa-Wumpa-Bässen wahrscheinlich gar nicht auffällt.

Surf & Turf, das sind in US-Steakhäusern sehr beliebte Kombinationen von Fleisch mit Meerestieren. Das Urteil der Gastrokritik reicht von "Mahlzeiten, für die man sterben könnte" bis zum verdammenswerten "Inbegriff hedonistischer Extravaganz". Beides scheint im Airport Center etwas hoch gegriffen. Die legere Atmosphäre, der freundliche Service und das gute Essen sind aber doch recht entspannend. Der Gast wählt aus einem schönen Angebot, etwa das kleine Rinderfilet mit Langustenschwanz oder die Rinderlende mit Riesengarnelen. Der frische Fisch vom Grill ist wirklich gut, gerade richtig, nicht zu lange aufgelegt und sehr leicht mit Salat, wenn man die erstaunte Bedienung überreden kann, solchen zu servieren statt der vorgesehenen Ofenkartoffel namens "Mrs. Gloria". Ein Highlight ist übrigens die amerikanische Zitronenlimonade.

Die Preise sind in Ordnung, wenn auch lagebedingt nicht die niedrigsten, Hauptgerichte liegen zwischen 14 und 22 Euro. Wem das zu viel ist, für den gibt es einen Imbiss dazu, der original Fish and Chips, Fried Shrimps, Sushi-Boxen oder Früchtebecher feilbietet. Der Kaffee schmeckte einmal so wie bei der Bundeswehr, aber das kann passieren und soll das Gesamturteil für ein stimmiges Konzept nicht trüben. Im "Surf & Turf" lässt es sich aushalten. Und das ist mehr, als man von vielen Lokalitäten des Flughafenbetriebs sagen kann. München Airport Center, Ebene 03, täglich geöffnet von 9 bis 21 Uhr.

Text: Karl-Heinz Peffekoven

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Quelle: Marco Einfeldt

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Auf den ersten Blick erinnert das "Bagutta" an die Zirbelstube der Staatskanzlei. Dort wurde bekanntlich Holz in einen modernen Glas-Stahl-Bau gerammt, gruselig. Der Flughafen ist zwar nach Franz Josef Strauß benannt, die Innenarchitekten gingen bei der Gestaltung des Restaurants jedoch wesentlich feinfühliger vor. Irgendwie fügt sich das auf rustikal getrimmte Holz an den Wänden in die riesige Metallkonstruktion.

Sozusagen auf dem Balkon über der Lufthansa-Abfertigung hat die Münchner Wirtefamilie Kuffler "landside im öffentlich zugänglichen Bereich" ein sehr cooles, international wirkendes Restaurant-Areal geschaffen. Links das "Mangostin Airport", rechterhand das "Bagutta", das den großen Namen einer Mailänder Institution für Küche und Kultur trägt.

Das Lokal ist denn auch schwer auf Italienisch gemacht. Rosmaringewächse auf den Holztischen, in Fläschchen frisches Olivenöl und "Aceto", Eros Ramazzotti säuselt durch die Lautsprecher. Wer vor dem Abflug entspannen will, ist hier richtig. In der offenen Küche sieht man den Pizzabäckern zu, die in T-Shirts mit der Aufschrift "Pizza Culture" ansehnliche Teigfladen kneten - zu knusprigen Airport-Preisen: Margherita (8,50 Euro), Diavolo (9,50), Parma (10,50) oder eine raffinierte Pizza Crudo e Fichi mit Schinken, Feigen, Akazienhonig (10,90).

Eine klare, einfache Küche mit wenigen Zutaten steht im "Bagutta" auf dem Programm. Die Spargelcremesuppe mit Bärlauchpesto (9,90) kam sehr heiß schon nach fünf Minuten auf den Tisch. Zwar suchte man vergebens nach dem Pesto, dafür waren circa eineinhalb Stangen grüner Spargel in die recht cremige Flüssigkeit geschnippelt worden. Umso exzellenter schmeckten die "Fagottini al provolone trifolato", mit Käse gefüllte Pasta, dazu junge Zwiebeln und Trüffelsahne. Perfekt al dente gekocht und in flugzeitenkompatiblen 15 Minuten serviert von höflichem, in Schwarz gewandetem Personal - eine echte Empfehlung.

Wenige Vorspeisen wie Carpaccio gibt es außerdem, drei Salate, zehn Sorten Pasta: Ein übersichtliches Angebot für den eiligen Reisenden in angenehmem Flair. Neckisch steht dann noch auf den Glasuntersetzern: "You can drink and fly as long as you are not the pilot." Wer sein Englisch vor dem Urlaub aufgefrischt hat, versteht das. Terminal, Ebene 05, täglich von 7 bis 22 Uhr.

Text: Rosa Marín

© SZ vom 24.05.2012/ehm
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