Escada und München:Modestadt ohne Glanz

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Gemeinsam in den Untergang: Die Pleite von Escada trifft München schwer in seiner Eitelkeit. Nun ist Schluss mit Pracht und ewiger Prosperität.

Susanne Hermanski

Escada. Auch wenn das Wort aus dem Portugiesischen stammt - im Grunde war es immer nur ein anderer Ausdruck für München: Das überstrapazierte Klischee von den Goldknöpfen, mit dem das Label - in der jüngeren Zeit freilich zu unrecht - gleichgesetzt worden ist. Die unverschämte Farbigkeit der fetten Gründerjahre. Dieses Herzeigen, was man hat. Diese spätbarocke Gegenkonstruktion zu Hamburger Understatement und preußischer Strenge.

Sieht so ein untergehendes Schiff aus? Der Flagshipstore von Escada in der Theatinerstraße. (Foto: Foto: dpa)

Darum ist der Symbolwert der Pleite von Escada für München auch nicht zu unterschätzen: Schluss mit Pracht und ewiger Prosperität. Oder doch wenigstens: Aus ist's mit dem ohnedies schon reichlich verblassten Nimbus der einstigen Modestadt München. Die Krise reißt ihr jetzt die Epauletten ab. Ganz große Operette.

Angefangen hat das Ganze freilich auch nicht ohne Pathos: Margaretha Ley und ihr Mann Wolfgang benannten ihr Unternehmen nicht von ungefähr nach einem Rennpferd. Und nicht ohne Grund nach einem, das "Escada" hieß. Mit "Treppe" oder "Leiter" kann man das übersetzen. Beides passt ausgezeichnet.

"Escada", das konnte Mode bedeuten, in der man wunderbar elegant und imposant die Freitreppe in seiner Villa oder seinem Firmensitz hinunterschritt. "Escada", das war die richtige Garderobe für die Dame auf der Karriereleiter - auch wenn sie diese oft eher im Windschatten ihres Ehemannes empor eilte.

Als Unternehmersgattin, Zahnarztgattin, Politikersgattin. Karin Stoiber war ein perfektes Flaggschiff für die jeweiligen Labels, die sie trug. Und Unternehmen mit Sitz unter weiß-blauem Himmel war sie schon aus Lokalpatriotismus verpflichtet.

Welche Kleider helfen, Repräsentationspflichten zu erfüllen, hatte Margaretha Ley schon in ihrer Ausbildung vor den Model-Zeiten erfahren. Sie wusste, was Hoheiten und alle, die es werden wollen, tragen: Denn ihre Lehrjahre hat die gebürtige Schwedin beim königlichen Hofschneider Leja in Stockholm verbracht. Bei Jaques Fath in Paris hat sie danach die Finessen der Haute Couture studiert - und schon Faths Großmutter hatte für Kaiserin Eugenie entworfen.

Als Margaretha Ley 1992 starb, bezeichnete die Frankfurter Allgemeine ihren Tod auf ihrer Titelseite als "Tragödie". Was "Escada" anbelangt, das für Wolfgang und Margarethe eine Art Himmelsleiter zum Olymp war, hatte das Drama allerdings schon früher eingesetzt: als das Unternehmen begann, sich mit Konzerngebaren wie eine Supernova auszudehnen - von München aus über sämtliche Kontinente.

Und das Münchnerische mit ihm sozusagen. Geradewegs bis auf den Roten Teppich bei der Oscar-Verleihung, wo sich die Königinnen, ja die Göttinnen unserer Tage bewegen.

Nun fällt der ausgebrannte Stern in sich zusammen. Die Marke Escada wird uns trotzdem wie eine Untote erhalten bleiben, so wollen es die Marktgesetze. Aber die Münchner müssen nun einsehen: Das Spiel ist aus. Sollen sich doch zur Abwechslung mal die Berliner auf die Geschmacksprobe stellen lassen. Da sind dann nicht einmal die Knöpfe aus Gold.

© SZ vom 13.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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