Erzbistum überwacht Pfarrer-Computer:Misstrauen aus Prinzip

Nach den Missbrauchsskandalen will sich die katholische Kirche gegen Vorwürfe absichern. Doch dass das Erzbistum München die Rechner seiner Pfarrer überwacht, ist falsch. Diese Bespitzelung sorgt für ein Klima des Misstrauens und lässt tief in die Abgründe der kirchlichen Sexualmoral blicken.

Ein Kommentar von Rudolf Neumaier

Priester werden kontrolliert, die Kirche überprüft ihre Internet-Verbindungen. Na und? Das klingt vernünftig, erst mal denkt jeder an den Missbrauchsskandal. Die Kirche will sich absichern gegen den Vorwurf, Pädophilen Schutz zu gewähren. Soll sie doch.

Soll sie wirklich? Es sollte ihr nicht um den eigenen Schutz gehen, sondern um wirkliche Prävention. Und da ist es mit Computer-Screenings nicht getan: Welcher Kriminelle ist schon so dumm, Bilder mit nackten Kindern auf den Dienstcomputer zu laden?

Viele Priester des Erzbistums laden die Internetauftritte ihrer Pfarreien nicht auf Kirchenserver. Sie wollen ausschließen, dass graue Eminenzen mitlesen könnten, wenn sie Mails schreiben und durchs Netz surfen. Sie wissen: Der Besuch auf einer falschen Seite kann eine peinliche Befragung zur Folge haben.

Dass sich Priester gegängelt fühlen, dass sie über Misstrauen im Ordinariat klagen und von Angst sprechen, dass sie sich unter Generalverdacht gestellt sehen, das nimmt Erzbischof Reinhard Marx offenbar in Kauf. Er kann nicht im Priesterrat eine offene Atmosphäre einfordern und gleichzeitig Briefe verschicken lassen, nach deren Lektüre sich die Adressaten gedemütigt fühlen. Der Hinweis seiner Pressestelle, das Vorgehen sei auch in manchen Unternehmen üblich, ist bezeichnend für die Haltung des Ordinariats: Wenn sich die Kirche mit Firmen vergleicht, ist es immer heikel.

Außerdem lässt dies alles tief in die Abgründe der kirchlichen Sexualmoral blicken. Ein Kirchenmusiker musste vor vier Jahren noch gehen, weil er Pornos auf dem Dienstrechner gespeichert hatte. Bei Seelsorgern, die auf Pornoseiten surfen, ist das Ordinariat barmherziger. Falls sie einmal aufbegehren sollten, hat man etwas gegen sie in der Hand, darauf scheint es den erzbischöflichen Personalmanagern anzukommen. So bleibt alles unter Kontrolle.

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