Jahresempfang des Erzbistums München und Freising:Mit Heiligem Geist

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„Let’s make Satire great again“, sagte Kardinal Reinhard zum SZ-Fotografen, als sich die Kabarettisten Wolfgang Krebs (links) und Bruno Jonas an seine Seite gesellten. (Foto: Florian Peljak)

Zwischen Fußball-Seligkeit und demokratischer Christenpflicht: Nach dem Gaumenkitzler und vor der Nachspeise gibt’s für die 600 Gäste beim Jahresempfang des Erzbistums München und Freising ordentlich was zu kauen. In Rosamunde-Pilcher-Kulisse.

Von Andrea Schlaier

Als Amuse Gueule kredenzt der Kardinal ein Bekenntnis: „Seit 34 Jahren bin ich Mitglied beim Ballspielverein Borussia Dortmund.“ Die eigene BVB-Seligkeit geht bei Reinhard Marx an diesem Dienstagabend dann aber augenscheinlich doch nicht so weit, dass er dafür die kirchliche Kleiderordnung sausen ließe: Über der schwarzen Soutane trägt der Erzbischof von München und Freising den breiten Stoffgürtel nicht etwa in Borussen-Gelb. Das sogenannte Zingulum ist in ehrwürdigem Rot gehalten und symbolisiert, unter anderem, den Heiligen Geist. Mit dem lässt sich beim Jahresempfang des Erzbistums dann auch ganz ordentlich arbeiten.

Es wird ein wenig dauern, bis sich die Redner des Abends an den in diesen Tagen wohl unumgänglichen Fußballvergleichen abgearbeitet haben im Kardinal-Wendel-Haus, dessen Glastüren weit aufgestoßen sind auf den „maulwurfhügelfreien Akademierasen“ und die vielleicht schönste Sommerempfangs-Location der Stadt: das Rosamunde-Pilcher-hafte Schwabinger Schloss Suresnes. „Mit 600 Gästen sind wir heute fast wieder ausverkauft“, gibt Generalvikar Christoph Klingan den Stadionsprecher. Die VIP-Lounge, durchsetzt mit Ordensleuten und Religionsvertretern, bildet das gesamte gesellschaftliche Leben des Freistaats ab: vom künftigen Oberhaupt des Hauses Wittelsbach, Ludwig von Bayern, über Hochschulpräsidenten und Wirtschaftsvertreterinnen bis hin zum Kabarettisten Wolfgang Krebs, der in Spiellaune vermutlich in der Lage wäre, selbst den Bundestrainer zu geben.

Rosamunde-Pilcher-Ambiente: Der Park von Schloss Suresnes gehört zu den schönsten Feier-Locations der Stadt. (Foto: Florian Peljak)

Wie jedes Kind weiß, muss vor der Nachspeise aber erst einmal der Hauptgang verdaut werden, in diesem Jahr keine leichte Kost: Sämtliche Redner appellieren an das politische Wesen im Christenmenschen, der sich gerade in krisenhafter Zeit einmischen müsse für die Werte der Demokratie. Armin Schalk, Vorsitzender des Diözesanrates und damit des höchsten Laiengremiums im Erzbistum, spricht von der Notwendigkeit, das sittliche Bewusstsein, an dem sich gleichermaßen Gesetzgebung und christliche Ethik ausrichteten, in die Gesellschaft einzubringen. Als Handreichung für den Alltag in den Pfarrgemeinden hat der Diözesanrat unlängst eine Demokratiefibel als Argumentationshilfe gegen rechte Parolen aufgelegt.

Florian Herrmann (CSU), Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, spricht in Vertretung des Ministerpräsidenten von Religion und Kirche als „riesigem Potenzial für unsere Gesellschaft“. Mit einer Grundorientierung an Menschenwürde und Barmherzigkeit komme man auch in der praktischen Politik ziemlich weit. Die zunehmende „radikale und teilweise blinde Säkularisierung unseres Staates ist in erster Linie eine Gefahr für die Demokratie, nicht so sehr für die Kirchen“. Wenn Christen sich nicht zu Wort meldeten und einmischten, würden Lücken entstehen und damit die Gefahr, „dass Schwurbler und Verschwörungstheoretiker an den extremen politischen Rändern und alle anderen, die den eigenen Vogel für den Heiligen Geist halten, diese Lücken auffüllen, was wir nicht wollen“.

Der Kardinal selbst appelliert schließlich an den Mut „zu einem neuen kreativen Miteinander von Kirche und Gesellschaft“, um den Krisen der Welt zu begegnen. Das kirchliche Engagement unter anderem in Jugendarbeit und Caritas sieht er dabei als einen Baustein und leitet sogleich über in die viel diskutierte Debatte um die Staatsleistungen, die die Kirche erhält: 72 Millionen Euro zahle allein der Freistaat im Jahr an die katholische Kirche. Einer Ablösung, so Marx, verweigere er sich nicht. Gleichzeitig müsse aber auch anerkannt werden, dass diese Leistungen „in Projekte für alle Menschen gehen“ und zusätzlich auch durch die Kirchensteuer mitfinanziert werden.

„Conny und die Sonntagsfahrer“ servieren Wirtschaftswunder-Sound beim Jahresempfang. (Foto: Florian Peljak)

Bei Bio-Fleischpflanzerl auf Tomatensalsa, gegrillter Zitronenpute und Topfenmousse mit Kirschragout hat man dann an den Tischen unter den weißen Pavillons im Suresnes-Park noch zu kauen an all den Thesen. Da fangen die Ersten aber schon wieder an zu wippen, zum 50er-Jahre-Sound von Conny und die Sonntagsfahrer, die unter der großen Eiche fröhlich Wirtschaftswunder-Zuversicht zu verbreiten suchen. Mittendrin Generalvikar Klingan. Der hatte zur Begrüßung die Losung des Empfangs ausgegeben – frei nach Manuel Neuer: „Wir haben ein gutes Gefühl heute Abend und wollen das Momentum genießen.“

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