Erstmals spricht der Böhringer-Neffe:"Wie eine Gehirnwäsche"

Neue Wende im spektakulären Mordfall Böhringer: Erstmals spricht der Angeklagte - und die Ermittler geraten unter Beschuss.

Alexander Krug

Im Prozess um den Mord an der Parkhaus-Millionärin Charlotte Böhringer geraten jetzt die Ermittler unter schweren Beschuss. Die Verteidiger warfen ihnen am Donnerstag "verbotene Vernehmungsmethoden" und "Täuschungshandlungen" vor, die ihren Mandanten massiv in seinen Rechten verletzt hätten.

Auch der Angeklagte selbst meldete sich erstmals indirekt zu Wort. In einem Brief bezeichnete er die Vernehmung bei der Mordkommission als "Suggestivgehirnwäsche", die ihn an den Rand der Verzweiflung getrieben habe. Der Staatsanwalt wies die Vorwürfe zurück.

Der wegen Mordes angeklagte Benedikt T., 32, hat sich in einem Brief an seine Anwälte massiv über die Methoden der Mordermittler beschwert. Böhringer war am 15. Mai vorigen Jahres in ihrer Wohnung erschlagen worden. Nur drei Tage später wurde ihr Neffe Benedikt T. festgenommen.

Die Ermittler hätten ihn an jenem Tag fast elf Stunden ins Kreuzverhör genommen, obwohl er die Tage zuvor "nur eine Stunde" geschlafen und nur einen "Bissen Lasagne" zu sich genommen habe. Ein Beamter habe ihn "ständig angeschrieen" und sich "vor mir aufgebaut". Seine Bitte, einen Anwalt hinzuzuziehen, sei "ignoriert" worden.

"Ich hatte den Eindruck, dem Leibhaftigen persönlich gegenüber zu sitzen", beklagt sich Benedikt T. Am Ende des Verhörs sei er soweit gewesen, "alles zu unterschreiben", nur um seine Ruhe zu haben. Die Ermittler hätten ihn abgefertigt und gesagt, er sei hier "nicht beim Kaffeekränzchen , sondern bei der Mordkommission".

Wie ein "willfähriges Schaf"

Unterschrieben hat Benedikt T. das 58-seitige Protokoll indes nicht. Seine Anwälte Stefan Mittelbach und Peter Witting fordern daher, das Protokoll nicht als Beweismittel zuzulassen. Sie führen dafür auch noch ins Feld, dass Benedikt T. damals "im Interesse eines vermeintlichen Ermittlungserfolges" nicht ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt worden sei. Die Ermittler hätten ihn stundenlang als Zeuge vernommen, obwohl er längst als "konkreter Tatverdächtiger" galt.

Staatsanwalt Martin Kronester wies diese Vorhaltungen zurück mit dem Bemerk, dass er selbst an jenem Nachmittag mit Benedikt T. im Polizeipräsidium gesprochen habe. Dabei sei ihm von Benedikt T. bedeutet worden, dass "alles okay" sei. Es stellt sich auch die Frage, warum der Angeklagte damals nicht einfach jede Antwort verweigerte? Fühlte er sich so sicher, weil er unschuldig ist? Oder glaubte er sich als Jurastudent den Ermittlern überlegen?

Der Angeklagte erklärt dazu in seinem Brief selbstkritisch, er habe sich "zunehmend eingeschüchtert" gefühlt und sich am Ende wie ein "willfähriges Schaf" verhalten. Fest steht auch, dass der Angeklagte sehr wohl Kontakt zu Anwälten hatte und zwar gleich zu zweien. Einer riet ihm klar und deutlich, nichts mehr zu sagen. Benedikt T. redete trotzdem.

Das Gericht hat noch nicht darüber entschieden, ob das Vernehmungsprotokoll als Beweismittel zugelassen wird. Verlesen wurde es gestern trotzdem. Im Kern geht es dabei um den Tag des Mordes. Benedikt T. will an diesem Tag seine Wohnung wegen einer Erkältung nicht verlassen haben. Er bestreitet in der Vernehmung auch einen massiven Streit mit seiner Tante. Eine etwaige Enterbung sei demzufolge nie ein ernsthaftes Gesprächsthema gewesen.

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