Eröffnung des Frühlingsfest:"Stimmt es, dass es hier Freibier gibt?"

Eröffnung des Frühlingsfest: Warten vor dem Anstich: Um 16 Uhr öffneten die Zelte auf dem Frühlingsfest.

Warten vor dem Anstich: Um 16 Uhr öffneten die Zelte auf dem Frühlingsfest.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das Frühlingsfest gilt als die kleine Schwester der Wiesn, auch hier laufen Menschen in Pseudotracht herum. Doch einiges ist trotzdem anders, finden die Besucher.

Von Anna Hoben

Die zwei Mädchen in der U-Bahn tragen Chucks-Turnschuhe zum Dirndl und Filztäschchen in Herzform. Sie beschließen, sich gleich am Zelt anzustellen und später auf jeden Fall Geisterbahn zu fahren. Auf der Theresienwiese ist es um 14 Uhr noch ruhig. Eine russische Familie schießt Erinnerungsfotos vor dem Hippodrom, ein paar Lederhosenburschen spähen erwartungsvoll durchs Fenster, Kinder stehen ungeduldig an einem Fahrgerät.

Man hört österreichische und amerikanische Gesprächsfetzen, da kommt eine Gruppe Brasilianer auf einen zugestürmt: "Stimmt es, dass es hier Freibier gibt?" Wirklich? Die Gruppe führt einen Freudentanz auf. Dann haben Maíra Pilon Posses, ihr Mann Danilo und ihre beiden Freunde, zwischen 29 und 34 Jahre alt, noch mehr Fragen: Ist ein Feiertag in München? Sie waren gerade in der Stadt, dort seien die Leute nur am Biertrinken. Warum sind hier so viele Teenager auf einem Bierfest? Und stimmt es, dass das Oktoberfest noch viel größer ist? Sie müssen weiter, das Freibier suchen, bevor sie am frühen Abend auf ihrer Europatour in die Schweiz fahren.

Das Frühlingsfest gilt als die kleine Schwester vom Oktoberfest. "Aber es ist eher die kleine, hässliche Stiefschwester", sagt Christa Puschke. Die 51-Jährige ist gerade ein bisschen vergrätzt, kein Wunder, sie hat kein Freibier abbekommen. Es ist aber auch verwirrend. Nicht nur, dass es das Freibier zur Eröffnung anderthalb Stunden vor dem offiziellen Anstich gibt; es wird außerdem oberhalb der Theresienwiese ausgeschenkt, zwischen Verkehrsmuseum und Kongresshalle.

Puschkes Begleiter Jörg Schneider hat noch ein Hacker im Augustinerkrug bekommen, ehe die Zapfhähne versiegten. "Mach das doch nicht so schlecht", sagt er zu ihr, "das Frühlingsfest ist kleiner, aber nicht unbedingt schlechter". Er, seit 13 Jahren in München, ist noch nie auf dem Oktoberfest gewesen. "Zu groß, zu laut, zu hektisch." Sie hingegen, Zuagroaste aus Norddeutschland, hat 1993 ihre erste Wiesn erlebt: "Ich dachte, es würde furchtbar werden, und dann war es wundervoll." Auf dem Frühlingsfest war sie erst einmal, "mit Touristen, um ihnen den Unterschied zum Oktoberfest zu erklären".

"Der Ort und das Bier und die Leute, die komische Pseudotrachten tragen, das ist gleich", sagt Puschke. Der eigentliche Unterschied ist nicht sichtbar, nur spürbar. "Dieses ungeduldige Summen, bevor es losgeht", das sei beim Oktoberfest eine ganz andere Nummer. Sie schaut sich um: "Die Leute sind nicht so rausgeputzt." Ein gutes Haar lässt sie dann aber doch am Frühlingsfest. Auf dem Weg hat ihr ein Trachtler einen Schluck von seinem Bier gegeben. "Da würde ich beim Oktoberfest sofort an K.o.-Tropfen denken."

Dann setzt sich die Prozession in Bewegung zur Theresienwiese. Blasmusik, Trachten und Brauereipferde. Und um 16 Uhr heißt es: Ozapft is.

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