Erlebniswelt des FC Bayern:Titel, Tränen, Temperamente

Erfolg und Ruhm auf 3000 Quadratmeter, und dann noch "Lahms Finaltrikot": Die neue Erlebniswelt des FC Bayern zeigt die Entstehung eines Mythos. Die Schau erinnert an viele glorreiche Momente in der Vereinsgeschichte - und an eine eben kassierte Niederlage.

Philipp Crone

Uli Hoeneß kneift die Lippen zusammen und starrt eine schwarze Wand an. Der Präsident des FC Bayern steht am Donnerstagvormittag auf einer Bühne in der noch nach Farbe riechenden neuen Erlebniswelt des Vereins in der Allianz Arena. Der 60-Jährige ist umgeben von glitzernden Pokalen und Meisterschalen, aus Lautsprechern klingt Torjubel und Siegesgebrüll, doch Hoeneß wirkt nicht fröhlich, fünf Tage nach dem Finale der Champions-League, ganz im Gegenteil.

Man habe den "kleinen I-Punkt verpasst", sagt Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstand, bei der Pressekonferenz vor der Eröffnung der Erlebniswelt an diesem Freitag. Was wäre das für ein Triumph geworden? Erfolg und Ruhm sind hier auf 3000 Quadratmetern zu sehen, und das hätte man ergänzt mit einem ganz frischen Pokal, neuesten Bildern und Devotionalien. So hängt nun in der Champions-League-Ecke ein rotes Shirt, daneben steht "Lahms Finaltrikot", die Ecke ist dunkel.

Hoeneß spricht auf der Bühne tonlos und beiläufig von "einem Meilenstein", dabei ist diese Erlebniswelt wirklich eine gelungene Essenz aus 112 Jahren FC Bayern. Lehrreich, lustig, mit allen wichtigen Erfolgen und Niederlagen. In Europa hat nur der FC Barcelona eine vergleichbar große Ruhmeshalle. Die von Dortmund? Bloß 900 Quadratmeter. Doch wer durch die Gänge läuft, sieht und hört an vielen Stellen Dinge, die so kurz nach der Niederlage gegen den FC Chelsea hart klingen müssen für einen Bayernanhänger, und für den größten Fan und Bayern-Boss Hoeneß besonders.

Am Eingang führt der Weg durch einen schmalen Tunnel, an dessen Wänden die Jahreszahlen auf Bildschirmen zu sehen sind, dazu die entsprechenden Bilder. Der Tunnel beginnt mit 2012 und einem strahlenden Arjen Robben, aus irgendeinem Bundesligaspiel. Einen Meter weiter reckt Stefan Effenberg den Champions-League-Pokal von 2001 in die Höhe, dann geht es in der Zeit zurück. Im Jahr 1900 beginnt nach dem Tunnel die Welt des FC Bayern, mit einem vergilbten Zettel in einer Vitrine, der Gründungsurkunde vom 27. Februar 1900.

Ein Mythos entsteht hier, im Schritttempo. Die Bayern zum ersten Mal Deutscher Meister 1932, ein Modell des ersten Stadions an der Leopoldstraße, eine Vitrine zeigt Lebensmittel, wie sie die Spieler nach dem Krieg bei Freundschaftsspielen bekommen haben. Die in einer langen Reihe aufgestellten Meisterschalen- und DFB-Pokal-Replikate sind beeindruckend, das nachgebaute Präsidiumszimmer ist es nicht. All das schaut sich ein Fan sicher gerne an, nur nicht in diesen Tagen. Der Verein rechnet mit jährlich 500 000 Besuchern.

424 Exponate sind zu sehen, etwa der Taktikzettel von Ottmar Hitzfeld beim Endspiel der Champions-League gegen Valencia 2001, die Tonne, die Jürgen Klinsmann einmal eingetreten hat, und die Handschuhe, die Manuel Neuer zuletzt beim Elfmeterschießen getragen hat - im Halbfinale. Weiter hinten unterhält sich Sepp Maier von Videowand zu Videowand mit Oliver Kahn. Der sagt, zu "Seppis" Zeiten hätte man ja bei einer Ecke einmal ums Tor laufen können und hätte den Ball danach immer noch gefangen. Auf Touchscreens sind feine kleine Filme über den Bau des Stadions oder den Rasen der Arena zu sehen. Dazu laufen auf 110 Monitoren und 11 Beamern die besten Spielszenen aus 112 Jahren, auf den Männerklos gibt es Wickeltische. Ganz schön modern hier.

Udo Lattek spricht gerade aus der Trainerecke: "Beim FC Bayern gibt es nur eins: Titel holen", und von gegenüber hallt ein Schrei: "Die Bayern sind Champions-League-Sieger!" Hoeneß starrt aber nur weiter auf der Bühne vor sich hin. Ein Journalist fragt, wie er die Erlebniswelt mit weiteren Pokalen füllen will.

Es sei kein Tag für Grundsatzdiskussionen, ist die grimmige Antwort, kurz nach einem so "dramatischen Saisonabschluss". Auch fünf Tage nach dem Spiel wirkt Hoeneß, als begreife er diese Niederlage noch nicht. Er geht dann, zügig, vorbei an dem Teil der Ausstellung mit der aktuellen Mannschaft. Da stehen alle Spieler als lebensgroße Pappfiguren. Sie sind unten an Leisten befestigt, so, dass man sie schnell herausnehmen kann.

Erlebniswelt des FC Bayern, täglich geöffnet von 10 bis 18 Uhr, Eintritt 12 Euro, Kinder 6 Euro.

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