Wohnen in München:Erhaltungssatzung gilt nun auch für unbebaute Flächen

Karwendelstr. 4,6,8,10, Giesing

In Sendling an der Karwendelstraße kaufte die Stadt Wohnungen.

(Foto: Florian Peljak)

Der Stadtrat will noch stärker gegen steigende Mieten vorgehen. Auch Käufer unbebauter Flächen sollen sozial in die Pflicht genommen werden.

Von Heiner Effern

Die Stadt hat ihr schärfstes Instrument gegen stark steigende Mieten in der Innenstadt nochmals schlagkräftiger gemacht. Die sogenannte Erhaltungssatzung, die den neuen Eigentümer eines Gebäudes oder Grundstücks in den geschützten Gebieten sozial in die Pflicht nimmt, wird ausgeweitet. Künftig sollen auch unbebaute Grundstücke und solche, bei denen man zum bestehenden Gebäude noch weitere Wohnungen errichten kann, unter die Satzung fallen.

Zwei Einschränkungen hat der Stadtrat allerdings festgelegt: Gelten soll die Verschärfung erst bei Grundstücken ab einer Fläche von 600 Quadratmetern. Und von den zusätzlichen Wohnungen fallen nur 30 Prozent unter die Satzung. "Das ist ein weiterer wichtiger Mosaikstein, um Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen in unserer Stadt zu halten", erklärte der erkrankt fehlende Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) schriftlich. Nun sei der Bund in der Pflicht. Ohne eine Reform des Bodenrechts sei die "dramatische Aufwärtsspirale" der Preise in München nicht zu stoppen.

In 30 Prozent neuer Wohnungen in Satzungsgebieten gelten von nun an auch die scharfen Regeln, die der Stadtrat im Sommer 2018 beschlossen hat. Unter anderem ist die Miethöhe gedeckelt, neue Mieter dürfen festgelegte Einkommensgrenzen nicht überschreiten und Kündigungen für Eigenbedarf sind schwieriger. Dazu gibt es ein Abbruchverbot. Unterschreibt ein Investor diese Gebote nicht, muss die Stadt ihr Vorkaufsrecht ausüben. Während das vor der Verschärfung kaum der Fall war, musste die Stadt 2018 für 200 Millionen Euro Wohnungen kaufen. Die weitere Verschärfung führte deshalb zu einer Grundsatzdiskussion über die Satzung.

CSU, Bayernpartei und FDP gehen die strikten Regeln zu weit. Diese bewirkten "eine gigantische Steuergeldverschleuderung", sagte FDP-Fraktionschef Michael Mattar. Wie mit einer "Konfettikanone" verschieße die Stadt ihr Geld, ohne dafür eine zusätzliche Wohnung zu erhalten und ohne zu wissen, welche Mieter sie damit schütze. Die CSU versuchte sogar, den Beschluss von 2018 und die neue Verschärfung auf einmal zu kippen, scheiterte jedoch knapp. Die Satzung vertreibe Investoren, die neu bauen wollten, und schließe mit den strikten Einkommensgrenzen bei Neuvermietungen gerade Berufsgruppen wie Müllwerker und Krankenschwestern aus, die alle gerne in der Stadt halten wollten, sagte CSU-Fraktionsvize Hans Podiuk. Die Bayernpartei sieht die Grünen und die Linken mit ihren noch schärferen Forderungen in Richtung Kommunismus marschieren. Die Erhaltungssatzung greife viel zu stark in die Rechte neuer Eigentümer ein, sagte Stadtrat Andre Wächter. Das komme den Enteignungsforderungen der Linken und der Grünen in Berlin nahe.

Die Grünen in München hätten die Satzung tatsächlich noch schärfer formuliert. "Das geht uns nicht weit genug", sagte Stadträtin Anna Hanusch. Sie hätte gerne alle zusätzlichen Wohnungen in die Satzung genommen, und nicht nur 30 Prozent. Dazu hätte sie erst Grundstücke ab einer Größe von 300 Quadratmetern ausgeschlossen. Die SPD geht davon aus, dass die neue strenge Satzung mittelfristig dazu führen wird, dass die Preise für Immobilien fallen. In einem Satzungsgebiet würden für ein sanierungsbedürftiges Haus dann nicht mehr 12 000 Euro pro Quadratmeter verlangt, sondern 8000, sagte Fraktionschef Alexander Reissl. "Das sind immer noch schöne Vermögen." Einer Enteignung komme das nicht mal nahe.

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