Süddeutsche Zeitung

Zwei Parteiaustritte :Alte Kameraden

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Der Rechtsruck der AfD auf lokaler Ebene geht weiter: Die langjährigen Rep-Kreisräte Martin Huber und Peter Attenhauser wechseln in den Erdinger Kreisverband, der von einem Ex-Republikaner geführt wird

Von Florian Tempel, Erding

"Die AfD, die haben keine Eier in der Hose, meine Freunde, die werden genauso wieder verschwinden. Nur die kleinen Republikaner haben überlebt - und sie werden uns nicht wegbringen." Es ist schon eine Weile her, dass Martin Huber das gesagt hat. Den Niedergang der AfD prophezeite er im Februar 2015, in seiner Rede beim politischen Aschermittwoch der Republikaner in Wambach. Bei seinem jüngsten Auftritt im Gasthaus Kronseder, am 14. Februar, schimpfte er wieder wie eh und je auf Muslime, Migranten und die Medien. Doch gegen die AfD sagte der 58-Jährige, der zu diesem Zeitpunkt noch Rep-Bezirksvorsitzender in Oberbayern und stellvertretender bayerischer Landesvorsitzender war, kein böses Wort. Das hatte allerdings auch seinen Grund: Die seiner Ansicht einst eierlose AfD ist Huber im Laufe von drei Jahren so sympathisch geworden, dass er ihr beigetreten ist.

Bei den rechtsradikalen Republikanern hatte sich Huber 1989 eingeschrieben. Seit 1990 ist er Gemeinderat in Taufkirchen und ebenso lange Mitglied des Kreistags. Als Bürgermeisterkandidat schaffte er es 1996 in die Stichwahl gegen Franz Hofstetter (CSU), als Landtagskandidat erhielt er 1998 in seiner Heimatgemeinde 26 Prozent der Stimmen. Zuletzt waren seine Wahlergebnisse bei weitem nicht mehr so stark. Auch der Zulauf zu den Aschermittwoch-Veranstaltungen, dem politischen Höhepunkt im Republikaner-Jahr, hat nach gelassen.

Da Huber zusammen mit dem Taufkirchener Gemeinde- und Kreisrat Peter Attenhauser - der so gut wie nie etwas sagt - zur AfD gewechselt ist, hat die Rechts-Partei im Landkreis Erding nun gleich vier kommunale Mandate. Das ist wohl mehr als irgendwo sonst in Bayern. Bei den Kommunalwahlen 2014 trat die AfD, deren Parteichef damals noch Bernd Lucke hieß, nur in wenigen Städten und Kreisen an. Zum Beispiel in München, wo sie zwei Sitze im Stadtrat gewann. Doch schon nach dem ersten Rechtsruck der AfD 2015, als Frauke Petry übernahm, traten die beiden Münchner AfD-Stadträte aus der Partei aus. Im Landkreis Ebersberg ist noch einer von zwei 2014 gewählten AfD-Mitgliedern im Kreistag. In Vaterstetten, Forchheim und Augsburg gibt es weitere AfD-Räte, in Passau sitzt ein ehemaliger Republikaner für die AfD im Stadtrat. Das war's dann aber auch schon so ziemlich.

Die Meldung von Hubers Übertritt zur AfD kam kurioser Weise von Franz Bergmüller, der bis vor kurzem oberbayerischer Bezirksvorsitzender der AfD war, unlängst aber aus der AfD rausgeschmissen wurde - weil er nie regulär Parteimitglied der AfD gewesen sei. Bergmüller, der bayerischer Spitzenkandidat der AfD bei der Landtagswahl werden wollte, will gegen seinen Rauswurf gerichtlich vorgehen und sich gewissermaßen wieder einklagen. Seiner Darstellung nach wollten ihn nur gewisse missgünstige, interne Widersacher loswerden, weil er dem bürgerlichen Lager der Partei angehöre.

Doch Bergmüller ist nicht das Thema, sondern Huber. Der Ex-Republikaner, sagt Bergmüller, sei ein Gewinn für die AfD. Er sei nicht nur ein erfahrener und bekannter Kommunalpolitiker, sondern kenne sich auch mit Parteiarbeit aus. Die Reps und die AfD sieht Bergmüller eh auf einer Wellenlänge: "Man muss einfach mal die Parteiprogramme nebeneinander legen, da sind viele Parallelen da." Und bei den Themen, die den Anhängern beider Parteien besonders wichtig seien, "bei der Flüchtlingspolitik, der Rechtspolitik und der Islampolitik", sei man im Wesentlichen der gleichen Meinung - sagt Bergmüller, der sich, wie gesagt, als Vertreter des bürgerlichen AfD-Lagers sieht. Das wirft ein erhellendes Licht darauf, wer innerhalb der AfD als rechts angesehen wird, ehemalige Reps jedenfalls nicht.

Mit dem Eintritt in die AfD ist Martin Huber nun auch wieder mit einem früheren Parteifreund zusammen gekommen. Der Erdinger Kreisvorsitzende der AfD, Wolfgang Kellermann, war früher auch bei den Republikanern. Er sei einst "die rechte Hand von Martin Huber" gewesen, betonte er erst vor wenigen Wochen, noch bevor er zum AfD-Kreisvorsitzenden gewählt wurde. In der Pressemitteilung zu Hubers Parteiwechsel hieß es weniger genau, Kellermann und Huber hätten "schon zu früheren Zeiten hervorragend zusammengearbeitet".

Ein anderer langjähriger Freund, Günter Peschke, freut sich hingegen gar nicht. Peschke ist der Kreisvorsitzende der Republikaner, die im Landkreis noch "circa vierzig Mitglieder" hätten. Peschke sagt, Huber habe ihnen "den Todesstoß" verpasst. Weil die Reps nicht mehr im Kreistag sind - sondern nun eben die AfD -, bräuchte man für die nächste Kommunalwahl mehrere hundert Unterstützer-Unterschriften. Das werde wohl nichts, denkt auch Peschke.

Auf Kellermann ist er auch nicht gut zu sprechen. Kellermann habe die Republikaner vor seinem Eintritt in die AfD ja gar nicht selbst verlassen, sondern er sei "gegangen worden" - weil er jahrelang und renitent seine Parteimitgliedsbeiträge nicht bezahlt habe. Kellermann sagt, Peschke "soll reden, was er will", er sei "doch bloß stinkig, weil die zwei anderen zu uns gewechselt sind".

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SZ vom 10.03.2018
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