Süddeutsche Zeitung

Zeitarbeit:Leiharbeiter bleiben kleben

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Leergefegter Bewerbermarkt: Zeitarbeitsvermittler in Freising und Erding suchen derzeit verzweifelt nach Mitarbeitern, weil viele Leiharbeiter übernommen werden.

Sabina Dannoura

Die Leiharbeitsbranche hat ein schlechtes Image. Nicht nur eine vermeintlich schlechte Bezahlung wird den Personaldienstleitern angekreidet, eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Betriebsforschung (IAB) stellt fest, dass lediglich sieben Prozent der Leiharbeiter den Wechsel in die Stammbelegschaft einer Firma schaffen.

Die Zeitarbeitsvermittler in den Landkreisen Erding und Freising machen andere Erfahrungen. "Gute Leute lässt der Kunde nicht gehen", sagen Thomas Lehnicke von der Freisinger Niederlassung der DIS und Michael Köhler von der Conceptas-Geschäftsstelle in Erding.

In den Landkreisen Freising und Erding hat die Zeitarbeitsbranche, so die Statistik der örtlichen Arbeitsagentur vom 30. September vergangenen Jahres, vergleichsweise einen geringen Stellenwert: Von 103.191 sozialversicherungspflichtig Beschäftigen sind 1014 Leiharbeiter, das entspricht einem Anteil von einem Prozent. In Bayern liegt der Wert bei 1,8 und im Bund bei 2,1 Prozent.

Dass die Flughafenregion mit ausgezeichneten Wirtschaftsdaten und einer Arbeitslosenquote unter drei Prozent glänzt, macht sich bei den Zeitarbeitsfirmen bemerkbar: "Wir haben hier einen schwierigen Bewerbermarkt, denn es herrscht Fachkräftemangel", schildert Thomas Lehnicke.

Für die Personalvermittler von DIS ein besonderes Problem, weil die Niederlassung Freising fast nur mit qualifizierten Kräften im kaufmännischen Bereich arbeitet. Doch auch sein Erdinger Kollege, der mehr im gewerblichen Bereich tätig ist, sucht derzeit verzweifelt nach Mitarbeitern: "Der Bewerbermarkt ist leer gefegt. Es ist schon schwierig, Produktionshelfer für den Erdinger Weißbräu zu finden", berichtet Michael Köhler.

Die Conceptas-Filiale hat momentan 80 Mitarbeiter im Einsatz - und 50 Kundenanfragen von Betrieben im Raum Erding und Landshut: Jobs für Elektriker, Mechaniker, Schlosser, Industriemechaniker und Mechatroniker. Bei der Arbeitsagentur liegen momentan 378 Angebote von Zeitarbeitsfirmen vor - mehr als doppelt soviel wie vor einem Jahr. "Der Aufschwung ist stark spürbar", bestätigt Köhler. Er geht deshalb ebenso wie Lehnicke davon aus, dass der "Klebeeffekt" wieder stärker wird.

Über Daten, im welchem Umfang Zeitarbeiter von den ausgeliehenen Betrieben übernommen werden, verfügt die Arbeitsagentur Freising nicht. Genaue Angaben können auch die Personalvermittler nicht machen. "Jetzt, da die Wirtschaftsdaten wieder extrem positiv sind, wird sich der Klebeeffekt wieder erhöhen wie in den Zeiten vor der Krise", ist Lehnicke überzeugt.

"Genügend schwarze Schafe"

Seine Kunden würden die überwiegend mit Leitungs- oder Führungsaufgaben betrauten Leiharbeiter ohnehin übernehmen, wenn es die Situation der Firma erlaube: "Die Mitarbeiter sitzen häufig zwei oder drei Jahre auf der Position und danach ist ihre Übernahme fast Gesetz", schildert er. Köhler hat die Erfahrung gemacht, dass die Leiharbeit für die Beschäftigten die Chance erhöhen, bei einer Firma auf Dauer den Fuß in die Tür zu kriegen. "Wenn sich ein Mitarbeiter engagiert, dann lässt ihn der Kunde nicht gern wieder gehen", versichert er.

Die Forscher der IAB-Studie haben sich für einen Mindestlohn der Zeitarbeitsbranche ausgesprochen. Michael Köhler würde diese gesetzliche Regelung begrüßen: Es gebe "genügend schwarze Schafe" im Leiharbeitersektor, die das Instrument der befristeten Beschäftigung ausnützten, sagt er. "Wir müssen dann mit solchen Firmen konkurrieren, die Dumpinglöhne zahlen", doch die Conceptas mache da nicht mit.

Köhler ist es außerdem ein Anliegen, wie er sagt, jeden Mitarbeiter mit Respekt zu behandeln - egal ob dieser Ingenieur oder ein Hilfsarbeiter sei.

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Quelle:
SZ vom 3.7.2010
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