Zeichen setzen:Zum richtigen Zeitpunkt

Zeichen setzen: Die "Tage der Toleranz" finden in diesem Jahr wie bereits 2008 wieder auf dem Schrannenplatz mitten in Erding statt.

Die "Tage der Toleranz" finden in diesem Jahr wie bereits 2008 wieder auf dem Schrannenplatz mitten in Erding statt.

(Foto: Peter Bauersachs)

Die Kommunalpolitiker sind sich einig: Die "Tage der Toleranz" am kommenden Wochenende sollen ein Zeichen setzen gegen den Nazi-Überfall in Ebersberg und die rechten Schmierereien in Erding

Von Sebastian Fischer, Erding

Um sein Anliegen zu verdeutlichen, spricht Nepomuk Hauser von Kartoffelsalat. Der sei zwar typisch bayerisch. "Doch Kartoffeln kommen aus Südamerika", sagt er. Ein banales Beispiel für ein komplexes Thema: Hauser vom Kreisjugendwerk der AWO Erding will für Toleranz gegenüber dem Fremden werben, am kommenden Wochenende auf den "Tagen der Toleranz". Dass er das ausgerechnet jetzt macht, am Freitag und Samstag auf dem Schrannenplatz, war von der AWO als Träger natürlich lange geplant. Aber die Erdinger Politiker sind sich einig: Es ist gerade jetzt besonders wichtig.

"Aufgrund der momentanen Ereignisse ist es bedeutender denn je, auf Toleranz hinzuweisen", sagt Hubert Sandtner, der für die CSU als Jugendreferent im Erdinger Stadtrat sitzt. Denn auch er hat ja davon gelesen, dass bislang unbekannte Täter in der Nacht zum Montag die Fassade des Islamischen Zentrums mit islamfeindlichen Parolen beschmiert haben und auf einen Wohncontainer von Flüchtlingen den Satz "Es ist mir bunt genug jetzt" sprühten. Und dass sich in Ebersberg eine rechtsextreme Szene organisiert, die am Freitagabend einen Dönerladen am Ebersberger Bahnhof überfiel. Sandtner sagt: "Es ist gut, wenn am Samstag in den Diskussionen darauf eingegangen wird."

Seine Stadtratskollegin Helga Stieglmeier, Vorstandssprecherin der Grünen im Kreisverband Erding, findet es "erschreckend und bedenklich", dass sich immer mehr Menschen mit rechter Gesinnung trauen würden, Parolen gegen Flüchtlinge zu verbreiten. "Wir dürfen denen die Bühne nicht überlassen", sagt Stieglmeier: "Die müssen wissen, dass sie eine Minderheit sind." Die Schmierereien oder auch das Verteilen von Flugblättern mit ähnlichem Text, die vor ein paar Tagen in der Stadt auftauchten "sollte man nicht überbewerten, aber ernst nehmen", sagt Horst Schmidt, SPD-Fraktionsvorsitzender in Erding. Auch er findet: "Die Tage der Toleranz kommen zum richtigen Zeitpunkt."

Schmidt hat selbst erlebt, wie Extremismus in Erding verharmlost wurde, als sich rechte Gruppierungen bildeten. Er sagt: "Ich fände es gut, wenn die Leute frühzeitig dagegen aufstehen." Bei den "Tagen der Toleranz", die alle zwei Jahre und 2015 zum fünften Mal stattfinden, gab es schon mal Konfrontationen mit Neonazis. Die Erdinger Polizei sieht der Veranstaltung in diesem Jahr jedoch gelassen entgegen. Zwar werden Beamte vor Ort sein, jedoch sagt der stellvertretende Erdinger Polizeichef Bodo Urban, dass Menschen, die in der Nacht Parolen schmieren "selten in der Öffentlichkeit auftreten".

Nepomuk Hauser hat gemeinsam mit seinem Bruder Xaver und Christiane Kickum ein Plenum geleitet, das für die Organisation verantwortlich war. Sie wollen auf die Grenzen der Toleranz hinweisen, die dann erreicht wird, "wenn das Existenzrecht des Anderen in Frage gestellt oder seine Würde verletzt wird". Aber Hauser will die Inhalte nicht auf die Flüchtlingsthematik reduzieren, sagt er, es gehe genauso um Inklusion und vor allem um jugendrelevante Themen. "Keine Angst!?" - so lautet das Motto der Veranstaltung, die der Autor Leonhard F. Seidl am Freitag mit einem Vortrag eröffnen wird. Seidl will Toleranz aus Sicht der Minderheit, aber auch aus Sicht der Mehrheitsgesellschaft erklären. Danach wünschen sich die Organisatoren eine Diskussion mit den Besuchern, sie rechnen mit 150 aktiv Interessierten, sagt Hauser. Am Samstag stellen diverse Jugendorganisationen aus der Stadt ihre Arbeit vor, auf der Bühne wird der Verleger Valentin Reitmajer aus einer Anthologie über das Leben von Asylbewerbern lesen.

Die "Tage der Toleranz" finden in diesem Jahr mit Unterstützung aus dem Rathaus auf dem Schrannenplatz statt, zentral und unübersehbar. Hauser lobt die Zusammenarbeit mit der Stadt. Politiker hat er zwar keine eingeladen. Doch Helga Stieglmeier ist sich sicher: "Die Veranstaltung hat in Erding parteiübergreifenden Rückhalt." Sie sagt: "Ich werde da sein."

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