Wortmeldung in Ausschuss:Distanzierung und eine Strategie

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Ebersberger Kreistag befasst sich erneut mit der Causa Garhammer

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Als es um ihn ging, war Franz-Xaver Garhammer schon nicht mehr im Sitzungssaal, eineinhalb Stunden vorher hatte er seine braune Aktenmappe unter den Arm geklemmt und war gegangen. So konnte der inzwischen parteilose Kreisrat auch nicht erleben, welche Nachwirkungen eine Wortmeldung von ihm im April immer noch hat: Damals hatte er sich in der Sitzung des Sozialausschusses derart abfällig über den Islam und Flüchtlinge geäußert, dass ein Großteil der Kreisräte aus Protest den Sitzungssaal verließ. Nach einer längeren Debatte einigte sich der Kreistag nun darauf, Garhammers Redebeitrag auf Schärfste zu verurteilen. Zudem will man eine Strategie entwickeln, wie man in solchen Fällen künftig handeln soll.

Garhammer selbst wird das wohl nicht mehr betreffen; wie Landrat Robert Niedergesäß (CSU) in der Sitzung verkündete, habe Garhammer schriftlich erklärt, dass er sein Mandat im Kreistag niederlegen werde. Bereits zuvor war Garhammer auf Druck der Parteiverantwortlichen aus der Bayernpartei ausgetreten, zudem war er aus der Ausschussgemeinschaft ausgeschlossen worden, der er bis zu diesem Zeitpunkt angehört hatte.

Anders als von der SPD und den Grünen in einem Antrag gefordert, wird der Kreistag von Garhammer unter anderem auch wegen dessen Rückzugs keine öffentliche Entschuldigung mehr fordern, so wurde es mit einer knappen Mehrheit entschieden. Mehrere Kreisräte der CSU/FDP-Fraktion äußerten auch rechtliche Bedenken, da der Wortlaut von Garhammers Redebeitrag nicht dokumentiert wurde: Weil Garhammer relativ leise und undeutlich sprach, drangen laut Niedergesäß seine Worte gar nicht recht bis ans Podium vor, wo außer dem Landrat auch die Mitarbeiter der Verwaltung und die Schriftführerin sitzen. Und mitgeschnitten werden derzeit zwar die Kreistagssitzungen, nicht aber Ausschusssitzungen. Wegen dieses Faktums hatte es zunächst auch eine Diskussion darüber gegeben, ob Garhammers Redebeitrag überhaupt als nachweislich rechtsextremistisch und menschenverachtend bezeichnet werden dürfe. Eine Wende in der Diskussion brachte dann allerdings Renate Will (FDP), sie zitierte einen Satz aus der Wortmeldung Garhammers, an den sie sich erinnern konnte - und der war eindeutig rechtsextremistisch und menschenverachtend. Angelika Niebler (CSU) schlug überdies vor, sicherheitshalber die Formulierung zu verwenden, dass die Wortmeldung vom Kreistag jedenfalls so empfunden worden sei, also eine subjektive Wertung statt einer Feststellung. Letztlich konnten sich mit dieser Formulierung dann alle Mitglieder anfreunden.

Keine Debatten, sondern große Einigkeit gab es wegen der anderen Punkte in dem Antrag von SPD und Grünen: In einer Präambel unterstreicht der Ebersberger Kreistag, dass er einsteht für Demokratie und Freiheit und für einen offenen und toleranten Landkreis, "in dem es jedem Menschen möglich ist, frei von jeglicher Ausgrenzung, Diskriminierung und Bedrohung zuhause zu sein". Dafür, so heißt es weiter, wolle der Kreistag als Vorbild für alle Bürgerinnen und Bürger stehen: "Jede Form von Extremismus, Antisemitismus, Intoleranz und Gewalt haben in unserem Landkreis keinen Platz."

Unabhängig vom aktuellen Fall verurteilt der Ebersberger Kreistag jedwede extremistische und menschenverachtende Redebeiträge. In nächster Zeit will man sich auf eine Handlungsstrategie einigen, wie man bei solchen Äußerungen richtig reagiert. Denkbar wäre beispielsweise eine Sitzungsunterbrechung. Mit ihrem demonstrativen Auszug aus dem Sitzungssaal im April übrigens haben es die hiesigen Kreisräte ihren Politiker-Kollegen im Münchner Stadtrat gleichgetan: Wenn dort der rechtsradikale Stadtrat Karl Richter das Wort ergreift, streben viele Stadträte - fraktionsübergreifend - zum Ausgang.

© SZ vom 31.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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