Süddeutsche Zeitung

Wohnen in Erding:Drastische Steigerungen auf dem Immobilienmarkt

Der Preis für unbebaute Wohnbaugrundstücke stieg im Landkreis Erding von 2018 auf 2019 um 42,2 Prozent. Der Preis für Einfamilienhäuser hat sich in den vergangenen zehn Jahren etwa verdoppelt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Vor zehn Jahren war für Häuslebauer die Welt im Landkreis Erding soweit in Ordnung - soweit man dies in der Region München überhaupt jemals sagen konnte. Grundstücks- und Immobilienpreise lagen noch in erschwinglichen Preislagen. 2019 kostete ein freistehendes Einfamilienhaus im Landkreis durchschnittlich 730 000 Euro - 15,9 Prozent mehr als im Jahr davor und das Doppelte wie vor zehn Jahren. Der Preis für unbebaute Wohnbaugrundstücke stieg von 2018 auf 2019 um 42,2 Prozent, von 471,7 auf 670,7 Euro pro Quadratmeter. Dies geht aus dem neuen Immobilienmarktbericht hervor, den der Gutachterausschuss am Landratsamt erstellt hat.

Zuletzt hatte der Gutachterausschuss, der auch alle zwei Jahre die Bodenrichtwertliste für Grundstücke im Landkreis ermittelt, 2016 einen Immobilienmarktbericht erstellt. Dazu wurden alle rund 2500 notariellen Urkunden über Kauf- und Tauschverträge, Versteigerungen, Schenkungen sowie Erbbaurechtsverträge ausgewertet. Den allgemeinen Preisanstieg zeigt ein Vergleich mit den Vorjahren. So wenige Urkunden pro Jahr - 1222 im Jahr 2018 und 1266 im Vorjahr - wurden seit 2010 nicht mehr gezählt. Am meisten waren es 2012 mit 1762 gewesen. Der Großteil betraf mit 46 (2018) und 41 Prozent (2019) unbebaute Grundstücke. Wobei der Schwerpunkt mit zusammen 48,2 Prozent aller Verträge in den Städten Erding und Dorfen, sowie der Gemeinde Taufkirchen lag. Weniger Verträge bedeutet aber in der Region München nicht weniger Umsatz. 2010 wurden nach dem Immobilienbericht 281 Millionen Euro erzielt. 2018 waren es bereits 539 Millionen und 2019 wurde "ein neuer Rekordumsatz von 656 Millionen Euro erzielt", sagte Christian Schmiedl vom Ausschuss bei der Vorstellung des Berichts. Ein Anstieg in einem Jahr um 21,6 Prozent, was die Preisentwicklung betrifft.

Eine Entwicklung, die Landrat Martin Bayerstorfer mit Sorgen sieht, da damit für die meisten Bürger droht, dass eine eigene Immobilie im Landkreis völlig unerschwinglich wird. Was Wohnungsfertigstellungen betrifft, stehe der Landkreis Erding aber gut da: 2019 seien 968 Häuser beziehungsweise Wohnungen fertiggestellt worden. "Das sind 7,1 auf 1000 Einwohner - deutlich höher als der bayerische Wert von 4,6. Auch der Wert in Oberbayern liegt mit 5,3 deutlich niedriger", sagt Bayerstorfer. Dennoch sei das Angebot weiterhin deutlich niedriger als die Nachfrage. Eine der Ursachen: die Zahl der Verträge für unbebaute Grundstücke ist rückläufig und erreichte 2019 den niedrigsten Wert mit 516 Urkunden. "Aber das Preisniveau steigt weiter." Parallel dazu werde in den Kommunen weniger Bauland ausgewiesen. 2018 seien es noch 20,2 Hektar gewesen, im vergangenen Jahr nur noch 17,3, sagt Landrat Bayerstorfer. Dafür gebe es mehrere Gründe. Zum einen Spekulation auf noch weiter steigende Preise, aber auch Landwirte, die angesichts hoher Steuersätze nicht verkaufen würden, zumal sie keinen adäquaten Ersatz für die Lebensmittelproduktion bekommen würden. Nichtsdestotrotz müsse man den Wohnungsbau im Landkreis voranbringen, um zur Entspannung des Wohnungsmarkts beizutragen. "Deshalb haben wir erst kürzlich ehemalige Büroflächen im Personalwohngebäude am Klinikum Erding wieder als Wohnraum zur Verfügung gestellt, und deshalb bauen wir mit der Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises auch am Thermengarten", sagte der Bayerstorfer.

Wie drastisch sich die Immobilienpreise im Landkreis entwickeln, zeigen alle Daten auf. Bei den Doppelhaushälften, Reihenmittel- und endhäusern haben sich die Preise von 2018 auf 2019 um 17,2 Prozent erhöht und liegen derzeit bei rund 675 000 Euro. Im Wohnungseigentumsmarkt stieg der Quadratmeterpreis um 21,7 Prozent auf 5130 Euro laut dem Immobilienbericht. Und auch die Corona-Pandemie habe kurzfristig keine Auswirkungen, wie der Gutachterausschuss feststellen muss. Dazu komme die Fertigstellung der A 94 im Landkreis, die in den Anliegergemeinden zu weiteren Preissteigerungen führen dürfte.

Der gesamte Immobilienmarktbericht ist ab sofort bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses (Telefon 08122/ 58-1254) am Landratsamt Erding für 40 Euro zu erhalten.

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SZ vom 22.09.2020
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