Rundschreiben des Gemeindetags:Jetzt weht ein anderer Wind

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Es gleicht einer Sisyphusarbeit, Vorrangflächen für Windräder in der Region 17 zu finden. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Kommunen im Landkries Erding geraten unter Zeitdruck. Sie müssen für die Nutzung dieser Energie rasch Flächen ausweisen, sonst übernimmt das die Regionalplanung.

Von Thomas Daller, Erding

Ein Rundschreiben des Bayerischen Gemeindetags schreckt aktuell die Gemeinden auf: Das Wind-an-Land-Gesetz des Bundes hebelt die bisherige 10-H-Abstandsregelung aus. Die Gemeinden müssen nun rasch Teilflächennutzungspläne für Windkraftstandorte erstellen, andernfalls nehmen ihnen dabei die Planungsregionen das Heft aus der Hand. Die Zeit drängt, bereits von 1. Februar 2023 an müssen die Kommunen planerisch damit beginnen und ein Jahr später Lösungen auf den Tisch legen. Für den Landkreis Erding erweist es sich nun als Glücksfall, dass die Energievision Erding Projektentwicklung GmbH (EVE) bereits 2013 auf diesem Gebiet Vorarbeit geleistet hat, bis sie von der 10-H-Regelung ausgebremst wurde. Darauf kann und will man nun aufbauen. Die Bürgermeister der 26 Kommunen im Landkreis wollen sich am 1. Dezember im Landratsamt treffen, um weitere Details zu erörtern.

Das Thema kam anlässlich eines CSU-Antrags im Taufkirchener Gemeinderat zur Sprache. Gemeinderäte und interessierte Bürger hatten kürzlich einen Ausflug nach Wilpoldsried im Allgäu unternommen. Diese Gemeinde produziert mit erneuerbaren Energien fünf mal so viel Energie, wie sie selbst verbraucht. Das hat Eindruck hinterlassen. Bernhard Sinseder (CSU) beantragte in der Sitzung, dass die neue Klimaschutzmanagerin der Gemeinde, die zum 1. Januar 2023 eingestellt wird, alle relevanten Informationen zu einer möglichen Windkraftnutzung in Taufkirchen eruieren soll. Anschließend sollte man im Gemeinderat auf sachlicher Basis darüber diskutieren. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. In der Diskussion wiesen mehrere Gemeinderäte darauf hin, dass man unter hohem Zeitdruck stehe: Am Tag der Sitzung hatte die Gemeinde Taufkirchen ein Rundschreiben des Bayerischen Gemeindetags an alle Gemeinderäte weitergeleitet. Darin heißt es, dass die 10-H-Regelung der Bayerischen Bauordnung für Windkraftanlagen zum 1. Februar 2023 an das neue Wind-an-Land-Gesetz des Bundes angepasst werde. Künftig dürfen Windräder in der Nähe von Haupteisenbahnstrecken und Autobahnen errichtet werden, in Wäldern und militärischen Übungsgeländen sowie in der Nähe von Industrie- oder Gewerbegebieten, wenn diese von der Windkraftanlage mit Strom versorgt werden.

Wer trödelt, hat das Nachsehen, es droht ein "Steuerungsverlust"

Die Planungshoheit der Kommunen wird dabei zwar nicht aus-, aber unter starken Zeitdruck gesetzt: Die Gemeinden müssen bis zum 1. Februar 2023 mit der Planung von Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen beginnen und diese Pläne bis spätestens 1. Februar 2024 beschließen. Wer trödelt, hat das Nachsehen: Denn dann droht ein sogenannter "Steuerungsverlust" und das Heft nehmen die Regionalplanungen in die Hand. Im Landkreis zuständig wäre das dann der Regionale Planungsverband 14, die Hauptstadtregion.

Nun macht sich mit ein paar Jahren Verspätung doch noch die Arbeit der EVE bezahlt. Vor zehn Jahren begannen die 26 Kommunen des Landkreises den Bau von Windkraftanlagen gemeinsam zu planen. Es ging nicht nur darum, die Energiewende voranzubringen, sondern auch "dem 'Wildwuchs' von Windrädern vorzubeugen", wie es im Energiewende-Bericht des Landkreises aus dem Jahr 2012 stand. Darüber hinaus wurde eine eigene Gesellschaft für die Realisierung der Windkraftanlagen gegründet, die Energievision Landkreis Erding (EVE) Projektentwicklungs-GmbH.

Nun kann man die alten Pläne aus der Schublade holen

Die damalige Erdinger Abstandregel sah eine Distanz von 1000 Metern zwischen einem großen Windrad und einem allgemeinen Wohngebiet vor. Außerdem sparte man Flächen am Flughafen München, um das Wetterradar in Schnaupping bei Isen sowie in der Nähe eines Drehfunkfeuers bei Poing aus. Am Ende blieben nur noch wenige sogenannter Konzentrationsflächen übrig, auf denen je mindestens zwei Windkraftanlagen stehen sollten. Der "Gemeinsame Teilflächennutzungsplan Wind" des Landkreises Erding wurde im Sommer 2013 von allen Kommunen befürwortet. Der Plan enthielt 13 Flächen für Windkraftanlagen: Ganz im Westen von Moosinning, im Osten von Wartenberg und im südlichsten Eck der Gemeinde Kirchberg, auf Taufkirchener, Inninger und Bockhorner Flur, sowie im Gemeindegebiet von Wörth und Buch. Auf Initiative von Horst Seehofer trat allerdings dann 2014 die 10-H-Regel in Kraft und die mühevolle Arbeit der Erdinger war hinfällig.

Bis jetzt: Denn nun kann man die alten Pläne wieder aus der Schublade ziehen und ist bestens präpariert. Laut Christian Pröbst, amtierender Geschäftsführer der EVE und Wartenberger Bürgermeister, ist bereits ein Treffen aller Bürgermeister des Landkreises am Donnerstag, 1. Dezember, im Landratsamt zum damaligen Teilflächennutzungsplan angesetzt. Die Gemeinden wollen sich bei dem Thema nicht auseinanderdividieren lassen: "Wir machen keinen Einzelweg", sagte Pröbst. Die Bürgermeister würden aus den eigenen Reihen einen Vertreter benennen, der dann mit den verbindlichen Plänen beim Planungsverband vorstellig werde.

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