Windkraft:Bayerstorfer will vor Gericht ziehen

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Der Erdinger Landrat kündigt an, das bayerische Abstandsgesetz für Windkraftanlagen anzufechten: "Ich will erreichen, dass die 10H-Regelung zurückgenommen wird."

Von Florian Tempel, Erding

Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) opponiert gegen die bayerische Staatsregierung. Beim Widerstand gegen die am Nikolaustag präsentierten Pläne, eine neue und autobahnähnliche Bundesstraße B 15 durch den östlichen Landkreis zu betonieren, hat er ganz wie der Vorsitzende einer Bürgerinitiative die Bürger des Landkreises dazu aufgerufen, die Regierenden in München bis Ende Januar mit möglichst vielen schriftlichen Protestbriefen zur Aufgabe dieses Vorhabens zu bewegen. Nun will der Landrat in einer anderen Sache sogar gegen ein von Ministerpräsident Horst Seehofer initiiertes und vom CSU-dominierten Landtag erlassenes Gesetz vor Gericht ziehen. Bayerstorfer kündigte kurz vor Weihnachten an, das 10H-Gesetz anzufechten, das einen Mindestabstand eines Mastes zur nächsten Bebauung vom Zehnfachen seiner Höhe fordert. Das würde den Bau von Windkraftanlagen im Landkreis Erding unmöglich machen.

Wie die Klage, die am Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingelegt werden muss, genau aussehen wird, ist zwar noch nicht ganz klar. Doch dass er das 10H-Gesetz zu Fall bringen will, hat sich Bayerstorfer bereits fest vorgenommen: "Ich habe für mich innerlich diese Entscheidung getroffen. Ich will erreichen, dass die Regelung zurückgenommen wird." Bayerstorfer wäre nicht der erste und einzige, der gegen das umstrittene Gesetz vor Gericht ziehen will. Gleich nachdem es am 21. November 2014 in Kraft getreten ist, hat die Initiative Pro Windkraft des früheren Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell eine Klage dagegen angekündigt. Für Fell richtet sich das 10H-Gesetz nicht nur gegen die Windkraft, es sei auch ein Angriff gegen die Energiewende insgesamt. Auch die Grünen und die Freien Wähler wollen eigene Klageschriften formulieren. Bayerstorfer, immerhin stellvertretender Vorsitzender der oberbayerischen CSU, wäre jedoch der erste Christsoziale, der das Gesetz gerichtlich angreifen würde.

Laut dem 10H-Gesetz darf eine Windkraftanlage in der Regel nur dann gebaut werden, wenn sie einen zehnmal so großen Abstand zur nächstgelegenen Wohnbebauung einhält, wie die Anlage inklusive Rotorblättern hoch ist. Da moderne Windräder etwa 200 Meter hoch sind, wäre der per Gesetz verlangte Mindestabstand zwei Kilometer. Für den Landkreis Erding bedeutet das, dass hier keine einzige Strom-Windmühle genehmigungsfähig ist. Im 10H-Gesetz sind zwar Ausnahmen eingearbeitet: Anlagen, die bereits vor Februar 2014 konkret beantragt wurden, dürften errichtet werden. Außerdem dürfen Windkraftanlagen gebaut werden, wenn eine Kommune dazu ihr Placet erteilen sollte. Eine weitere Ausnahme gibt es für Landkreise und Kommunen, die einen Teilflächennutzungsplan Windkraft noch vor Inkrafttreten des Gesetzes erlassen haben. Vor allem dieser letzte und erst sehr spät ins Gesetz aufgenommene Punkt stinkt Bayerstorfer gewaltig. Im Landkreis Erding wurde die Arbeit an einem fast fertigen Teilflächennutzungsplan Windkraft schon im Frühjahr 2014 eingestellt, da angesichts des bevorstehenden 10H-Gesetzes niemand mehr glaubte, er würde etwas bringen. Bis Ende November 2014 "hätten wir den aber leicht hingekriegt", sagt Bayerstorfer nun. Die eigens für den Bau von Windkraftanlagen im Landkreis gegründete und mit mehreren hunderttausend Euro Startkapital ausgestattete Energie Vision Erding GmbH dümpelt fast untätig vor sich hin. Ihre einzigen konkreten Vorhaben sind die Installation von relativ kleinen Photovoltaikanlagen auf den Dächern landkreiseigener Gebäude wie dem Gymnasium Dorfen.

© SZ vom 02.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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