Wilderer im Landkreis:Ein qualvoller Tod

Wilderer im Landkreis: Wieso tötet ein Wilderer ein Reh und lässt dann den Körper liegen? Der Tierkopf als Trophäe oder Kick? Das fragen sich die Jäger im Landkreis.

Wieso tötet ein Wilderer ein Reh und lässt dann den Körper liegen? Der Tierkopf als Trophäe oder Kick? Das fragen sich die Jäger im Landkreis.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Passanten finden bei Langenpreising ein Reh ohne Kopf. Das Tier ist offenbar elendig zugrunde gegangen. Kein Einzelfall

Von Regina Bluhme, Erding

Ein verwestes Reh, der Kopf des Tieres abgetrennt und nicht mehr aufzufinden: Auf diesen grausigen Fund sind Spaziergänger im Forst bei Langenpreising vor gut zwei Monaten gestoßen. Neben dem Kadaver steckte ein Pfeil im Boden. Nicht der erste Fall von Wilderei in Landkreis Erding, wie Thomas Schreder, Pressesprecher des Bayerischen Jagdverbands und Vorsitzender des Erdinger Kreisjagdverbands, mitteilt. Vor knapp einem Jahr wurde am Isarkanal ein Reh mit abgetrenntem Kopf gefunden. Mit seiner Warnung vor Wilderei habe er vor drei Jahren noch ungläubiges Kopfschütteln bei den Jagdkollegen geerntet, erinnert sich Schreder. Das habe sich gründlich geändert.

"Respektlos gegenüber dem Tier"

"Frust und Ärger", das fühle er angesichts des neuesten Fundes in dem Revier von Langenpreising, sagt Schreder. Vor allem weil man davon ausgehen müsse, dass der Pfeil das Tier nicht sofortgetötet habe und es deshalb wohl elend zugrunde gegangen sei. "Und dann nimmt der Täter noch den Kopf mit, den Kopf eines Rehs ohne Geweih - wozu?" Er könne diese Tat überhaupt nicht nachvollziehen, sagt Schreder. "Das hat auch nichts mit Wildererromantik zu tun."

Dass vor mehr als 150 Jahren Menschen aus der Not heraus, um die Familie zu versorgen, ein Wild geschossen haben - das sei ja noch irgendwie verständlich. "Aber hier ging es wohl nur um den Kick, um eine Trophäe. Das ist völlig respektlos gegenüber dem Tier", schimpft Schreder.

15 Jahre ist er mittlerweile beim Bayerischen Jagdverband tätig. In den letzten fünf Jahren hätten die Fälle von Wilderei zugenommen, sagt er. Zahlen zu nennen sei schwierig, die Dunkelziffer sei enorm hoch: "Ein Schuss, dann schmeißen sie das Tier in den Kofferraum und man sieht nur noch die Rücklichter."

Immer mehr Jäger haben Verdachtsmomente.

Mittlerweile komme das Thema bei jeder Jäger-Zusammenkunft zur Sprache, auch im Landkreis Erding, betont Schreder. 110 Reviere gibt es im Landkreis, und immer mehr Jäger berichten von "Verdachtsmomenten", vornehmlich in der Nacht, von einem plötzlichen Schuss oder von einem verdächtigen Auto, das am Waldrand geparkt war.

Der Landkreis Erding ist ohnehin nicht sehr waldreich, von den 80 000 Hektar Grundfläche sind nur 13 Prozent bewaldet. In den Forsten leben Rot- und Schwarzwild, Hasen, Fasane, Füchse, Dachse und Enten. Wie Schreder betont, sei die Population der Tiere ausreichend und werde nicht durch Jäger bedroht. Beim Rebhuhn allerdings gelte im Landkreis ein freiwilliger Verzicht, da der Bestand gefährdet sei.

Eine Wildkamera hat einen Täter aufgenommen.

Die Förster wollen nun besonders aufmerksam ihre Reviere beobachten und im Verdachtsfall Alarm schlagen, sagt Schreder. Vielleicht bringe auch die eine oder andere Wildkamera einen der Täter ans Licht. In Freising zum Beispiel war vor einiger Zeit ein Mann im Tarnanzug und mit Armbrust bewaffnet von einer Kamera aufgenommen worden. Auf jeden Fall werde im Verdachtsfall die Polizei verständigt, betont Schreder. "Die Zusammenarbeit mit der Polizei Erding klappt sehr gut und unsere Mitglieder wissen, dass unsere Sorgen ernst genommen werden."

Wilderei ist eine Straftat und kann laut Anton Altmann, Leiter der Polizeiinspektion Erding, mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer saftigen Geldstrafe geahndet werden. Straffällig wird auch, wer ein angefahrenes Reh auf der Straße entdeckt und als Sonntagsbraten mit nach Hause nimmt. Das passiert Schreder zufolge immer wieder.

Die größte Gefahr für das Erdinger Wild geht aber vom Autoverkehr aus. Ungefähr tausend Wildunfälle im Jahr verzeichne die Polizeiinspektion Erding, berichtet Schreder. Kein Wunder, denn der Landkreis Erding sei "von Straßen zerstückelt", und der Verkehr nehme zu, sagt der Pressesprecher des Jagdverbands. Deshalb würde es im Landkreis Erding auch kein Wolf lange aufhalten: "Der hätte hier viel zu wenig Ruhegebiete, und zu eng wäre es ihm auch."

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