Süddeutsche Zeitung

Wie geht es weiter nach der Grundschule?:Gymnasium liegt wieder vorne

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Wieder werden mehr Kinder an den drei Gymnasien angemeldet als an den vier Realschulen. Das Anne Frank stößt bald an seine Grenzen.

Von Florian Tempel, Erding

Die Rückkehr zum G 9 hat das Gymnasium offensichtlich wieder beliebter gemacht. Für das kommende Schuljahr sind 449 Viertklässler an einem der drei Gymnasien im Landkreis angemeldet worden. Das sind etwas mehr als die 435 Kindern, die nach der Grundschule von September an eine der vier Realschulen wechseln werden. Nach wie vor entscheiden sich zwar sehr viele Eltern, ihr Kind trotz eines Notenschnitts, der den Besuch eines Gymnasiums erlaubt, lieber an einer Realschule anzumelden. Doch es ist erst drei Jahre her, dass die Verhältnisse viel extremer waren. 2016, als es das G 8 noch felsenfest gab, wurden im Landkreis Erding ein Drittel mehr Kinder an den Realschulen angemeldet, als an den Gymnasien. Erst als sich 2017 die Rückkehr zum G 9 klar abzeichnete und im vergangenen Jahr dann auch kam, änderte sich das wieder.

Mit 1,0 an die Realschule, das gibt es immer noch.

Die Realschulen waren der Gewinner nach der Einführung des G 8. Eine Schullaufbahn auf der Realschule versprach weniger Stress, weniger Druck, mehr Freizeit und über die Fachoberschule auch die Möglichkeit zum späteren Studium. Josef Grundner, Rektor der katholischen Mädchenrealschule Heilig Blut in Erding, berichtet, dass immer noch mehrere Schülerinnen an seine Schule kommen, die im Übertrittszeugnis einen glatten Notenschnitt von 1,0 haben. Wegen der nicht geringen Zahl von so lernstarken Schülerinnen hat man an der Realschule Heilig Blut schon vor einiger Zeit eine spezielle Talentförderung von der siebten Klasse an eingeführt. Damit die Mädchen sich nicht langweilen, werden für sie die schulischen Herausforderungen nach oben geschraubt, indem sie den kaufmännischen und den sprachlichen Realschulzweig mit Französisch als zweiter Fremdsprache gewissermaßen gleichzeitig absolvieren.

Insgesamt sind fürs kommende Schuljahr 150 Mädchen an der Mädchenrealschule angemeldet. Die Zahl der Anmeldungen ist auch an den anderen drei Realschulen im Vergleich zum Vorjahr recht stabil geblieben. An der Herzog-Tassilo-Realschule liegen 100 Anmeldungen vor, an der Realschule Oberding sind es 82 und in Taufkirchen 103 Mädchen und Buben.

185 Einschreibungen am Anne Frank

Bei den drei Gymnasien im Landkreis sticht das Anne-Frank-Gymnasium (AFG) in Erding mit 185 Einschreibungen heraus. Oberstudiendirektorin Helma Wenzl plant sieben Eingangsklassen zu bilden. Eine Fünfte wird wieder eine sogenannte Theater-Klasse sein, die zwei Unterrichtsstunden in der Woche für ein Theaterprojekt verwenden wird. Sehr beliebt ist auch die Forscherwerkstatt am AFG, ein Wahlfach, bei dem alle zwei Wochen am Nachmittag Experimente gemacht werden. Hierfür haben sich die Hälfte aller neuen Fünftklässler angemeldet. Der große Zuspruch für ihre Schule bringt aber auch ein Problem mit sich: Es wird eng im AFG. Im kommenden Schuljahr könne man noch alle Schüler "mit vielen Notlösungen" unterbringen, sagt Wenzl. Im übernächsten Jahr würden die Raumkapazitäten aber überschritten.

Am Korbinian-Aigner-Gymnasium (KAG) in Erding werden 145 Fünftklässler in sechs erfreulich kleine Klassen eingeteilt werden, sagt Regine Hofmann, die stellvertretende Schulleiterin. Eine der Klassen wird eine rein musische Klasse sein, "das ging diesmal genau auf". In einer anderen fünften Klasse wird das Pilotprojekt einer Tablet-Klasse weitergeführt. Im kommenden Schuljahr werden zudem am KAG wieder 18 Schüler mit Latein als erster Fremdsprache beginnen.

124 Anmeldungen am Gymnasium Dorfen

In Dorfen wundert sich Oberstudiendirektorin Andrea Hafner etwas über die ihrer Ansicht nach mageren 124 Anmeldungen. Sie hatte erwartete, dass die Rückkehr zum G 9 sich deutlicher in den Schülerzahlen bemerkbar machen würde. Dass Kinder trotz eines 1,0-Übertrittszeugnisses das Gymnasium meiden, kann Hafner nicht nachvollziehen. An ihrer Schule gibt es eine Besonderheit, die in Erding nicht mehr gefragt ist: eine echte Ganztagsklasse. Im vergangenen Jahr hätte das beinahe nicht geklappt, in diesem Jahr lagen aber wieder mehr Anmeldungen vor.

In Erding ist das Modell der Ganztagsklasse hingegen völlig out. Am AFG gab es schon im vergangenen Jahr keine solche Klasse mehr, in diesem Jahr gab es nur eine einzige Voranmeldung dafür, sagt Schulleiterin Wenzl. Auch in der Mädchenrealschule ist es mit der Ganztagsklasse vorbei, sagt Rektor Grundner: "Es scheint keine Notwendigkeit mehr zu bestehen."

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SZ vom 05.06.2019
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