Welttag des Buches:Das Buch hat immer noch eine Zukunft

Stadtteilbibliothek Westend in München, 2014

Auch wenn das E-Book auf dem Vormarsch ist, spielen gedruckte Bücher noch eine große Rolle.

(Foto: Florian Peljak)

Buchhandlungen und Büchereien sehen sich zwar immer stärker mit der Online-Konkurrenz konfrontiert, aber sie wollen den Kampf vor allem um jungen Leser nicht aufgeben. Das E-Book wird immer beliebter, ersetzt aber die gedruckte Lektüre noch lange nicht

Von Sophia Belliveau, Erding

Egal ob Smartphone, Tablet oder Fernseher: Vieles macht dem klassischen Taschenbuch heutzutage Konkurrenz. Während sich früher die ganze Familie gemeinsam zum Lesen ins Wohnzimmer gesetzt hat, sind die meisten inzwischen von der ständigen Reizüberflutung zu abgelenkt, um sich wirklich in einen Roman zu vertiefen. Läuft das Internet also dem Buch den Rang ab? Diese Frage stellen sich vor allem am heutigen Welttag des Buches viele Buchhandlungen und Bibliotheken - auch im Landkreis Erding. Dem Buchverleih und -handel ist klar, dass die Konkurrenz aus dem Internet nicht nur die Ablenkung ist: Auf Online-Plattformen wie Amazon kann der Käufer seine Bücher in ein paar Clicks zu sich nach Hause liefern lassen. Vor allem für die junge Generation ist das eine attraktive Alternative zum Gang zur Buchhandlung.

Das merkt auch die Buchhandlung Rupprecht in Erding. "Es kaufen mehr Menschen im mittleren Alter von ungefähr 40 bis 60 Jahren bei uns ein. Das ist unsere Hauptkundschaft", sagt Filialleiterin Anette Scharmatinat. Vor Feiertagen seien aber auch Kinderbücher als Geschenk sehr beliebt. Kunden im Teenie-Alter sind laut Scharmatinat weniger häufig vertreten, kommen aber auch hin und wieder noch zur Beratung. Den jugendlichen Buchkäufern gehe es dann meist mehr um den Autor als das Genre: "Teenager kaufen gerne die Bücher ihrer Lieblings-Youtuber, von denen sie online gehört haben." Um sich an die Konkurrenz durch Internet-Händler anzupassen, hat die Buchhandlung einen Online-Shop eingerichtet. "In unserem Webshop kann man auch E-Books bestellen, die Verkaufszahlen steigen", so die Filialleiterin. Dennoch merke sie, dass die Kundschaft trotzdem noch lieber zum traditionellen Buch greift.

In einem wichtigen Aspekt ist die Buchhandlung dem Internet immer noch um einen Schritt Voraus: "Die Buchhandlung punktet natürlich vor allem mit guter kompetenter Beratung vor Ort", sagt Anette Scharmatinat. Das gebe es online noch nicht. Im Blick auf die Genres "geht bei uns durch die Bank alles". Krimis, Sachbücher und Belletristik seien immer sehr beliebt. "Außerdem kaufen die Kunden gerne Bücher, die in Talkshows besprochen wurden." Filialleiterin Scharmatinat hofft, dass die Tradition des Lesens auch den zukünftigen Generationen erhalten bleibt. "Die Menschen werden immer lesen, das glaube ich schon. Ich muss in der Hinsicht optimistisch sein." Das Buch wird es noch lange Zeit geben, "aber vielleicht in veränderter Form, es wird alles viel mehr in Richtung E-Book gehen".

Margit Inninger, Filialleiterin der Erdinger Buchhandlung Leseglück, macht ähnliche Erfahrungen wie Anette Scharmatinat. "Zu uns kommen viele Kinder, die ihre Bücher selbst aussuchen wollen, Mütter um die 30 und Kunden über 40, die meistens Romane für sich kaufen", so Inninger. Auch in der Buchhandlung Leseglück gibt es aber eine Alterslücke bei den Jugendlichen: "Junge Menschen von der Pubertät an bis zum Alter von ungefähr 25 Jahren gehen selten in Buchhandlungen, die kaufen viel mehr im Internet ein." Wie die Buchhandlung Rupprecht hat das Leseglück deshalb nun auch einen Online-Shop. "Der Shop und der E-Book-Verkauf werden gut angenommen, aber auch eher von der Stammkundschaft als den Jugendlichen", sagt Filialleiterin Inninger. "Ich bin seit 1993 im Buchhandel und wir mussten uns im Laufe der Jahre an die neue Konkurrenz durch das Internet und Amazon anpassen. Deswegen haben wir jetzt auch unseren Online-Shop."

In der Buchhandlung Leseglück werden laut Margit Inninger am häufigsten Romane verkauft, vor allem Krimis, und Kinder- oder Bilderbücher. "Der Trend, der sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat, geht auf jeden Fall zu schön gestalteten Büchern. Wenn sie sich wirklich ein traditionelles Buch kaufen, - kein E-Book - dann möchten die Kunden gerne eins, das schön aussieht." Margit Inninger hegt den Wunsch, dass das Buch und das Lesen in Zukunft erhalten bleiben. "Hier in der Buchhandlung Leseglück setzen wir uns jedenfalls dafür ein", sagt sie.

Der Buchverleih steht inzwischen vor ähnlichen Herausforderungen wie der Buchhandel. Früher seien viele Menschen zur Recherche in die Bücherei gekommen, erklärt Ingrid Müller-Heß, die Leiterin der Stadtbücherei Erding. "Man braucht keinen Sachbücher mehr, um Fragen zu beantworten. Dafür ist jetzt das Internet da." Reiseführer seien im Gegensatz dazu in der gedruckten Form beliebter. "Die Leute halten bei Städtereisen gerne physisch einen Leitfaden in der Hand." Insgesamt gehe die Zahl der ausgeliehenen gedruckten Medien jedoch zurück. Dennoch ist Müller-Heß der Meinung, dass viele auch in Zukunft noch in die Bibliothek gehen werden: "Die Bücherei ist nicht nur ein Ort, wo man Bücher ausleiht, sondern auch einer, an dem man sich ohne Konsumzwang aufhalten kann, um zu lernen, Zeitung zu lesen oder sich mit Freunden zu treffen."

Vor allem junge Menschen im Alter von 18 bis 30 Jahren sind laut Müller-Heß selten in der Bücherei. "Es kommen aber auf jeden Fall viele Kinder zwischen fünf und zwölf. Das war schon immer so und das wird auch immer so bleiben", sagt die Leiterin der Erdinger Stadtbücherei. Den kleinen Kindern werde immer noch viel vorgelesen, weshalb sie gerne Bücher ausleihen. "Das ändert sich meistens nach der Grundschule: Mit dem Übertritt werden andere Sachen und auch das Smartphone wichtiger." Müller-Heß ist hoffnungsvoll, dass das Lesen trotzdem nicht aussterben wird. "Bücher und Lesen sind genauso wie Bibliotheken und Buchhandlungen Kulturgüter, um die es sich zu kämpfen lohnt."

In der Bücherei Taufkirchen steigen die Ausleihzahlen wieder an. "Vor vier bis fünf Jahren sind sie zurückgegangen, inzwischen gibt es aber von Jahr zu Jahr eine Steigerung, auch in der Online-Leihe", sagt die Leiterin der Bücherei, Brita Schild. "Wir laden Kindergärten und Schulen ein, mit den Kindern vorbeizukommen. Das fruchtet auf jeden Fall. Schulen und Eltern müssen nur das Angebot nutzen." Dennoch gebe es auch in der Bücherei Taufkirchen einen Bruch bei den 18- bis 30-Jährigen.

Die Erdinger Buchhandlung Lesezeichen nimmt seit 18 Jahren an der Aktion zum Welttag des Buches Teil, die mehr Kinder zum Lesen bringen soll. "Zu uns kommen nach den Osterferien ungefähr 500 Kinder auf drei Wochen verteilt. Mit ihnen stellen wir uns unter anderem die Frage 'Wie entsteht ein Buch?' und machen dann zum Abschluss ein Quiz", erklärt die Leiterin des Lesezeichens Birgit Stoiber. Außerdem erhalte jedes Kind ein Buch der Reihe "Ich schenk dir eine Geschichte". Die Buchhandlung fühle sich verpflichtet, an der Aktion zur Leseförderung teilzunehmen. "Das Buch stirbt sicher nicht aus. Natürlich hat die Wertigkeit abgenommen, aber es gibt noch viele Begeisterte", sagt Birgit Stoiber zuversichtlich.

Auch die Dorfener Buchhandlung beteiligt sich an der Aktion zum Welttag des Buches. Ungefähr 600 Schüler werden innerhalb der kommenden drei Wochen das Geschäft besuchen. "Leseförderung ist durchaus wichtig, deshalb müssen wir auch parallel zur Schule etwas bieten", sagt der gelernte Buchhändler Branko Pajtler. Für den Buchhändler ist es wichtig, dass Kinder früh mit Büchern in Kontakt kommen. "Wer den Virus einmal in sich trägt wird ihn auch nicht mehr los."

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