Süddeutsche Zeitung

Weltfrauentag:Zu wenig für die Rente

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Viele Frauen begnügen sich noch immer mit Teilzeitarbeit und verzichten auf Karriere und gute Gehälter. Der starke Handel im Landkreis bietet ihnen zahlreiche Beschäftigungsangebote

Von Janine Napirca, Erding

Im Landkreis Erding hat ein höherer Anteil der Frauen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung als im bayerischen Durchschnitt, das besagt eine Statistik der Agentur für Arbeit: Im Landkreis liegt sie bei 47,4 Prozent, in Bayern bei 45,8 Prozent. Eine Ursache dafür ist der Handel im Landkreis. Er zählt zu den stärksten Branchen im Landkreis und bietet vielen Frauen einen Arbeitsplatz - oft allerdings nur in Teilzeit oder als geringfügig Beschäftigte. Dass junge Frauen sich noch immer auf Berufe mit schlechten Karrierechancen und schlechten Löhnen konzentrieren, darauf macht Marion Stenglein, Beauftragte für Chancengleichheit an der Agentur für Arbeit, anlässlich des Weltfrauentags am 8. März zum wiederholten Mal aufmerksam.

"Neben dem Handel zählen das Gesundheits- und Sozialwesen und das verarbeitende Gewerbe zu den Top drei der Wirtschaftszweige, denen Frauen im Landkreis angehören", sagt Marion Stenglein. Um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, arbeiteten viele Frauen aber nur Teilzeit oder als geringfügig Beschäftigte. 11 242 Teilzeitarbeitenden gibt es im Landkreis, 9288 davon sind Frauen. Und auch bei den geringfügig Beschäftigten stellen die Frauen knapp 60 Prozent.

Eine eigene Existenzsicherung für das Alter aufzubauen, sei in der heutigen Zeit aber auch für Frauen unabdingbar, darauf weisen die Gewerkschaften hin. Daniel Fritsch, Regionssekretär des Deutschen Gewerkschaftsbunds München teilt dazu mit: "Die Renten von Frauen sind deutlich niedriger als die von Männern, da sie wegen der Kindererziehung weniger in die Rente eingezahlt haben. Und meistens üben Frauen auch nur Mini- oder Teilzeitjobs aus."

Es gibt jedoch Instrumente, mit denen junge Frauen dazu ermuntert werden sollen, sich einen Beruf zu suchen, der gut bezahlt ist und in dem sie auch Karriere machen können. So können Schülerinnen am "Girls Day" Einblicke in Berufe gewinnen, die als eher untypisch gelten, zum Beispiel in technischen Berufe, wie sie auch das Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebsstoffe anbietet. In Berufsinformationszentren sollen jungen Frauen die Mint-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) näher gebracht werden. Sie bieten hervorragende Verdienstmöglichkeiten und weisen geringe Arbeitslosenquoten auf. Frauen sind in ihnen unterproportional vertreten.

Viele Frauen unterbrechen mit der Gründung einer Familie oder für die Pflege von Angehörigen ihre Erwerbstätigkeit. Trotz Verbesserungen in der Kinderbetreuung stelle eine Rückkehr in den Beruf noch immer eine besondere Herausforderung dar, darauf weist Marion Stenglein mit: "Frauen wollen schneller in den Beruf zurückkehren. Frauen, die zehn Jahre wegen der Kinder zu Hause bleiben, werden eher zur Ausnahme." Eigenes Engagement und Unterstützung im privaten Umfeld und der Arbeitgeber seien hier gefragt.

Zu Nutze machen könnten sich Frauen den Mangel an qualifizierten Fachkräften, so sieht man das bei der Bundesagentur für Arbeit. Sie prognostiziert für Deutschland im internationalen Vergleich durch den demografischen Wandel einen weiteren Rückgang an Fachkräften bis zum Jahr 2025: Würden Frauen mehr Vollzeit statt Teilzeit arbeiten, könnte ein Potenzial erschlossen werden, das bis zu 2,1 Millionen zusätzlichen Fachkräften entspricht.

Etliche Veranstaltungen finden zum Internationalen Frauentag statt: Unter dem Motto "Frauen bewegen viel in Politik, Wirtschaft, Familie, Gesellschaft" berichten Vertreterinnen aus diesen Bereichen auf Einladung der VHS über ihre Aktionsfelder, Bereicherungen und Grenzerfahrungen. Die Veranstaltung beginnt am Dienstag um 19 Uhr im VHS-Haus und endet mit einer Diskussionsrunde. Die Agentur für Arbeit veranstaltet am Dienstag eine Telefonaktion zum Thema Wiedereinstieg von 8 bis 12 Uhr (0800/455 55 00). In Freising gibt es zudem von 9 bis 12.30 Uhr Vorträge unter anderem zum Thema Rente. Die Linke veranstaltet am Dienstag, 12 bis 17 Uhr, eine Kundgebung vor dem Klinikum Erding und will auf den Personalmangel im Pflege- und Gesundheitswesen aufmerksam machen.

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Quelle:
SZ vom 07.03.2016
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