Kunst:Eine blitzgescheite, freche Frau

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Das Archivbild zeigt Magda Bittner-Simmet in ihrem Atelier in Schwabing. (Foto: privat)

Die gebürtige Erdingerin Magda Bittner-Simmet feierte große Erfolge als Porträtistin mit eigenem Atelier in Schwabing. Sie war bestens vernetzt mit den Größen der Wirtschaft und Politik. Heute ist die Malerin wenig präsent in ihrer Geburtsstadt – eine Stadtführung will das jetzt ändern.

Von Regina Bluhme, Erding

Wer war Madga Bittner-Simmet? Nicht jeder Erdinger oder jede Erdingerin wüsste da auf Anhieb eine ausführliche Antwort. Die gebürtige Erdingerin (1916 bis 2008) reüssierte in den Nachkriegsjahren als Porträtistin mit eigenem Atelier in Schwabing. Sie war bestens vernetzt mit den Größen der Wirtschaft und Politik, schlau, selbstbewusst und unabhängig, eine Münchner Stiftung trägt ihren Namen. Wer mehr über sie erfahren will, hat dazu im September Gelegenheit. Stadtführerin Doris Bauer geht mit Schauspielerin Renate Eßbaumer in Erding am 14. und am 22. September auf Spurensuche dieser außergewöhnlichen Frau.

Schon länger hatte sich Doris Bauer, Erdings „Türmerin“, mit dem Leben der renommierten Künstlerin befasst. Dieses Jahr schien der richtige Zeitpunkt gekommen für eine eigene Stadtführung. Das Interesse an Künstlerbiografien ist groß, schließlich wird gerade der hundertste Geburtstag des Grafikers und Malers Benno Hauber (1924 bis 1994) in Erding mit mehreren Veranstaltungen begangen. „Wir wollten den Schwung des Hauber-Jahrs mitnehmen“, so Stadtführerin Doris Bauer, um auch Magda Bittner-Simmet Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Die Stadtführung hat den Titel „Eine Erdingerin geht ihren Weg!“ und die Tour beginnt am Geburtshaus von Magda Bittner-Simmet, an der Haager Straße 5 (früher Bäckerei Paukner, heute Bäckerei Kreitmaier). Die ersten Jahre wuchs sie bei den Großeltern in Erding auf. Dann zog sie zu den Eltern nach München, blieb ihrer Geburtsstadt aber immer verbunden.

Magda Bittner-Simmet sei eine sehr selbstbewusste, sehr zielstrebige Frau gewesen, die sich gegen Widerstände behaupten musste. So habe sie sich gegen den Willen der Eltern durchgesetzt und ein Kunststudium absolviert: Sie studierte an der Akademie für Angewandte Kunst in München. Als freischaffende Künstlerin habe sie sich schließlich „durch die harte Welt der Kunstszene gekämpft und dort behauptet“, erzählt Doris Bauer. „Eine bayerische Lady“ halt, so hat sie der ehemalige bayerische Kultusminister, ein Erdinger, Hans Zehetmair einmal genannt.

Das Geburtshaus von Magda Bittner-Simmet an der Haager Straße, früher Bäckerei Paukner, heute Kreitmaier. (Foto: Renate Schmidt )
Einblick in das Werk der Künstlerin gab 2016 eine Sonderausstellung im Museum Erding. (Foto: Renate Schmidt)

Ein Schicksalsschlag war der Tod ihres Mannes, der 1947 nach nur drei Monaten Ehe starb. Der Mediziner ist wohl durch die Einnahme von verunreinigtem Penicillin gestorben. Geheiratet hat die Künstlerin nicht mehr. Sie führte ein unabhängiges Leben, in Zeiten, in denen der Vater oder Ehemann noch über Geschäftsverträge von Frauen zu entscheiden hatten. Ein Erbe ihres Erdinger Onkels freilich erleichterte das Leben als freischaffende Künstlerin. Mit dem Geld baute sie ein Haus in Schwabing.

Drei Wohnungen vermietete sie, das Dachgeschoss baute sie zum Atelier um. In ihrem Testament vermachte sie der nach ihr benannten Stiftung ihren gesamten künstlerischen Nachlass sowie das von ihr 1972 erbaute Haus in München. In dem heutigen Künstlerhaus am Schwabinger Bach finden regelmäßig Lesungen und Vorträge statt.

In Erding wurde der 100. Geburtstag der Malerin mit einer Sonderausstellung gefeiert. Doch heute sei der Name Magda Bittner-Simmet nicht so präsent, sagt Doris Bauer. Ihre Bilder hängen aber auch hier, einige zum Beispiel in der VR Bank und auch im Museum Erding. Mit der Stadtführung will auch die Frau und Künstlerin wieder mehr ins Bewusstsein rücken. Immer wieder wird während des Rundgangs die Erdinger Schauspielerin Renate Eßbaumer – mit schwarzer Perücke – als „Magda“ zur Gruppe stoßen und aus ihrem Leben erzählen oder auch Frauen den einen oder anderen Ratschlag erteilen.

Im Museum Erding fand 2016 eine Sonderausstellung mit Werken von Magda Bittner-Simmet statt. (Foto: Renate Schmidt)
Sie sind von der Künstlerin begeistert: Stadtführerin Doris Bauer (links) und Renate Eßbaumer. (Foto: privat )

„Ehrlich gesagt, musste ich beim Namen von Magda Bittner-Simmet zunächst passen“, sagt Renate Eßbaumer. Doch ein Besuch im Atelier der Künstlerin änderte alles: Das lichtdurchflutete Atelier, „riesig groß, so schön!“, wirke so, als hätte die Malerin den Raum gerade verlassen. Im Münchner Archiv gibt es Briefe, Fotos und Originaldokumente, die vom Werk und Leben der Künstlerin erzählen. „Und eins ist klar: Diese Frau war eine echte Nummer, wahnsinnig selbstbewusst!“, schwärmt Renate Eßbaumer. Eine tolle Frau, die sich in der Männerwelt durchsetzen musste und konnte.

„Blitzgescheit war sie, eine elegante Erscheinung und eine tolle Malerin“, betont Eßbaumer. „Du bist so laut in der Farbe“, sei ihr vorgeworfen worden, das habe Magda Bittner-Simmet in einem ihrer archivierten Briefe geschrieben. Von dieser Kritik blieb die Künstlerin allerdings unbeeindruckt: Sie sei weder vorlaut noch brutal, „ich bin ein wenig frech und selbstbewusst“, konstatierte sie. Malen sei für sie „wie ein Singen und Komponieren mit Farbe“.

Ihr Adressbuch lese sich wie das Who’s who in Deutschland

Die gebürtige Erdingerin war in den Wirtschaftswunderjahren eine sehr gefragte Malerin, bestens vernetzt. Sie habe sehr gut verdient, habe viele bayerische Persönlichkeiten gemalt, „alles was Rang und Namen hatte, saß ihr Porträt“, weiß Doris Bauer. Ihr Adressbuch lese sich wie das Who’s who in Deutschland, fügt Renate Eßbaumer hinzu.

Erding blieb sie zeitlebens verbunden. Die Stadt diente immer wieder als Motiv und noch im höheren Alter soll sie sich von Bekannten im Sommer zum Baden an der Notzinger Weiher chauffieren haben lassen, so Doris Bauer. Begraben ist die Malerin am Erdinger Friedhof St. Paul.

Die Tour endet im Museum Erding. Dort hängen Werke der renommierten Künstlerin

Die Erlebnis-Stadtführung zu Magda Bittner-Simmet endet im Museum Erding, wo die Teilnehmer und Teilnehmerinnen Werke der Künstlerin persönlich in Augenschein nehmen können. Ein Gläschen Sekt wird auch serviert, verrät Doris Bauer, schließlich wusste die Künstlerin das Leben zu genießen, wobei sie Champagner bevorzugte

„Magda Bittner-Simmet – Eine Erdingerin geht ihren Weg“, Stadtführung mit Doris Bauer und Renate Eßbaumer, Samstag, 14. September, und Sonntag, 22. September, jeweils 14 Uhr. Tickets kosten 27 Euro und sind online unter www.tuermerin-doris.de erhältlich oder telefonisch unter 0171/3370065.

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