Wegen der Nähe zum Flughafen:Ersatzweise Abschiebeknast

Laut einem "Notfallplan" kann die JVA Erding umgewidmet werden

Von Florian Tempel, Erding

Von Erding aus ist es nicht weit zum Münchner Flughafen. Und es gibt ein Gefängnis in Erding. Beides zusammen prädestiniert die Kreisstadt offenbar als Standort für ein Abschiebegefängnis. So sieht es jedenfalls "eine Art Notfallplan" des bayerischen Justizministerium vor, wie ein Ministeriumssprecher bestätigte. Die bayerische Staatsregierung geht offensichtlich davon aus, dass die Zahl der Menschen, die in Abschiebehaft genommen werden, demnächst stark ansteigen könnte. Dann sollen die derzeitigen, normalen Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Erding binnen zwei Wochen in andere Gefängnisse verlegt werden, um Platz für Abschiebehäftlinge zu machen. Wenn das wirklich so kommt, würde Erding zu einer kompletten Asyldrehscheibe: Im Warteraum Asyl werden zuvor sorgsam ausgesuchte Flüchtlinge, die im Rahmen eines EU-Verteilungsplans aus Italien und Griechenland eingeflogen werden, offiziell in Deutschland aufgenommen. In Abschiebehaft kommen neben ausländischen Straftäter vor allem Menschen, deren Asylantrag abgelehnt worden ist, die daraufhin untergetaucht waren oder die im Verdacht stehen, untertauchen zu wollen.

In der JVA Erding verbüßen aktuell etwa 50 Männer eine Haftstrafe bis maximal zwei Jahre oder verbringen dort ihre Zeit als Untersuchungsgefangener bis zu ihrem Prozess. Menschen in Abschiebehaft dürfen nach mehreren Gerichtsurteilen nicht mehr wie früher in einer Haftanstalt eingesperrt werden, in der auch verurteilte Kriminelle oder Untersuchungshäftling sitzen. Aktuell ist das Gefängnis in Mühldorf mit seinen 82 Haftplätzen der einzige Abschiebeknast in Bayern. Derzeit warten dort 61 Gefangene auf ihre Abschiebung. Bis Juni soll die JVA Eichstätt zu einem reinen Abschiebegefängnis umgebaut sein und dann 99 Haftplätze bieten. Laut Auskunft des Justizministeriums werde die JVA Erding, wenn überhaupt, nur vorübergehend als Abschiebehaftanstalt "umgewidmet", falls in den kommenden Monaten bis zur Eröffnung des Abschiebeknasts in Eichstätt die Plätze in Mühldorf nicht ausreichen sollten.

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