Wartenberg:Letzte Rettungsanker Rücklagen und Kredite

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Mit 650.000 Euro Ausgaben und 250.000 Euro Einnahmen aus Zuschüssen steht der Neubau der Hartl-Brücke im Etat 2021. Im Juli soll sie fertig sein. (Foto: Stephan Görlich)

Die Marktgemeinde Wartenberg muss an die Reserven gehen und wird nicht nur in diesem Jahr mehr Schulden machen müssen, um wichtige Projekte stemmen zu können. Nicht begeistert ist man vom Vorschlag des Landratsamtes, die eigenen Grundstücke zu verkaufen

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

"Wir haben keinen guten Haushalt, aber so wie er jetzt steht, ist er genehmigungsfähig." Die Vorworte von Wartenbergs Bürgermeister Christian Pröbst (CSU) zum Etat für das bereits laufende Jahr 2021 konnte man durchaus als beschönigend bezeichnen. Erst nach einigen Gesprächen mit dem Landratsamt wurde ein Ergebnis erzielt, wie der Haushalt ausgeglichen werden kann: Ausnahmsweise darf die Marktgemeinde Geld vom Vermögens- in den Verwaltungshaushalt verschieben. Und muss zudem aus den Rücklagen 1,2 Millionen Euro entnehmen (Rest 600 000 Euro), sowie 2,2 Millionen an neuen Krediten aufnehmen, wie Kämmerin Tanja Göbl sagte.

Dass Wartenberg klamm ist, weiß man im Rathaus und im Gemeinderat schon länger. Die Einnahmen vor allem aus der Gewerbesteuer sprudeln bei weitem nicht so, wie in den reichen Kommunen Erding oder Oberding, gleichzeitig müssen einige Projekte umgesetzt werden, wie zum Beispiel die neue Hartl-Brücke derzeit, die demnächst fertig sein soll, wie Pröbst sagte. Zudem gab es durchaus umstrittene Projekte wie die Sanierung der alten Schule und der Neubau des Recyclinghofes. Und weitere teure Maßnahmen stehen an: nicht mehr warten kann die Sanierung des undichten Daches des Kinderhauses, das mit einer Plane provisorisch abgedeckt ist. Heuer werden 1,2 Millionen Euro fällig, weitere 1,1 Millionen kommendes Jahr. Und in ein paar Jahren, 2025/2026, steht der Schulneubau an. Geschätzte Kosten: 37 Millionen Euro.

Ein weiterer Grund für die finanzielle Misere in diesem Jahr liegt in der Berechnung von Zuschüssen und Umlagen. 2019 gab es eine außerordentliche Gewerbesteuerzahlung in Höhe von 3,2 Millionen Euro. Doch der Geldregen hatte zur Folge, dass die Gemeinde vom Freistaat heuer keine Schlüsselzuweisungen erhält, da diese sich immer nach der Haushaltssituation zwei Jahre zuvor richten. 2020 hatte Wartenberg noch mehr als 800 000 Euro erhalten. Und auch die Kreisumlage steigt deshalb. Die Gemeinde muss rund 1,2 Millionen Euro mehr an den Landkreis abführen als sonst: knapp 3,9 Millionen Euro.

Die Aussichten sind deshalb nicht rosig, wie Bürgermeister Pröbst skizzierte, auch wenn man nächstes Jahr wieder auf staatliche Zuschüsse hofft und weniger Kreisumlage. Im Verwaltungshaushalt sei man dann finanziell wieder stabil. "Aber alles, was wir im Vermögenshaushalt machen müssen, dafür haben wir kein Geld. Wir haben keine Rücklagen mehr. Egal was wir bauen, planen, wir müssen es finanzieren."

Eine Perspektive, die Michael Paulini (SPD) Sorgen bereitet. Derzeit sei man bei rund 7,8 Millionen Euro Schulden und am Ende der Wahlperiode 2026 bei 15 Millionen Euro. "Ich weißt nicht, wie wir dann aus der Spirale von Tilgungen und Zinsen rauskommen will. Da müssen wir uns was überlegen", sagte Paulini.

Das Landratsamt hat dazu schon eine Idee laut Bürgermeister Pröbst: die Kommune soll Grundstücke verkaufen. Doch davon ist man im Gemeinderat nicht begeistert - auch Pröbst: "Ich bin auch der Meinung, dass wir nicht alles verkaufen sollten, sondern dass wir auch Erbpacht machen". Das Landratsamt spreche sich aber dafür aus, nur maximal 25 Prozent der gemeindeeigenen Grundstücke auf Erbpacht zu vergeben, "aber das ist eine Entscheidung, die wir treffen müssen."

Ein Teil der Vorhaben will man über die Realisierung des neuen Gewerbegebiets einnehmen. Die erhofften Millionen sollen komplett für die Schule verwendet werden. Anfragen für das Gewerbegebiet habe man genügend: "Für mehr als 100 000 Quadratmeter, aber zu verkaufen haben wir 30 000." Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen haben für Pröbst Vorrang deshalb, um ein Projekt wie die neue Schule stemmen zu können.

Plakativ formulierte Josef Sedlmaier (CSU) seine Meinung: Da man keinen Drucker im Rathaus habe, der Geld drucken könne, dürfe man sich keine Illusionen machen und müsse Grundstücke verkaufen. Diese Meinung teilte Eduard Ertl (Neue Mitte) allerdings nur zum Teil: "Wenn wir jetzt unser Vermögen, die Grundstücke verkaufen, mit was wollen wir in der Zukunft wirtschaften?" Man dürfe "sein Gold" nicht wie vom Landratsamt empfohlen, "in Panik" verkaufen. Das sei "absolut der falsche Weg". Auch Michael Gruber (SPD) sprach sich dafür aus, nicht alles zu verkaufen, sondern von den Wertsteigerungen zu profitieren. Leider habe man in der Vergangenheit Verkäufen Priorität eingeräumt.

Dominik Rutz von den Grünen wies zudem darauf hin, dass es auch noch eine zweite Spirale gebe: Je mehr Baugebiete man ausweise, umso mehr Einwohner bekomme man, was wiederum bedeute, dass man "quer durch die Bank" in die Infrastruktur investieren müsse.

Um mehr Geld in die Kassen zu bekommen, hat der Gemeinderat in der gleichen Sitzung die Anhebung der Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer beschlossen. Sie liegen künftig auf Höhe des Landkreisdurchschnittes: die Anhebung auf 300 Punkte bei der Grundsteuer A, bei der Grundsteuer B auf 330 und der Gewerbesteuer auf 340 soll jährlichrund 94 000 Euro Mehreinnahmen erbringen.

© SZ vom 30.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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