Süddeutsche Zeitung

Wartenberg:Ein MVZ für Wartenberg

IWG-Analyse zur medizischen Versorgung im Markt wird im Gemeinderat stark kritisiert. SPD-Gemeinderat Michael Gruber plädiert dafür, sich beim Landkreis für ein Medizinisches Versorgungszentrum stark zu machen

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Die vom Markt Wartenberg in Auftrag gegebene Analyse zur medizischen Versorgung in der Gemeinde ist bei der öffentlichen Vorstellung im Gemeinderat erneut stark von den Grünen und der SPD kritisiert worden. Die 15 000 Euro dafür seien "rausgeschmissenes Geld", sagte Michael Gruber (SPD). Die zweite Analyse nach 2018 habe "wichtige Erkenntnisse" gebracht und "einiges bestätigt", fand indes die CSU. Einig war man sich, dass mittelfristig Handlungsbedarf bestehe, um die Zahl der Ärzte am Ort zu behalten, besser noch auszubauen. Gruber regte an, politischen Druck auszuüben, damit auch Wartenberg ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) erhalte, da der Landkreisnorden eine bessere Versorgung mit Ärzten benötige.

Insgesamt 120 Seiten umfasst die Versorgungsanalyse, die von der Gesellschaft IWG (Ideenwelt Gesundheitsmarkt) erstellt wurde. Die IWG versteht sich als Strategieberater bei der "Schaffung, Optimierung und dem Erhalt von Versorgungsstrukturen". Dabei wurde zunächst der Bestand an Ärzten und sonstiger medizinischer Einrichtungen am Markt erfasst. Die Situation vor Ort sei derzeit noch gut, sagte Sebastian Kierer von IWG in seiner Videopräsentation in einer Kurzfassung.

In den nächsten zehn Jahren stünde aber die Suche nach Nachfolgern von bestehenden Praxen an, was sowohl "personell als räumlich" eine große Herausforderung im ländlichen Raum sei, da die Konkurrenz unter den Kommunen groß sei. Deshalb sei es gut, wenn eine Gemeinde gute Argumente für eine Ansiedlung habe. Zum Beispiel in Form von konkreten Infrastrukturprojekten wie moderne Räumlichkeiten mit digitaler Ausstattung. Dies sei vor allem positiv, wenn man neue Ärzte an den Ort binden wolle. Nachgefragt seien in Wartenberg neben Hausärzten, Orthopäden, Kinderärzte und Gynäkologen - letztere vor allem von jungen Familien.

Handlungsempfehlungen, die für den SPD-Gemeinderat Gruber nichts Neues sind im Vergleich zur Analyse vor vier Jahren und die er nicht unkommentiert lassen wollte, nachdem Bürgermeister Christian Pröbst (CSU) nach Ende der Präsentation vorgeschlagen hatte, erst einmal "alles sacken zu lassen". Er werde im Februar im Arbeitskreis Gesundheit über Gespräche berichten, die er bis dahin zu dem Thema geführt haben werde.

Was von der IWG vorgeschlagen werde, folge deren Geschäftsmodell, sagte Gruber: Die IWG Ideenwelt Gesundheitsmarkt GmbH versteht sich als "Teil einer interdisziplinären Expertengruppe aus Projektentwicklern, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Architekten". Nach Grubers Meinung würde zu sehr ein Schwerpunkt auf Immobilienentwicklung liegen. Ansonsten sei man am gleichen Punkt wie vor vier Jahren. Dass man die ärztliche Situation am Markt verbessern müsse, sei selbstverständlich. Mittelfristig gehe dies seiner Meinung nicht ohne ein Medizinisches Versorgungszentrum, wie es sie in Dorfen und in Taufkirchen bereits gebe. Unabhängig davon, ob man Fachärzte vor Ort ansiedeln könne. Egal ob es in der VG vielleicht in Berglern oder Langenpreising steht.

"Wir brauchen im Norden des Landkreises ein MVZ, die medizinische Versorgung sehe ich als Aufgabe des Landkreises." Und in dem Punkt sei der Norden bisher stiefmütterlich behandelt worden. Der Zuzug zeige, dass das dringend notwendig ist, das müsse man Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) deutlich sagen. "Schließlich zahlen auch wir Kreisumlage und haben eine wachsende Bevölkerung." Es dürfe nicht sein, dass alle 26 Kreisgemeinden versuchen, sich gegenseitig Ärzte abzujagen. Man dürfe nicht "auf fünf Hochzeiten tanzen", sonst würde man zu hören bekommen, dass man erst klären soll, was man will. Bürgermeister Pröbst verteidigte die neue Analyse damit, dass 2018 das Projekt "eingeschlafen" sei. Der neue Prozess sei sehr gut in Gang gekommen. Ob die Lösung ein MVZ ist, ein Ärztehaus oder ein Investorenprogramm oder eine Mischung, dafür sei er offen.

Von der IWG-Präsentation zeigte sich Dominik Rutz (Grüne) "sehr enttäuscht". Er habe sich wesentlich konkrete Vorschläge vorgestellt. Was er gehört habe, seien "harmlose Empfehlungen" gewesen. Zudem habe man das Umfeld nicht mit einbezogen. Damit sei die neue Analyse umsonst gewesen, und er wisse nicht, ob man mit der IWG weiter zusammenarbeiten soll.

"Ohne eine neue Nachfrage wäre gar nichts voran gegangen", sagte Markus Straßberger (CSU). Das MVZ sei eine mögliche Alternative.

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SZ vom 26.11.2021
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