Vorwurf der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei:Filmreifes Autoklau-Netzwerk

Derzeit läuft am Landshuter Landgericht der Prozess gegen eine Gruppe, die in ganz Europa gestohlene, teure Autos weiter verkauft hat. Eine 38-Jährige aus Moosburg ist als "Strohfrau" mitangeklagt.

Von Alexander Kappen, Landshut/Moosburg

Wäre es die Handlung eines gängigen Gangsterfilms gewesen, hätte man wohl gesagt: Ganz spannend, aber an der einen oder anderen Stelle vielleicht ein bisschen dick aufgetragen. Allerdings handelte es sich bei dem, was zum Prozessauftakt am Montag im Landshuter Landgericht verlesen wurde, um eine reale Anklageschrift - und die hatte es in sich. Den vier Angeklagten, zwei Männern und zwei Frauen, wird gewerbsmäßige Bandenhehlerei vorgeworfen. Sie sollen in den Jahren 2015 und 2016 eine Vielzahl von hochwertigen, gestohlenen Fahrzeugen erworben, zumeist auf andere Fahrzeugidentifikationsnummern "umfrisiert" und mit verfälschten oder total gefälschten Fahrzeugpapieren weiterverkauft haben. Auf der Anklagebank sitzt auch eine 38-jährige Moosburgerin.

Laut Anklage hatten sich die Beschuldigten, die am ersten Verhandlungstag über ihre Verteidiger Geständnisse ablegten, zu einer "hoch organisierten und arbeitsteilig agierenden Gruppierung" zusammengetan. Die Gruppe erhielt die Fahrzeuge "von einem international, vor allem in Frankreich agierenden Netzwerk, dessen Mitglieder die Fahrzeuge europaweit durch Diebstahl oder Unterschlagung beschafften und einen Teil der so erlangten Fahrzeuge nach Deutschland weitervermittelten", heißt es in der Anklageschrift. Ein anderer Beschuldigter, gegen den in Frankreich ein gesondertes Verfahren läuft, soll als Verbindungsmann zwischen den vier Angeklagten und dem Netzwerk fungiert haben.

Die angeklagte Vierer-Bande habe die Fahrzeuge teilweise nur auf Kommission angekauft und teilweise zusammen mit dem Verbindungsmann dem französischen Netzwerk direkt abgekauft. Die genannten Fahrzeuge sollen die Angeklagten gemäß Absprache meist unter Vorlage gefälschter Zulassungspapiere und Kaufverträge dann in Deutschland zugelassen haben, "da eine ordnungsgemäße deutsche Zulassung mit entsprechenden Fahrzeugdokumenten für den späteren betrügerischen Weiterverkauf benötigt wurde".

Die vier Angeklagten sollen die Aufgaben klar untereinander aufgeteilt haben. Ein 45-jähriger Mann aus Landshut, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt, gilt als "Kopf der Gruppierung". Er organisierte demnach die Ware und verhandelte mit dem Verbindungsmann, welche Fahrzeuge aus Frankreich herangeschafft werden sollten. "Er bestimmte allein über die Beschaffung, die deutsche Zulassung und den Weiterverkauf" der Fahrzeuge, so die Anklage: "Die weiteren Angeschuldigten handelten auf seine Weisung." Ein 50-Jähriger aus Mainburg - er sitzt ebenfalls in Untersuchungshaft - soll hauptsächlich für den Transport der Fahrzeuge verantwortlich gewesen sein. Eine 41-jährige Dachauerin sowie die Angeklagte aus Moosburg sollen als "Strohfrauen" agiert haben. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft ließen sie einen Großteil der Fahrzeuge in Deutschland auf sich zu, um deren tatsächliche Herkunft und Identität zu verschleiern "und um mit dem Anschein einer ordnungsgemäßen deutschen Zulassung den Grundstein für einen späteren betrügerischen Weiterverkauf zu legen". So ging die 38-Jährige laut Anklage im Februar 2016 zur Zulassungsstelle in Moosburg und ließ zwei Geländewagen zu, für die sie gefälschte niederländische Vorzulassungen vorlegte sowie Scheinkaufverträge, wonach sie die Fahrzeuge für 28 000 beziehungsweise 22 500 Euro im niederländischen Utrecht erworben habe.

Die Verhandlung am Landshuter Landgericht wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.

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