Vorgetäuschte Straftat:Räuberpistole vor Gericht

Junger Mann erfindet Überfall auf sich selbst

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Es war eine Geschichte wie aus einem mäßig originellen Vorabendkrimi, die ein junger Mann bei der Polizei zum Besten gab. Er sei von vier Männern, vermutlich Russen, auf offener Straße überfallen und verprügelt worden. Die Räuber hätten Geld gefordert und ihn mit einem gefährlich aussehenden Messer bedroht. Doch wie die Polizei herausfand, hatte die Räuberpistole des jungen Mannes wie viele Krimidrehbücher auch nichts mit der Realität zu tun. Darum musste sich der 28-Jährige wegen Vortäuschens einer Straftat vor dem Amtsgericht Ebersberg verantworten.

Dies war allerdings nicht das einzige, was ihm die Staatsanwaltschaft zur Last legte. Außerdem soll er sich von einer Bekannten 800 Euro geliehen haben, mit dem Versprechen, die Summe innerhalb von Tagen zurückzuzahlen - was er seit zwei Jahren aber nicht getan habe. Ebenfalls vorgeworfen wurde ihm, im Internet ein Smartphone zum Kauf angeboten, das Geld erhalten, die Ware aber nie geliefert zu haben. Zu guter Letzt standen auch noch diverse Schwarzfahrten mit der S-Bahn im Raum.

Besonders erpicht darauf, sich den Vorwürfen zu stellen, schien der junge Mann nicht zu sein. Zu einem vorangegangenen Termin war er nicht erschienen, weshalb er die Tage vor der Verhandlung im Gefängnis verbringen musste. Vor Gericht räumte er die Vorwürfe teilweise ein, zumindest sei die Geschichte mit dem Überfall "nicht ganz so" gewesen, wie er sie erzählt hatte.

Den Überfall selbst, so der Angeklagte, habe es aber doch irgendwie gegeben, nur waren daran keine russischen Schläger, sondern "alte Bekannte" beteiligt, denen er Geld schuldet. Wobei, so richtig bekannt sei er mit diesen dann doch nicht, er kenne sie eher über einen weiteren Bekannten, mit dem er aber derzeit kaum noch Kontakt habe. Auf jeden Fall hätten ihm diese Bekannten des Bekannten beim Weggehen Geld geliehen - genau 340 Euro, wie sich der Angeklagte erinnern wollte - was er aber nicht habe zurückzahlen können. Eines Tages seien die Gläubiger "zu dritt oder zu viert", genauer wisse er es nicht mehr, vor seiner Tür gestanden und hätten das Geld gefordert. Als er erklärt habe, er hätte keines, sei er angeschrien, geschubst und auch geschlagen worden. Danach habe er von den Männern nie wieder etwas gehört.

Zumindest, dass jemand den Angeklagten geschlagen hat, scheint festzustehen. Ein Attest aus der Kreisklinik listet diverse Prellungen an Kopf und Brust auf. Den Rest der Geschichte könne man glauben oder auch nicht, befand Richterin Vera Hörauf. Aber es sei schon merkwürdig, dass der Angeklagte seine angeblichen Gläubiger nie wieder gesehen haben will. "Das sind eben keine professionellen Geldeintreiber", sagte er. Noch merkwürdiger sei aber, so die Richterin, warum er diese Geschichte nicht gleich bei der Polizei erzählt habe. Dies konnte der Angeklagte nicht erklären.

Letztlich spiele es ohnehin keine Rolle, ob die neue Geschichte des Angeklagten nun der Wahrheit entspreche, so die Richterin. Schließlich habe er bei der Polizei falsche Angaben gemacht und so "einen erheblichen Ermittlungsaufwand in die falsche Richtung ausgelöst", was auf jeden Fall strafbar sei. Allerdings könne man die Einlassung des Angeklagten als Geständnis werten. Ein solches legte er auch im Fall des nie zurückgezahlten Geldes ab. Dieses habe er dringend gebraucht, da er sonst ins Gefängnis gemusst hätte, so der Angeklagte. Weil er damals seinen Job verloren habe, konnte er die Schulden nicht zahlen. Er beteuerte aber, dass er dies nun so schnell wie möglich tun wolle, inzwischen habe er auch wieder eine Arbeit.

Lediglich den Betrug im Internet stritt der 28-Jährige komplett ab. Weder sei das entsprechende Konto seines, noch habe er je die angegebene E-Mail-Adresse besessen oder benutzt. Und auch die 60 Euro Gebühr für Schwarzfahren habe er längst überwiesen. Trotzdem sei Schwarzfahren strafbar, belehrte ihn die Staatsanwältin, regte aber an, diesen Vorwurf und den des Internetbetruges fallen zu lassen, die erwartbare Strafe würde nicht groß ins Gewicht fallen.

Letztlich erhielt der Angeklagte eine Strafe von 140 Tagessätzen zu je 40 Euro, also 5600 Euro, sowie Pfändung der 800 Euro Schulden, sollte er nicht vorher freiwillig zahlen. Die Höhe der Strafe sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der 28-Jährige bereits wegen Diebstahls und Betruges vorbestraft sei, befand das Gericht.

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