Von wegen Erholung:Steinige Waldwege

Frischer Kies im Ebersberger Forst macht Radeln zur Herausforderung

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Herrschaftszeiten, hat sich Christine Wimmer gedacht. Am Sonntag vor einer Woche war sie mit dem Radl im Ebersberger Forst unterwegs, zwischen Pöring und Sankt Hubertus, wie sonst auch, wenn das Wetter einen geradezu einlädt. Und dann das: Wo man sonst bequem durch den Wald radeln konnte, ist plötzlich zentimeterdick Kies aufgeschüttet. "Gestandene Mannsbilder haben ihre Radeln geschoben", sagt die 73-Jährige. "Und einige Kinder habe ich mit ihren Rädern am Boden liegen sehen." Ihre Enkelin habe zwar stellenweise fahren können, so Wimmer: "Aber nur, weil sie ein Mountainbike mit breiten Reifen hat."

Was Christine Wimmer der SZ am Sonntag erzählt, hat sie drei Tage zuvor bereits in einer wütenden E-Mail an das Forstamt erklärt. Heinz Utschig, Leiter des zuständigen Betriebs in Wasserburg, hat bis zum Wochenende knapp ein Dutzend solcher Zuschriften erhalten. Utschig ist der Chef im Ebersberger Forst, er hat seine Förster kürzlich damit beauftragt, 35 Kilometer Forststraßen mit Splitt aufzuschütten. Die Strecken sind für Radler ausgeschrieben. "Es geht uns aber auch darum, dass die Straßen erhalten bleiben", sagt Utschig.

Viel Dank hat der Forstamtsleiter bisher nicht erfahren, wohl auch, weil die Wege in Radkarten für Familien empfohlen sind: Die Reaktionen sind eindeutig: "Saugefährlich", schreibt ein Mann aus Baldham. "Das Ganze kann man derzeit nur als Parkour zum Fitnesstraining für Mountainbiker bezeichnen", schreibt Achim Dallmann vom Vaterstettener Arbeitskreis Verkehr. Eine Poingerin befürchtet, dass es drei Jahre dauert, ehe sich der Kies eingetreten hat. Sie erwarte "eine konstruktive Antwort und möglichst baldige Abhilfe".

Freitagnachmittag, die Sonne brennt herunter, ein Kiesweg mitten im Ebersberger Forst. Heinz Utschig hat sich zuletzt einiges anhören dürfen, jetzt will der Chef im Forst erklären, was es mit der Kies-Aktion auf sich hat. "Gerade ist es wirklich extrem schwierig auf einigen Straßen", sagt Utschig. Er könne den Ärger der Radfahrer verstehen, sagt er, aber es helfe halt auch nichts. "Die Wege gehen kaputt, deswegen muss man sie alle paar Jahre ausbessern."

Im Ebersberger Forst läuft das so: Von den 210 Kilometern an Forststraßen durch den Wald werden 150 regelmäßig gepflegt. Das heißt, dass die Förster dort fünf Mal im Jahr Kies vom Wegrand zurück in die Mitte schieben. Entscheidend für den aktuellen Zwist: "Durch die Autos und Radfahrer verschwindet trotz all dem immer ein Teil der Kiesdecke im Graben", sagt Utschig, dazu entstehen mit der Zeit Schlaglöcher. Alle fünf bis sechs Jahre wird ein Teil der Wege runderneuert, indem neuer Kies draufkommt. Und dieses Jahr war die Strecke im süd-westlichen Teil dran.

Utschig kniet mit zwei Kollegen am Wegrand, die Splittschicht ist hier knapp zwei Zentimeter dick, so wie an den meisten erneuerten Wegen. Beim Auftragen rinnt der Kies aus der Lade eines Lasters durch einen kleinen Schlitz. "Wenn der Fahrer bremsen muss oder über eine Kreuzung fährt, dann kann es auch mal passieren, dass die Kiesschicht dicker wird, als wir es wollen", sagt Utschig. Klar, dass sich da wer aufregt, bei tausend Spaziergängern, 800 Joggern und bis zu 2000 Radlern, die sich an einem guten Tag im Naherholungsgebiet Ebersberger Forst bewegen.

Es gibt Schlimmeres, als sich über Kieselsteine zu ärgern. Aber der verflixte Reifen bleibt halt trotzdem dauernd stecken. In den Briefen sieht es fast so aus, als habe sich der halbe Radler-Landkreis gegen den Forstchef verschworen. Drei Jahre soll das noch so gehen, wie es in einer E-Mail stand? Utschig sagt, vielleicht noch zwei drei Wochen, dann könne man wieder bequem radeln.

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