Ein Kommentar zu einem Post auf der Facebook-Seite des Erdinger AfD-Kreisvorsitzenden Wolfgang Kellermann am 13. Januar 2022 ist einem 45-jährigen Angeklagten teuer gekommen. Er hatte in einer Antwort auf den Satz, ob man die Ungeimpften nicht vergessen habe zu erwähnen, wenn es um die Schuldigen der hohen Corona-Infektionszahlen in Erding geht, geschrieben: "Irgendeine Schwachmaten Vereinigung kommt bestimmt darauf und ihr bekommt statt einem Stern ein Virussymbol angenäht." Mit dem Stern, so die Staatsanwaltschaft, sei der sogenannte Judenstern in der NS-Zeit gemeint. Ihn gleichzusetzen mit der Impf-Diskussion, verharmlose die "mörderische Judenverfolgung". Der Beitrag sei geeignet gewesen, das "psychische Klima in der Gesellschaft aufzuheizen". Dies erfülle den Tatbestand der Volksverhetzung. Und dafür wurde der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt.
Der Anwalt des Angeklagten sieht die Aussage durch Artikel 5 des Grundgesetzes abgedeckt
Sein Anwalt, der ihn bei der Verhandlung vor Gericht vertrat, sah diesen Satz mit Artikel 5 des Grundgesetzes, dass jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern, abgedeckt. Sein Mandant sei mit seinem Kommentar überhaupt nicht auf die Idee gekommen, geschweige denn, dass es seine Absicht war, die Judenverfolgung in der NS-Zeit zu verharmlosen. Er sei selber sei körperbehindert und habe nur auf die absurde Online-Diskussion hinweisen wollen. Das zeige auch das Wort "Schwachmaten Vereinigung". Er habe in seinem Post auch kein Symbol aus der NS-Zeit verwendet. Er habe nur seine Meinung zu den anderen Kommentaren geäußert. Und dies sei eindeutig durch das Grundgesetz abgedeckt.
Das Problem sei, so die Staatsanwältin, dass der Kommentar des Angeklagten auf einem für Facebook-Nutzer frei zugänglichen und frei einsehbaren Facebook-Profil geäußert wurde. Bei der online geführten Diskussion war es um die zum Tatzeitpunkt vorherrschende Einordnung der Stadt Erding als sogenannter Corona-Hotspot gegangen. Der Verfasser, Wolfgang Kellermann, habe sich "in verächtlicher und humoristischer Weise", so die Staatsanwaltschaft, darüber geäußert, dass die sogenannten Montagsspaziergänger wohl Kritiker der staatlichen Corona-Maßnahmen oder die AfD schuld an den hohen Infektionszahlen seien.
Volksverhetzung sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor
Für die Staatsanwältin brachte der Kommentar des Angeklagten zum Ausdruck, "dass die Impfung gegen Covid-19 als ein Akt staatlicher Gewalt und Willkür einzustufen und gleichzusetzen sei mit der mörderischen staatlichen Gewalt- und Willkürmaßnahmen zur Zeit des Nationalsozialismus gegenüber den Juden". Durch die Gleichsetzung der damaligen Ausgrenzung und Ermordung von Millionen von Juden mit der zeitgeschichtlichen Diskussion um die Impfkampagne habe der Angeklagte "bewusst die systematische und mörderische Judenverfolgung" verharmlost. Und billigend in Kauf genommen, dadurch "das psychische Klima in der Gesellschaft aufzuhetzen, das Vertrauen, insbesondere der jüdischen Bevölkerung Deutschlands, in der Rechtssicherheit zu erschüttern". Und dies erfülle den Straftatbestand der Volksverhetzung nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuches. Der sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor.
Da er nicht bestritten hatte, den Kommentar geschrieben zu haben, und auch nicht vorbestraft war, forderte die Staatsanwältin eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 Euro. Der Anwalt des Angeklagten sah indes den Satz mit Artikel 5 des Grundgesetzes abgedeckt und forderte Freispruch. Amtsrichterin Michaela Wawerla war jedoch der Meinung der Staatsanwältin. Auch die Meinungsfreiheit habe Grenzen, wie höchstrichterlich bestätigt worden sei. Vor allem, wenn es um die Störung des öffentlichen Friedens gehe. Und die Gleichsetzung mit dem sogenannten Judenstern, der Verfolg der Juden in der NS-Zeit, seit falsch und nicht mehr durch die Meinungsfreiheit gedeckt.