Verstöße könnten mit bis zu 50000 Euro geahndet werden:Erding nähert sich einer Baumschutzverordnung

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Eingriff in die Eigentumsrechte: Rainer Mehringer steht der geplanten Baumschutzverordnung kritisch gegenüber. (Foto: Peter Bauersachs)

Dem ersten Entwurf stehen die Stadträte kritisch gegenüber. Jetzt beraten die Fraktionen

Von Antonia Steiger, Erding

Wenn ein Baumstamm einen Umfang von 80 Zentimeter hat, darf er nicht mehr gefällt werden. Auch nicht vom Besitzer des Grundes, auf dem er steht. So oder so ähnlich könnte der wichtigste Passus einer Baumschutzverordnung lauten, wie sie dem Erdinger Stadtrat vielleicht zum Beschluss vorgelegt wird. Am Donnerstag stellte die Stadtverwaltung den Stadträten im Verwaltungs- und Finanzausschuss einen Entwurf vor - und es war schnell absehbar, dass die Politiker allerhand Bedenken tragen. Nun sollen die Fraktionen in Ruhe beraten. Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) betonte mehrmals, er wolle unaufgeregt über dieses Thema sprechen, Wann darüber entschieden wird, ist unklar.

Die Entrüstung war groß, als ein Grundstück an der Haager Straße in unmittelbarer Nachbarschaft der Fischers Wohltätigkeitsstiftung von einem Tag auf den anderen kahl rasiert war. Gotz hatte sich mehrfach sehr kritisch dazu geäußert und beklagt, dass die Stadt bereits in Gesprächen mit den Grundeigentümer war. Es ging um Baurecht und darum, wie ein Teil des Baumbestandes erhalten werden kann. Das war ein letzter Anstoß, um sich dem Thema Baumschutzverordnung ernsthaft zu widmen - nachdem sich die Stadtpolitik jahrzehntelang immer nur sporadisch damit befasst hatte, wie CSU-Sprecher Jakob Mittermeier mit Blick auf seine jahrzehntelange Erfahrung in der Stadtpolitik sagte. Es seien zu viele Bäume gefällt worden, sagte Gotz und erinnerte an ein nun kahles Grundstück an der Dr. Henkel-Straße. Und stets, wenn irgendwo eine Kettensäge angeschmissen werde, gebe es Nachbarn, die sich besorgt melden würden und forderten, dass dieses Treiben gestoppt werde. Gotz wies auch darauf hin, dass Erding einen überdurchschnittlich hohen Grünanteil habe. Ob die Baumschutzverordnung tatsächlich eine Mehrheit findet, ist jedoch fraglich: Die Stadträte fanden beim ersten Brainstorming zahlreiche Argumente gegen eine solche Verordnung. Rainer Mehringer (FW), Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung, sagte, dass die Verordnung "massiv " in die Eigentumsrechte Einzelner eingreife, wenn diese den Baum auf ihrem Grund nicht fällen dürften, wann sie dies wollten. Und er sah eine Gefahr am Horizont heraufzuziehen: dass überall die Kettensägen rasseln, weil jeder die Bäume fällt, bevor sie einen Umfang von 80 Zentimetern erreichen. Dass der Erlass der neuen Verordnung einen großen Aufwand mit sich brächte, befürchtete Mittermeier. Damit sei es ja nicht getan, fügte Gotz an. Man müsse dies dann auch begleiten, sprich überwachen. Viel Ärger unter Nachbarn, Denunziation und eine Verwaltung, die mittendrin stecke, fürchtet Hans Balbach (Erding Jetzt).

Auch die Bereitschaft von Privatleuten, im eigenen Garten einen hochwachsenden Baum anzupflanzen, könnte nachlassen, fürchte Josef Biller (CSU). Josef Hochholzer (FW) kannte einen Fall, in dem die gesamte Nachbarschaft froh war, dass eine Fichte gefällt worden sei. Dass der Besitzer dann noch eine Strafe hätte zahlen müssen, erschien ihm abwegig.

Wie der Geschäftsstellenleiter im Rathaus, Reinhard Böhm, erläuterte, kann auch ein anderer Umfang festgelegt werden, von dem an Bäume nicht mehr gefällt werden dürfen. Er führte aus, dass die Baumschutzverordnung nur "im Zusammenhang bebaute Ortsteile" gelte. In vielen Bebauungsplänen seien die erhaltenswerten Bäume ohnehin festgeschrieben, fügte Andreas Erhardt an, der Leiter der Rechtsabteilung, Es gibt aber auch Einschränkungen für diese Verordnungen. So sei es durchaus möglich, dass ein Grundbesitzer darauf bestehen kann, einen Baum umlegen zu dürfen, wenn er andernfalls seinen Grund nicht bebauen kann. In diesem Falle würde man den Versuch unternehmen, das Baugesuch und den Erhalt des Baumes gleichzeitig zu verwirklichen.

Wer gegen die Verordnung verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Er muss mit einer Strafe von bis zu 50 000 Euro rechnen. Dass man damit einen Investor nicht schrecken könne, darauf wies Josef Hochholzer (FW) hin. Er und die anderen Stadträte erfuhren bei dieser Gelegenheit, dass aber bis zu 50 000 Euro pro Baum fällig werden könnten.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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