Verhandlung vor dem Amtsgericht:Sichtlich unwohl

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Geldstrafe für jungen Exhibitionisten vom Erdinger Stadtpark

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Noch über die Forderung der Staatsanwältin ist Amtsrichter Michael Lefkaditis im Falle eines Exhibitionisten im Erdinger Stadtpark gegangen. "Die unangenehme und belastende Erfahrung für die beiden Damen muss auch in der Geldstrafe zum Ausdruck kommen", sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung und verhängte gegen den 20-jährigen Angeklagten 60 statt der geforderten 40 Tagessätze von je 20 Euro. Zudem ermahnte er den jungen Mann, der bei seiner Tat noch 19 Jahre alt war, aber nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wurde: "Bei einem weiterem Vorfall kann auch eine Freiheitsstrafe im Raum stehen."

Der Vorfall hatte sich im Oktober 2016 abgespielt. Laut Zeugenaussagen soll der Angeklagte im Erdinger Stadtpark gegen 14:45 Uhr nur fünf Meter entfernt von einer Frau deutlich sichtbar sexuell erregt gewesen sein und onaniert haben, und damit die Frau sexuell bedrängt haben und sie der Staatsanwältin zufolge durch sein Verhalten auch gedemütigt haben.

Zunächst versuchte sich der 20-Jährige mit leiser Stimme noch heraus zu reden. Er habe nach der Schule auf den Bus gewartet und weil er Zeit hatte, sei er in den Stadtpark gegangen. Dort habe er urinieren müssen, aber keinesfalls "schlechte Absichten" gehegt. Dafür, dass man ihn dabei gesehen habe, schäme er sich sehr.

Richter Michael Lefkaditis hielt ihm aber vor, dass es zwei Zeugen dafür gebe, dass es anders gewesen sei. Zudem habe die Polizei in seiner Unterhose Sperma gefunden. "Soll ich wirklich die beiden Damen hereinbitten und sie befragen", fragte er den Angeklagten. Sichtlich unwohl räumte der 20-Jährige daraufhin ein, dass er damals "einen Fehler"gemacht habe. Auf Nachfrage des Richters gestand er dann die Selbstbefriedigung ein. "Ich wollte aber keine der Damen belästigen", sagt er. Das wertete Lefkaditis als volles Geständnis und er legte es dem Angeklagten positiv bei der Urteilsfindung aus. "Sie ersparen den Zeuginnen eine Aussage, die sie eh sehr ungern gemacht hätten."

Die Jugendgerichtshilfe bescheinigte dem jungen Mann, dass er für sein Alter "erstaunlich selbständig" sei. Er gehe an drei Tagen in die Berufsschule und verdiene als Lagerarbeiter zurzeit monatlich rund 800 Euro. Er regle sein Leben selbständig und schicke auch Geld nach Hause. Auch habe er konkrete Vorstellungen, was er später einmal machen will: Medizin oder "etwas mit IT studieren". Es gibt nach Ansicht der Jugendgerichtshilfe damit keinen Grund, noch das Jugendstrafrecht anzuwenden, was bis zum 21. Lebensjahr möglich ist.

Auch die Staatsanwältin sah keinen Grund, ihn nicht als Erwachsenen zu sehen. Positiv wertete sie neben dem - wenn auch spätem - Geständnis, dass der 20-Jährige bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist.

In seinem Schlusswort sagte der Angeklagte, dass er "kein schlechter Junge" sei und so etwas noch nie zuvor gemacht habe. "Ich möchte mich entschuldigen und bitte um Vergebung."

© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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