Verhandlung am Amtsgericht:Wahrnehmungssache

Nötigung im Straßenverkehr endet mit Verfahrenseinstellung

Streitigkeiten im Straßenverkehr gehören für Richter oft zu den schwierigsten Fällen bei der Rechtssprechung. Zumal wenn es nur Zeugen gibt, die entweder der Partei des Geschädigten angehören oder der des Angeklagten, und Aussage gegen Aussage steht. Zwar machte es der Angeklagte am Freitag Amtsrichter Björn Schindler einfach, da er die Nötigung einräumte, aber warum es dazu gekommen ist, dass der Quadfahrer einen Autofahrer gezwungen hatte, abrupt auf Null abzubremsen und ihm dann auch noch den gestreckten Mittelfinger zeigte, blieb offen. Das Verfahren wurde letztlich gegen die Zahlung einer Geldauflage von 1400 Euro an die Luftrettung eingestellt.

Der Vorfall hatte sich bereits vor rund neun Monaten bei Oberding nahe dem Flughafen ereignet. Laut Staatsanwaltschaft war der 35-jährige Angeklagte als dritter Fahrer einer Kolonne von Quads in Richtung Flughafen unterwegs gewesen, als vor ihm ein Auto von einer Beschleunigungsspur einfädelte. Er hab das Auto überholt, und als dessen Fahrer gehupt hat, eine Vollbremsung eingeleitet und ihm dann, als alle gestanden seien, dem ausgestreckten Mittelfinger gezeigt. Das sei neben der Beleidigung ein klarer Fall von Nötigung.

Der Angeklagte räumte zwar ein, dass er das tatsächlich so gemacht habe, aber der Vorfall habe seinen Grund gehabt. Der Autofahrer sei nämlich ohne zu blinken einfach von der Einfahrt auf die vorfahrtsberechtigte Straße eingefahren. Der zweite Quadfahrer der Kolonne hätte nur deshalb einen Zusammenstoß vermeiden können, weil er das Fahrzeug nach links auf die Gegenfahrbahn über die durchgezogene Mittellinie gezogen und Gas gegeben habe, um vorbei zu kommen. Auf dem Quad: sein Sohn.

Auf die Frage des Amtsrichters, ob er das Gefühl gehabt habe, dass es ohne das Manöver zum Zusammenstoß gekommen wäre, sagte der 35-Jährige: "Ja, entweder hat der Autofahrer das Quad einfach übersehen, weil er nicht über die Schulter geblickt hat, oder er dachte sich, der wird schon bremsen." Jedenfalls sei die Kolonne der fünf Quads nur mit einem Abstand von rund 20 Meter mit Tempo 70 bis 80 unterwegs gewesen, als der Vorfall sich ereignete. Der Quadfahrer hinter dem Auto habe dann ebenfalls überholt, weil der Sicherheitsabstand durch den Einfahrenden einfach zu klein wurde. Er sei wohl dann ziemlich sauer gewesen, weil der Autofahrer das Leben seines Sohn in Gefahr gebracht habe. Und das habe sich in der Aktion widergespiegelt. Im übrigen habe ihm die Beifahrerin im Auto ebenfalls den Mittelfinger gezeigt.

Letzteres stritt die Beifahrerin, die 21-jährige Freundin des Autofahrers ab. Sie habe nur die Arme in die Höhe geworfen, um sich bei der erzwungenen Vollbremsung Halt zu suchen. Ansonsten deckte sich ihre Version weitestgehend mit der des Autofahrers, einem 28-jährigen Polizeibeamten. Man habe an dem Sonntag zum Einkaufen an den Flughafen fahren wollen. Ihr Freund habe nach dem zweiten Quad in den fließenden Verkehr eingefädelt und der 28-Jährige beteuerte geblinkt zu haben und über die Schulter geschaut zu haben. Er gab aber auch zu: "Der Abstand der Quads betrug rund zehn bis zwanzig Meter. Es war schwer da rein zu kommen." Eine Gefährdung habe es aber nicht gegeben. Jedenfalls sei dann plötzlich ein Quad links an ihnen vorbeigeschossen und musste wohl wegen Gegenverkehr wieder einscheren. So knapp, dass er stark bremsen musste und deshalb die Hupe gedrückt habe, worauf es zu der Nötigung kam.

Da die nachfolgende Quadfahrerin, die Frau des Angeklagten, wiederum seine Version schilderte, kamen Staatsanwalt, Richter und Verteidiger überein, das Verfahren einzustellen.

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