Verhandlung am Amtsgericht Erding:Vom Traum zum Albtraum

Nach dem Kauf eines 28 Jahre alten Cabrios stellt sich heraus, dass das Auto 242 000 Kilometer auf dem Buckel hat, statt 74 000 Kilometer, wie auf dem Tacho steht. Unklar ist am Amtsgericht derzeit noch, wer vom Betrug wusste

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Es war ein Traum, den sich ein Langenpreisinger schon lange erfüllen wollte: ein BMW 325 Cabrio zu besitzen. Als er im Internet bei einem Händler ein derartiges Fahrzeug sah, fuhr er mit seiner Frau zum Händler, sah sich das Auto an und man wurde handelseinig, obwohl der Händler das Auto plötzlich nur noch privat verkaufen wollte, da es sich um sein eigenes Fahrzeug handle. "Ich war geblendet von dem Auto, da es das war, das ich schon immer wollte", sagte der Langenpreisinger jetzt vor dem Erdinger Amtsgericht, denn der Kauf entwickelte sich zum Albtraum für den Käufer, da sich wenig später herausstellte, dass das Cabrio schon 242 388 Kilometer auf dem Buckel hatte und nicht nur 74 000 wie auf dem Tacho stand. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass der Händler dies wusste und sich damit des Betrugs schuldig gemacht habe.

Das beim Kauf 28 Jahre alte Fahrzeug hat preislich schon eine längere Achterbahnfahrt hinter sich. Der Händler hatte es für 27 000 Euro an den Langenpreisinger verkauft. Nach der Erstzulassung am 1. Mai 1989 hatte es fünf Besitzer. Relevant wurden für die Beweisaufnahme die zwei Besitzer vor dem Händler. Der Besitzer bis 2008 hatte es damals für 2600 Euro gekauft. Nach einem Unfall hatte es einen Totalschaden und es wurde an eine Werkstatt verkauft. Für den Restwert von 850 Euro. Was diese Werkstatt an dem Fahrzeug dann machte, ist bisher unbekannt. Auch zu welchem Preis es anschließend an ein älteres Ehepaar verkauft wurde, da diese alle Unterlagen zu dem Auto weggeworfen haben. 2010 wurde es dann auf den Namen des Händlers zugelassen. Für welchen Preis er es kaufte und wie lange es zuvor zum Verkauf auf dem Parkplatz eines Autohauses stand ist ebenso unbekannt, da der Geschäftsführer des Autohauses nicht den Verkauf abgewickelt, sondern nur den Abstellplatz zur Verfügung gestellt hatte. An den Käufer konnte er sich auch nicht mehr erinnern. Es habe sich um einen "Türken" gehandelt. Den Angeklagten, der im Irak geboren wurde, identifizierte er nicht.

Dass mit dem Cabrio was nicht stimmt, ist dem Umstand geschuldet, dass der Händler dem Ehepaar zugesagt hatte, fehlende Unterlagen zu schicken. Was aber nicht passierte. Der Langenpreisinger ermittelte daraufhin die zwei Vorbesitzer vor dem Händler. Die Namen standen im Fahrzeugbrief. Schnell stellte sich heraus, dass das Auto schon bei ihnen beiden mehr als 200 000 Kilometer auf dem Tacho hatte. Und Unfallschäden. Deshalb ging der Langenpreisinger zur Polizei und erstatte Anzeige.

Der Verteidiger des Händler argumentiert, dass sein Mandant selber von der Manipulation des Tachos nichts gewusste habe. Die müsse vorher passiert sein. Außerdem habe es sich um einen Privatverkauf gehandelt, bei dem vertraglich der Ausschluss der Gewährleistung festgehalten worden sei. Im Kaufvertrag stehe "lt Tacho 74 000 km". Und das sei ja auch nicht falsch aus Sicht seines Mandanten. Von einer Gesamtfahrleistung sei nie die Rede gewesen.

Der beauftragte Sachverständige konnte wenig dazu beitragen, welchen Wert das Cabrio derzeit tatsächlich hat. Sein Auftrag hatte nur darin bestanden, den Preisunterschied zwischen einem 28 Jahre alten BMW 325i mit 74 000 und einem mit 242 000 Kilometer zu ermitteln, was er durch den deutschlandweiten Vergleich von Angeboten im Internet machte. Sein Ergebnis: mit den Mehrkilometern hätte das Auto mindestens 7000 Euro billiger sein müssen. Die Preisermittlung bei Oldtimern, das ein Auto nach 30 Jahren ist, sei sehr schwierig und hänge vom Angebot und der Nachfrage ab und manchmal würden einfach Liebhaberpreise gezahlt, wenn man ein seltenes Auto unbedingt haben wolle. Der gezahlte Preis von 27 000 Euro sei völlig im Rahmen, wenn das Auto tatsächlich nur 74 000 Kilometer gefahren worden sei. Selbst eine Fahrleistung von nur 74 000 Kilometern in 28 Jahren sei keine Ausnahme. Solche Auto seien oft reine Zweitautos.

Ob tatsächlich der Verkäufer von den 242 000 Kilometer gewusst hat, sollen nun weitere Ermittlungen der Polizei und des Gutachters ergeben. Die Polizei soll alle Ergebnisse der Fahrzeughauptuntersuchungen beschaffen. Bei ihnen müsste alle zwei Jahre auch der Tachostand eingetragen sein. Der Gutachter soll beim Fahrzeughersteller ermitteln, wie der Tacho des BMW manipuliert worden sein könnte und wann. Beides soll zur nächsten Verhandlung am Mittwoch, 5. Februar, um 9 Uhr vorliegen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: