Veranstaltung von SPD, Grünen, CSU, Flüchtlingshilfe und "Dorfen ist bunt":Alles was rechts ist

Veranstaltung von SPD, Grünen, CSU, Flüchtlingshilfe und "Dorfen ist bunt": Georg Wiesmaier wollte einen Beitrag leisten, "die Partei des Hetzens und des Jammerns zu stoppen".

Georg Wiesmaier wollte einen Beitrag leisten, "die Partei des Hetzens und des Jammerns zu stoppen".

(Foto: Renate Schmidt)

Bei einem Infoabend in Dorfen erfährt man, welch extreme Positionen in der AfD vertreten werden. Neonazi-Vokabular und völkisch-rassistische Verschwörungstheorien gehören wie selbstverständlich dazu

Von Florian Tempel, Dorfen

Das Gasthaus am Markt war übervoll. Alle Plätze an den Tischen waren besetzt, auch die zusätzlich herbeigeschafften Stühle. Nicht wenige Besucher mussten im Eingang stehen, schon halb draußen vor der Tür. Doch auch wenn es eng war, das Kommen zur Informationsveranstaltung über die AfD hatte sich gelohnt. Die Referenten Georg Wiesmaier von der Geschichtswerkstatt Dorfen und Thies Marsen vom Bayerischen Rundfunk legten kenntnisreich dar, welch extrem rechte Positionen von führenden Mitglieder der AfD vertreten werden, wie ungeniert sie Neonazi-Begriffe benutzen und völkisch-rassistische Verschwörungstheorien verbreiten.

Darüber hinaus erfuhr man auch, wie AfD-Mitglieder auf solche Kritik reagieren. Ein gutes Dutzend war gekommen und es gab einiges von ihnen zu hören: affektiertes Gelächter, krude Statements, absurde Gegenfragen, aufgebrachtes Lamentieren und der unpassende Wunsch, zu diskutieren. Was nicht kam, war eine Stellungnahme dazu, dass die AfD rechtsextrem durchsetzt ist. Die beiden früheren Republikaner Wolfgang Kellermann aus Erding, nun AfD-Kreisvorsitzender, und Martin Huber aus Taufkirchen, nun AfD-Landtagskandidat, waren auch da, hielten sich aber still.

Ein bemerkenswerter Abend war es allein auch deshalb, weil er gemeinsam von SPD, Grünen, CSU, dem Antirassismusbündnis "Dorfen ist bunt" und dem Verein Flüchtlingshilfe Dorfen veranstaltet wurde. Andernorts lässt man die AfD kommentarlos gewähren. In Dorfen fand Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) zu Beginn des Abends klare Worte: Zum einen nannte er die AfD eine "rechtsradikale Partei". Zum anderen sagte er, dass "Dorfen keinen Platz für Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus hat". Am Ende des Abends sagte Grundner dann, es sei "teilweise unerträglich", was man über und von der AfD hören musste.

Georg Wiesmaier hatte zum Bundestagsabgeordneten Hansjörg Müller recherchiert, der am 2. Mai zur ersten größeren AfD-Veranstaltung in Dorfen kommen wird. Wiesmaier zeigte anhand von Zitaten, die er in Reden und Ansprachen Müllers gefunden hatte, dass er extrem rechte Gedanken verbreitet. Zu den "bizarren Wahnvorstellungen", die von vielen völkisch-rassistischen Rechtsradikalen allerdings als Tatsachen angesehen werden, gehört zum Beispiel, dass Müller behauptet, es gebe einen gesteuerten "Bevölkerungsaustausch". Die "Altparteien" würden "in paranoidem Selbsthass das eigene Land zerstören", "das eigene Volk abschaffen und durch Eindringlinge ersetzen". Wiesmaier zeigte außerdem, wie Müller seine Hetze stets mit "grotesken Zahlen" zu Flüchtlingen und staatlichen Aufwendungen unterlegt. Müllers Behauptungen, 99 Prozent der Flüchtlinge seien illegal in Deutschland und verursachten 50 Milliarden Euro Kosten, wies Wiesmaier als platte Lügen zurück.

Der Journalist Thies Marsen ist ein profunder Kenner der rechtsextremen und rechtsradikalen Szene. Seit vielen Jahren recherchiert und berichtet er über "Hardcore-Neonazis" und ist als Reporter beim NSU-Prozess in München dabei. Marsen legte in Dorfen dar, dass Begriffe und Phrasen, die früher nur von extremen Rechten verwendet worden sind, längst von führenden AfD-Politikern gebraucht werden. So werde von "Mischvölkern" gesprochen, der NPD-Slogan "Deutschland den Deutschen" benutzt, Holocaust-Leugnung als "Meinungsdelikt" bezeichnet oder über einen deutschen "Schuld-Kult" geklagt. "Das sind alles Neonazi-Vokabeln", sagte Marsen. Doch offensichtlich "ist das alles kein Problem in der AfD", weil sie "sich überhaupt nicht mehr nach rechts abgrenzt". Die Offenheit für die extreme Rechte habe allerdings eine Konsequenz, die man sich bewusst machen müsse: "Wer AfD wählt, muss zwar kein Nazi sein - aber er hat kein Problem mit Nazis."

Im Anschluss an die Referate von Wiesmaier und Marsen versuchten AfD-Mitglieder, Diskussionen über alles Mögliche und vieles Abwegige zu provozieren. Nach zum Teil turbulenten Wortwechseln zog Wiesmaier schließlich ein nüchternes Fazit. Die AfD-Mitglieder hätten gezeigt, dass sie die rechtsextremen Positionen und Aussagen offensichtlich nicht stören - "denn sie haben nichts dazu zu sagen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: