Vaterstetten:Was lange währt, wird endlich Frust

Seit eineinhalb Jahren laufen in Vaterstetten die Vorbereitungen für das Gewerbegebiet an der A 94. Zweifel sind groß

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Kommt der große Wurf oder der große Flop? Diese Frage wurde nun im Vaterstettener Gemeinderat hitzig diskutiert, Thema war - wie schon so oft seit Herbst 2017 - das geplante Gewerbegebiet nördlich der A94. Diesmal sollte das Gremium die dafür nötige Änderung des Flächennutzungsplanes beschließen. Was dank der Mehrheit aus CSU, FDP und einigen Freien Wählern zwar gelang, aber auch gezeigt hat, dass die Zweifel inzwischen immer größer werden.

Hintergrund der Verstimmungen ist, dass bei dem Projekt ein Zeitplan nach dem anderen gerissen wird. Im September 2017 wurden die ersten Details bekanntgegeben: der Autobauer BMW werde in Parsdorf ein Logistikzentrum mit etwa 200 Arbeitsplätzen bauen. Schon 2018 sollten die Bauarbeiten beginnen, Mitte 2019 hätte der Betrieb starten sollen. Dass es dazu nicht kam, liegt an den schwierigen Grundstücksverhandlungen. Denn das Grundstück wo sich BMW und - wie vergangenen Herbst offiziell wurde - auch Krauss-Maffei mit mehr als 1000 Arbeitsplätzen ansiedeln soll, gehört zum Staatsgut Grub, also dem Land Bayern. Die Gemeinde hat sich darum mit einer auf Bodenspekulation spezialisierten Firma zusammengetan, die vor einigen Jahren ein Grundstück bei Neufarn erworben hatte. Dieses ist zwar nicht bebaubar, soll aber als Tauschgrundstück genutzt werden. Schon mehrmals hatte es aus dem Rathaus geheißen, man sei kurz vor dem Abschluss des Geschäfts - und jedes Mal blieb er aus.

Denn da die Grundstücke nicht gleich viel wert sind, will der Freistaat einen finanziellen Ausgleich. Wie hoch die Differenz ist, darüber will die Gemeinde offiziell nichts sagen, man kann aber ungefähr ausrechnen, womit man ungefähr kalkuliert. So steht im aktuellen Haushalt eine Summe von 20 Millionen Euro für Grunderwerb bereit. Da die Gemeinde zu einem Drittel an der Entwicklungsgesellschaft für das Gewerbegebiet beteiligt ist, beträgt das Gesamtbudget für den Grundstückstausch also 60 Millionen Euro. Dass der Freistaat dies ebenso sieht, ist allerdings fraglich. So deutete Bauamtsleiterin Brigitte Littke auf der Bürgerversammlung im April ein mögliches Scheitern des Projekts an: Eventuell werde nördlich der A94 "nie" etwas gebaut. Kürzlich kursierte zudem eine Aussage von Bürgermeister Georg Reitsberger (FW), in der dieser die Forderungen des Freistaats auf 100 Millionen Euro taxiert haben soll.

Dies sorgte nun im Gemeinderat fraktionsübergreifend für echauffierte Reaktionen- wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Er sei es leid, so SPD-Fraktionschef Sepp Mittermeier, von neuen Entwicklungen "immer nur aus der Zeitung zu erfahren". CSU-Fraktionssprecher Michael Niebler hingegen ärgerte sich darüber, dass diese Zahl überhaupt genannt wurde, so etwas sei "reinrassige Nichtöffentlichkeit", da es um Grundstücksangelegenheiten der Gemeinde gehe. Im nichtöffentlichen Teil werde es mehr Informationen dazu geben, versprach der Bürgermeister.

"Ja, hinterher, wenn wir schon zugestimmt haben", äußerte sich Herbert Uhl (FW) sichtlich verärgert. Auch Mittermeier erklärte, er könne dem Flächennutzungsplan nicht zustimmen, bevor geklärt sei, ob das mit den 100 Millionen so stimme und ob ein so hoher Kaufpreis das Geschäft nicht unwirtschaftlich mache. Genau darauf setzt Manfred Schmidt (FBU/AfD), der das Projekt grundsätzlich mit Verweis auf den hohen Flächenverbrauch ablehnt: "Ich hoffe, der Freistaat bleibt bei 100 Millionen oder verlangt besser noch 150, es können auch 200 sein." Axel Weingärtner (Grüne) kritisierte die Geschwindigkeit, in der die Planungen vorangetrieben würden - ohne dass man eigentlich Genaueres wisse. Bevor seine Fraktion zustimme "muss es so was von überzeugend sein - und davon sind wir weit entfernt". Niebler hingegen verwies auf die Notwendigkeit, die Einnahmen zu erhöhen, weshalb man schnell handeln und schon vor Erwerb der Fläche möglichst viel Planung erledigen müsse.

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