Süddeutsche Zeitung

Unaufhaltsamer Schädling:Der Zünsler hat gewonnen

Fachleute sehen das Ende des Buchsbaums voraus: "Wir werden uns umstellen müssen."

Von Pia Eichinger, Erding

Der Buchsbaum ziert Parks, Gärten und Friedhöfe. Er ist anspruchslos, doch jetzt ist er in Gefahr: Die Raupe des Buchsbaumzünsler macht sich überall über das Gewächs her. In diesem Jahr ist es schlimmer als je zuvor. Viele Gärtner erkennen das Problem erst, wenn es zu spät ist. "Manche Gegenden werden bestimmt irgendwann buchsfrei sein", sagt Brigitte Murla, die Vorsitzende des Kreisverbands Erding für Gartenbau und Landespflege.

"Der Buchsbaum gibt den Leuten etwas und verlangt nichts dafür." Deshalb ist er laut Murla so beliebt. Er steht nicht nur auf Friedhöfen als Symbol für ewiges Leben, sondern ist wegen seines geringen Pflegeaufwands auch bei privaten Gartenbesitzern beliebt. Als immergrüne Pflanze im Sommer und im Winter sei er unschlagbar, sagt auch Hilde Ehrenthaler von der Gärtnerei Strohmair und Hirsch.

Der Buchsbaumzünsler könnte der Pflanze jedoch ein Ende bereiten. Der gefährliche Schädling wurde einst aus Ostasien eingeschleppt und breitet sich zunehmend im Landkreis aus. Er hat nur ein Gericht auf der Speisekarte - den Buchsbaum -, zurück bleibt ein braunes Gerippe. Die Raupen des Kleinschmetterlings fressen sich von den Blättern bis zur Rinde durch und lassen die Pflanzen sterben. "Das Problem ist, dass der Gartenbesitzer zu spät eingreift. Viele merken es nicht, sind überfordert oder es ist ihnen einfach egal", sagt Murla. Die Insekten sind allerdings auch nicht so leicht aufzuspüren, meist fressen sie versteckt im Buschinnern. Die Raupe ist dunkelgrün und ausgewachsen bloß fünf Zentimeter lang. Erkennen könne man den Befall an den angeknabberten Blättern, sagt Philomena Brechter von der Brechter Gärtnerei und Floristik. Auch Gespinste mit Kotrückständen seien ein Zeichen für den Schädling. "Der Buchsbaumzünsler ist sehr gefräßig", sagt Gärtnereibesitzer Paul Hagl und verweist auf die große Ähnlichkeit mit der Raupe Nimmersatt, die jedes Kind aus dem Kinderbuch kennt.

Dieses Jahr ist der Befall besonders schlimm. Der Schädling ist laut Murla von Niederbayern in den Westen von Taufkirchen gewandert und hat sich von dort aus im Landkreis verbreitet. "Im letzten Jahr ist er so richtig bei uns angekommen", sagt sie. Bis zu drei Generationen bildet der Buchsbaumzünsler pro Jahr. Laut Ehrenthaler könnten in diesem Jahr sogar vier Generationen schlüpfen, weil der vergangene Sommer so heiß gewesen ist. Das zeigt sich auch an der Nachfrage nach Spritzmitteln in den Gärtnereien. "Immer mehr Kunden erzählen, dass ihr Buchsbaum befallen ist", sagt Brechter. Das beliebteste Pflanzenschutzmittel ist demnach Xentari Raupenfrei. Es soll bienenfreundlich sein und nur gegen Raupen wirken. Dazu müsse man das Mittel regelmäßig in den Buchs sprühen. Eine weitere Möglichkeit ist Algenkalk. Er soll laut dem Landratsamt direkt auf den Buchs gestreut werden und entfaltet eine schützende Wirkung gegen die Raupen.

Bei geringem Befall könne man die Pflanzen mit einem Hochdruckreiniger abspritzen und die heruntergefallenen Raupen einsammeln. Wenn man Schäden entdeckt, sei es wichtig, "sofort einzugreifen", sagt Hagl. Denn wenn der Befall zu weit fortgeschritten ist, hilft nichts mehr. Dann muss die Pflanze rausgeschnitten und entsorgt werden. Laut Landratsamt darf der Buchsbaum im Grüngutcontainer am Recyclinghof entsorgt werden, bei einer professionellen Kompostierung sei ein Überleben der Raupen ausgeschlossen. Den Buchs im eigenen Garten zu kompostieren, davon wird abgeraten.

Hilde Ehrenthaler hat ohnehin festgestellt, dass viele "mit dem Buchs Schluss" machen. Heuer haben sie noch keinen einzigen Buchsbaum verkauft. Auch die Gärtnerei Hagl bietet seit dem vergangenen Sommer keine Buchsbäume mehr an. Die Nachfrage sei einfach nicht mehr da. Und schließlich gibt es auch Ausweichmöglichkeiten wie die Eibe oder die Stechpalme. Auch Murla prophezeit: "Wir werden uns umstellen müssen."

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SZ vom 08.06.2019
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