Süddeutsche Zeitung

Umbau am Fluss:Unsere Sempt soll schöner werden

Entlang des Flusses stehen von Ottenhofen bis zum Mittlerer-Isar-Kanal eine Vielzahl von Verbesserungsmaßnahmen an. Am Ende sollen mehr Fische darin schwimmen - aber einfach wird das nicht

Von Mathias Weber, Erding

Die Sempt, einer der größten und längsten Flüsse des Landkreises, ist in keinem guten Zustand. Das zumindest sagt Sylva Orlamünde, die das Münchner Wasserwirtschaftsamt leitet: Die biologische Vielfalt im Fluss lasse zu wünschen übrig, und auch die Strukturvielfalt der Sempt könnte man verbessern - etwa, indem die Sempt an manchen Stellen aus ihrem starren Korsett befreit wird und wieder natürlicher fließen darf.

In den kommenden Jahren soll das passieren - die europäische Wasserrahmenrichtlinie will es so. Sie, verabschiedet bereits im Jahr 2000, schreibt vor, die Wassernutzung nachhaltig und umweltverträglich auszurichten. Ein so genannter "guter ökologischer Zustand" soll erreicht werden. Weil der aber so noch nicht existiert, sind von Seiten des Wasserwirtschaftamtes aus Dutzende bauliche Maßnahmen geplant, deren Bau bereits im kommenden Jahr beginnen könnte. Betroffen ist fast die gesamte Sempt auf dem Gebiet des Landkreises Erding, von Ottenhofen bis zum Mündung in den Mittlere-Isar-Kanal, zudem der Eittinger Fehlbach (Saubach) im Norden Erdings sowie die Kleine Sempt. Die Maßnahmen, die im Rahmen eines Umsetzungskonzeptes entwickelt wurden, sind vielfältig und finden sowohl inner- wie außerorts statt. Sie sind in die drei Prioritätsstufen "Hoch", "Mittel" und "Gering" eingeteilt. Die meisten Maßnahmen sind von hoher Dringlichkeit: Bei Wörth wird zum Beispiel ein Gleithang im Kurvenbereich der Sempt hergestellt, an der darauffolgenden Stelle werden kleinere Maßnahmen durchgeführt, damit die Sempt sich von sich aus natürlich entwickeln kann. Kurz vor Erding wird an einer Stelle dann die Ufersicherung auf beiden Seiten entfernt, in Pretzen (wie auch an vielen anderen Stellen) werden so genannte "Strukturelemente" in den Fluss eingebracht, also zum Beispiel Hölzer und Steine. Wasseramtsleiterin Orlamünde geht davon aus, dass das Erscheinungsbild der Sempt in Zukunft "erlebbarer, schöner" sein wird. "Für den Menschen haben die Maßnahmen Vorteile", sagt sie.

Die sollen sie auch für die Fische in der Sempt haben. Ein großes Ziel des Umbaus ist es, die Durchlässigkeit des Flusses zu verbessern, also es den Fischen zu ermöglichen, den Fluss zu durchwandern und so der bisweilen darbenden Fischpopulationen auf die Beine zu helfen. Gerade aber die Durchlässigkeit ist in der Sempt ein großes Problem und einer der Knackpunkte des ganzen Konzeptes. Während der überwiegende Großteil der Maßnahmen vom Wasserwirtschaftsamt, also vom Freistaat, durchgeführt und bezahlt wird, ist es bei den Wehren entlang der Sempt eine andere Sache. Dort sollen Fischtreppen entstehen, aber die Wehre sind in Privatbesitz, und das Wasserwirtschaftsamt hat juristisch kaum Möglichkeiten, die Besitzer zu verpflichten, in Treppen zu investieren; sonst könnte die ganze Anlage unwirtschaftlich werden, glaubt Sylva Orlamünde, und das sei ja auch nicht Ziel. Die Gespräche, die Ende dieser Woche zwischen den Vertretern des Freistaates und den Wehrbetreibern angesetzt sind, werden daher wohl unangenehm. Genauso wahrscheinlich wie weitere Gespräche mit Vertretern der Fischverbände; sie müssten eigentlich froh sein, wenn die Sempt in einen natürlicheren Zustand versetzt wird, werden aber wohl auch noch viel Wut im Bauch haben: Vergangene Woche waren Hunderte Fische im Unterlauf der Sempt verendet, weil das Wasserwirtschaftsamt derzeit das Stadtwehr saniert und den Fischen dadurch das Wasser ausgegangen ist - ein Fall von Amtsversagen. Die Maßnahmen im Rahmen der EU-Richtlinie sollen daher auch helfen, diesen schwerwiegenden Fehler zu korrigieren, wie Orlamünde sagt.

Bürger haben derzeit noch die Möglichkeit, Fragen, Anmerkungen und Vorschläge an das Wasserwirtschaftsamt zu senden. Nachdem die Öffentlichkeitsbeteiligung abgeschlossen ist, muss die Regierung von Oberbayern ihr OK geben und wird monatlich Mittel zur Verfügung stellen. Kommendes Jahr, so Orlamünde, könnte dann mit den Bauarbeiten begonnen werden, die im Normalfall für die Anrainer keine große Belastung darstellen sollen - es handle sich eher um kleine Baustellen. Der Richtlinie zufolge hätten die bayerischen Flüsse eigentlich schon im Jahr 2015 einen "guten ökologischen Zustand" erreichen sollen; geklappt hat das nicht, aber jetzt gibt es auch mehr Zeit, nämlich bis 2027. "Wir versuchen, das zu schaffen", sagt Sylva Orlamünde.

Sämtliche Unterlagen mit allen angedachten Maßnahmen können auf der Internetseite des Wasserwirtschaftsamtes unter www.wwa-m.bayern.de eingesehen werden.

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SZ vom 28.06.2016
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