Ulrike Scharf:Degradiert zur Abgeordneten

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Weder sie selbst noch Beobachter hatten damit gerechnet, dass die Umweltministerin im Kabinett des neuen Ministerpräsidenten Markus Söder nicht mehr vertreten sein wird

Von Florian Tempel, Erding

Vor einer Woche gingen Ulrike Scharf und Markus Söder noch als Ministerkollegen zur Kabinettssitzung - zur letzten, die Horst Seehofer leitete. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Vor dreieinhalb Jahren kam es für Ulrike Scharf "fast wie ein Blitz aus heiterem Himmel", als Horst Seehofer am Telefon war und ihr überraschend das Umweltministerium anbot. Bei dem Anruf aus der Staatskanzlei an diesem Dienstagabend habe sie sich hingegen erst mal "gar nicht viel gedacht", sagt Scharf am Mittwoch. Auf der kurzen Fahrt vom ihrem Ministerium am Rosenkavalierplatz 2 zur Machtzentrale am Franz-Josef-Strauß-Ring 1 überdachte sie noch einmal die drei Optionen ihrer näheren Zukunft: Sie könnte Umweltministerin bleiben, in ein anderes Ressort wechseln oder zur einfachen Abgeordneten zurückgestuft werden. "Die letzte Möglichkeit habe ich am wenigsten in Betracht gezogen", sagt Scharf. Ihre Entlassung, die Ministerpräsident Markus Söder, ihr in seinem Büro dann in einem kurzen persönlichen Gespräch mitteilte, war eine herbe Enttäuschung. "Da mache ich keinen Hehl daraus."

Zu den Gründen, die Söder ihr für die Abberufung genannt hat, will Scharf erst mal nichts Genaues sagen: "Ich glaube, man sollte den Ministerpräsidenten am besten selber fragen, was er sich im Einzelnen dabei gedacht hat." Doch sie lässt im Weiteren durchblicken, dass Söder inhaltliche Punkte ihrer Arbeit als Umwelt- und Verbraucherschutzministerin angeführt habe. Im Bayern-Ei-Skandal hat Scharf erst in der vergangenen Woche vor dem Untersuchungsausschuss aussagen müssen. Zweieinhalb Stunden lang hat sie versucht darzulegen, warum man ihr und dem Ministerium keinen Vorwurf machen könne. Der von Seehofer versprochene dritte Nationalpark, den Scharf hätte finden sollen, ist bislang eine traurige Nullnummer. Am wahrscheinlichsten erscheint längst, dass das Projekt unter Söder einfach abgeräumt wird. Und der Streit um die Skischaukel am Riedberger Horn ist auch noch nicht so lange her. Scharf hatte sich bei diesem umstrittenen Projekt zuletzt ganz offen gegen den Heimatminister Söder gestellt.

Dass Scharf außerdem den Bau einer dritten Start- und Landebahn am Münchner Flughafen ablehnt, dürfte wohl das kleinste Problem zwischen ihr und Söder gewesen sein. Söder hat sich den Freisinger Abgeordneten Florian Herrmann sogar in die Staatskanzlei geholt. Auch Herrmann ist erklärter Startbahngegner.

Obwohl ihre Abberufung ihr selbst und vielen anderen als Überraschung erscheint, ist ein Punkt unübersehbar: Scharf war wie kein anderes Kabinettsmitglied eine sehr persönliche Wahl von Horst Seehofer. Bei der Feier ihres 50. Geburtstags im Dezember 2017 war er natürlich auch dabei - und sang die lautesten Lobeshymnen auf sie. Seehofer hatte ihre Karriere schon vor der Ernennung zur Ministerin angekurbelt, als er sie 2011 als Landesschatzmeisterin in den innersten Führungszirkel der CSU-Parteispitze holte. Ihr einziges politisches Mandat war damals ein Sitz im Kreistag Erding. 2006 war sie zwar als Nachrückerin erstmals in den Landtag gekommen. Bei der Wahl 2008 scheiterte sie als Listenkandidatin. 2013 setzte sie sich dann in einer Kampfabstimmung gegen den damaligen Erdinger Abgeordneten Jakob Schwimmer durch. Für die Wahl am 14. Oktober ist sie wieder als CSU-Direktkandidatin nominiert. Da sie nicht mehr Ministerin ist, "bleibt mir jetzt mehr Zeit für den Stimmkreis", sagt Scharf.

Der bisherige Staatskanzlei-Chef Marcel Huber übernimmt anstelle von ihr das Umweltministerium. Huber ist damit sowohl ihr Nachfolger als auch ihr direkter Vorgänger. Scharf muss in den kommenden zwei Tagen ihre Sachen packen und die Gemälde des Erdinger Malers Harry S. in ihrem Büro abhängen lassen. Die Amtsübergabe wird bis zum Wochenende abgeschlossen sein.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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