Überraschende Beschlüsse:Harte Debatten

Die Erdinger Stadträte gehen konform mit dem Haushaltsentwurf aus der Kämmerei. Über einzelne Wünsche wird angesichts schwindender Steuereinnahmen gerungen. Und manche werden auch erfüllt

Von Antonia Steiger

Ob Solarstrom auf kommunalen Dächern, neue Sportanlagen oder eine Wärmestube für Obdachlose: Die Debatte um den städtischen Haushalt für 2021 des Erdinger Stadtrates am Donnerstagabend ist geprägt gewesen von einem zum großen Teil sachlichen Austausch von Argumenten. Und sie führte zu ein paar überraschenden Beschlüssen. So setzten sich die Grünen mit einem Antrag durch, der zum Ziel hat, dass die Stadt Erding die Dächer ihrer eigenen Gebäude den Stadtwerken Erding für die Installation von Solaranlagen anbietet. Die Rahmenbedingungen für den Haushalt 2021 waren unstrittig: Die Stadt muss mit deutlich sinkenden Steuereinnahmen rechnen und dementsprechend auf jeden Cent schauen.

Amtseinfuehrung

OB Max Gotz (CSU) mahnte zur Sparsamkeit.

(Foto: Stephan Görlich)

Eines haben die Haushaltsberatungen deutlich gezeigt: In seiner neuen Zusammensetzung ist der Stadtrat in der Lage, mehrheitliche Entscheidungen jenseits der CSU zu fällen; und er tut das auch. Doch ist es nicht so, wie die CSU vielleicht befürchtet hatte: dass sich Freie Wähler, Grüne, SPD und andere ständig zusammenrotten und die Stadtpolitik in eine neue Richtung lenken. Stattdessen ringt der gesamte Stadtrat mit Argumenten um die beste Lösung - mit zum Teil überraschenden Ergebnissen. Das gilt nicht so sehr für den von Herbert Maier (Grüne) beworbenen Antrag auf Solarnutzung der kommunalen Dächer durch die Stadtwerke, für den sich früh eine Mehrheit jenseits der CSU abgezeichnet hatte, sondern mehr für einen Antrag der Zweiten Bürgermeisterin Petra Bauernfeind (Freie Wähler) zur Gründung einer Wärmestube, die von einer bereits bekannten Person ohne sozialpädagogische Ausbildung in Vollzeit betreut werden soll. Gegen diese Idee regte sich zunächst Widerstand von vielen Seiten, am Ende fand der Antrag trotzdem eine Mehrheit, weil er zunächst einmal nur zum Ziel hat, 40 000 Euro für die Wärmestube, aber auch für das Gehalt der Vollzeitkraft einzuplanen. Thomas Bauer (CSU) ebnete dem Antrag den Weg ins Ziel, indem er festhielt, dass mit dem Antrag noch nicht entschieden wird, für was das Geld ausgegeben wird, sondern nur, dass nach einem Weg gesucht werde, Obdachlosen zu helfen. Bauernfeind hatte für Erstaunen gesorgt: Sie sagte, wenn der Stadtrat das Geld nicht freigeben würde, verlöre die Flüchtlingshilfe ihre Vorsitzende, denn für sie sei das Gehalt gedacht. Die Nachbarschaftshilfe, deren Vorsitzende sie ist, könne diese Aufgabe alleine nicht stemmen. OB Max Gotz (CSU) und Gerhard Ippisch (SPD), Vorsitzender der Brücke Erding, sahen es kritisch, dass die designierte Vollzeitkraft keine passende Qualifikation vorzuweisen hat. Ippisch fügte an, dass die Sozialpädagogen der Brücke niedriger eingruppiert würden. Burkhard Köppen (CSU) forderte, die Hilfsangebote zu konkretisieren. Man erwarte im Rathaus auch bestimmte Qualifikationen, sagte Gotz.

100 Millionen

umfasst der Verwaltungshaushalt der Stadt Erding für dieses Jahr; 2021 werden es nur noch etwa 84 Millionen Euro sein. Der Vermögenshaushalt 2021 hat ein Volumen von etwa 36 Millionen Euro, ebenfalls deutlich weniger als im laufenden Jahr. Da hatte die Stadt 47 Millionen für Investitionen eingeplant.

Der Weg müsse ein anderer sein, sagte auch Bauer: Erst werde der Bedarf ermittelt, dann gebe es ein Konzept, und dann werde die Arbeit ausgeschrieben. Weil man sich aber schwer täte, gegen einen Antrag zu stimmen, bei dem es darum gehe, den Ärmsten zu helfen, wie es Helga Stieglmaier (Grüne) gesagt hatte, sind nun die 40000 Euro im Haushalt vorgesehen. Thomas Bauer stimmte als einziger der CSU für den Antrag.

Im Großen und Ganzen herrschte im Stadtrat Einverständnis mit dem Zahlenwerk aus der Kämmerei. OB Gotz hatte eingangs von einer "außergewöhnlichen Herausforderung" gesprochen; die Haushaltsberatungen seien "richtungsweisend für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Erding". Allerdings kenne man die Rahmenbedingungen noch nicht; denn ob Bund und Länder die Einnahmeausfälle wie in diesem Jahr auch im kommenden Jahr ausglichen, sei nicht bekannt. "Bund und Länder werden sich engagieren müssen", forderte Gotz. In diesem Jahr müsse die Stadt auf 24 Millionen Euro an Steuereinnahmen verzichten, damit sei Erding stärker als andere Städte getroffen. Erstmals ist in einem Haushalt eine Kreditaufnahme in Höhe von 20 Millionen Euro eingeplant, um Einnahmen und Ausgaben ausgleichen zu können. Auch in diesem Jahr hätte die Stadt einen solchen Kredit schon aufnehmen können, kam dann aber ohne ihn über die Runden. Gotz wies darauf hin, dass die Stadt trotz aller Schwierigkeiten viel investiere, etwa 15 Millionen in den Hoch- und Tiefbau. Er erinnerte an Pflichtaufgaben wie den Bau zweier Feuerwehrhäuser und mahnte an, dass es nicht viel Spielraum gebe für freiwillige Leistungen.

Und so wird es in Erding auch keine neuen Soccer-Käfige geben, wie sie die SPD gewünscht hatte, gegen die sich Stieglmeier auch aus Gründen der Gendergerechtigkeit ausgesprochen hatte: Es werde stets mehr getan für Sportmöglichkeiten für Jungen, so auch in diesem Fall. Stadtbaumeister Sebastian Henrich ratterte eine Liste von jetzt schon 26 Bolzplätzen herunter, so dass sich der Eindruck verfestigte, dass es genügend Platz zum Fußballspielen gebe. "Müssen wir denn immer mehr machen?", hatte auch Gotz gefragt. "Wir machen so viel für den Sport." Und jetzt noch ein bisschen mehr. Denn ebenfalls auf Anregung der SPD werden 5000 Euro Planungskosten für eine BMX- und Mountainbike-Area eingeplant. Sie soll in Zusammenarbeit mit dem TSV Erding entstehen, für deren Radsportabteilung Thomas Bauer verkünden durfte, dass man dort ebenfalls gerne eine solchen Anlage hätte und sie auch selbst errichten wolle.

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