Trinkwasserschutz:Kreistag unterstützt Resolution im Nitratstreit

Trinkwasserschutz: Zwei Messstellen im Landkreis Erding weisen eine Grundwasserbelastung über 50 mg Nitrat pro Liter aus, wodurch sich diese roten Gebiete ergeben.

Zwei Messstellen im Landkreis Erding weisen eine Grundwasserbelastung über 50 mg Nitrat pro Liter aus, wodurch sich diese roten Gebiete ergeben.

(Foto: privat)

Mehrheit fordert ein engmaschigeres Netz an Messstellen, damit die Gebietskulisse kleinräumiger beurteilt werden kann.

Von Thomas Daller, Erding

Landrat Martin Bayerstorfer hat den Kreistag für einen Appell an die bayerische Staatsregierung gewonnen, die Messstellen für die Nitratmessungen im Landkreis Erding noch einmal zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Auf diesen Messstellen beruht die Ausweisung der roten Flächen, die eine zu hohe Nitratbelastung darstellen. Der Landwirtschaft wird in den betroffenen Gebieten auferlegt, die Düngung um 20 Prozent unter dem Bedarf der dort angebauten Pflanzen zu reduzieren. Der Kreistag stimmte mit großer Mehrheit für die Resolution, es gab acht Gegenstimmen von den Grünen.

In den roten Gebieten gibt es Hausbrunnen mit niedrigeren Werten

Der Appell richtet sich nicht nur an die Staatsregierung, sondern auch an das bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie an das bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Erstmals sind solche roten Flächen auch im Landkreis Erding ausgewiesen worden und das noch in einem erheblichen Ausmaß. Die Folgen für die Landwirtschaft sind beträchtlich: Winterweizen benötigt beispielsweise einen bestimmten Anteil an Protein, der nur mit Hilfe einer bestimmten Düngemenge erzielt werden kann. Wird diese Menge unterschritten, wird aus den Körnern keine Nudel, sondern Hühnerfutter.

Bayerstorfer, der nicht nur Landrat, sondern selbst Landwirt ist, hat sich in dieser Sache bereits mit einem "Brandbrief" an Ministerpräsident Markus Söder gewandt (die SZ berichtete). Nun hat er den Kreistag überzeugt, diesen Appell zu unterstützen. Im Kern geht es darum, dass die beiden Messstellen in Riding bei Fraunberg und Obernumberg in der Gemeinde Lengdorf zu fehlerhaften Ergebnissen geführt hätten. Dort gebe es benachbarte Einflussfaktoren wie ein Lagerhaus unter anderem für Düngemittel oder einen Deponiebetrieb. Ursächlich für die Nitratbelastung über 50 Milligramm pro Liter sei daher nicht die Landwirtschaft. Diese These wird mit dem Argument unterfüttert, dass in den roten Gebieten etliche Hausbrunnen - ohne eine den Messwert verfälschende Aufbereitungsanlage - liegen, die einen Nitratwert unterhalb von 50 mg/Liter aufweisen.

Die Suche nach den Messstellen sei damals unter Zeitdruck erfolgt, auch das Wasserwirtschaftsamt räume ein, dass sie in Ermangelung geeigneterer Messtellen nur hilfsweise für die Nitratbeprobung genutzt worden seien. Der Landkreis bietet daher in dem Appell an, für eine erneute Beprobung landwirtschaftliche Flächen im Eigentum des Landkreises zu verwenden. Bis die neuen Ergebnisse vorliegen, soll die neue Düngeverordnung nicht angewandt werden.

Kreisrätin Sabine Berger (CSU), die selbst Landwirtin ist und Schweine hält, betonte, dass es auch den Landwirten darum ginge, das Grundwasser zu schützen und schwarze Schafe erkennbar zu machen. Das Netz der Messstellen sei aber dafür zu grobmaschig. Anhand von drei Messstellen würden 37.000 Hektar in den drei Landkreisen Erding, Mühldorf und Altötting als rote Gebiete ausgewiesen. Aber Berger spitzte die Diskussion auch zu: "Jeder, der bei der Resolution nicht mitstimmt, stimmt gegen die Landwirtschaft", sagte sie.

"Jeder, der bei der Resolution nicht mitstimmt, stimmt gegen die Landwirtschaft."

Helga Stieglmeier (Grüne) wies darauf hin, dass dieses Verfahren zwischen Deutschland und der EU bereits seit 30 Jahren laufe. Wenn die Einträge weiter zunähmen, müssten die Wasserversorger das Nitrat technisch herausfiltern, was sehr teuer sei. Eine Ursache der hohen Nitratwerte sei der hohe Viehbestand, der zum Teil nur mit importiertem Futter aufrechtzuerhalten sei. Ferner halte sie das Anzweifeln der Messstellen für eine koordinierte Strategie des Bauernverbandes, denn mit dieser Argumentation werde in zahlreichen bayerischen Landkreisen vorgegangen. Sie kündigte an, nicht zuzustimmen.

Georg Els (FW) betonte, mit der Resolution wolle man nicht den Schutz des Grundwassers verzögern. Aber um eine gerechte Gebietskulisse ausweisen zu können, sei es sinnvoll, auf mehr Messstellen zurückgreifen zu können.

Die Landwirtschaft darf nicht in Sippenhaft genommen werden

Hans Wiesmaier (CSU) sprach sich ebenfalls für ein dichteres Netz der Beprobung aus: Man dürfe die Landwirtschaft nicht in Sippenhaft nehmen. Denn die roten Flächen hätten auch Auswirkungen auf die regionale Produktion. "Aber dort, wo die Nitratbelastung hoch ist, muss Rücksicht genommen werden."

Ulla Diekmann (SPD) betonte, dass die Auflagen in den roten Gebieten auch für Biobauern gelten würden. Sie verstehe allerdings nicht, warum die Messwerte so spät erhoben worden seien. Landrat Bayerstorfer entgegnete, dass das Wasserwirtschaftsamt die Messstellen bis vor drei Wochen nicht herausgegeben habe. "Und eigentlich sind sie nicht geeignet, das hat das Wasserwirtschaftsamt selbst zugegeben", sagte Bayerstorfer. Er sei fachlich gesehen schwer enttäuscht. Man müsse nun Objektivität und Transparenz herstellen.

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