Süddeutsche Zeitung

Trauerfeier in Dorfen:Eine Linde zur Erinnerung

Freunde, Kollegen, Bürger und Stadträte nehmen Abschied von Nfally Biaye, der in der Nacht zum Sonntag nach einem Messerangriff in einer Flüchtlingsunterkunft gestorben ist

Von Thomas Daller, Dorfen

Die Stadt Dorfen hat Abschied genommen von Nfally Biaye: Der junge Senegalese war in der Nacht zum Sonntag in der Flüchtlingsunterkunft am Bahndamm von einem 38-jährigen Somalier mit einem Messer tödlich verletzt worden. Bei einer Gedenkveranstaltung am Unteren Markt betrauerten mehr als 100 Dorfener sein tragisches Schicksal.

Zahlreiche Freunde Biayes aus den Flüchtlingsunterkünften waren gekommen, Kollegen aus dem Dorfener Bauhof, wo er gejobbt hatte, Stadträte, Mitglieder der Flüchtlingshilfe Dorfen und viele Dorfener, die ihn gekannt hatten. Auch Ulrich Milius, der Leiter der Dorfener Polizeiinspektion, war mit fünf Kollegen erschienen, um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen. Die Beamten hatten am Samstag in den Streit eingegriffen, der Stunden später unerwartet eskalierte.

Das war für niemanden absehbar

Sie hatten eigentlich alles richtig gemacht, dem Täter ein Messer abgenommen und mit den beiden vereinbart, am Montag das Landratsamt einzuschalten, damit sie in andere Zimmer verlegt würden. Dass es zu dieser Tragödie kommen würde, war für niemanden absehbar. Dennoch war an den Mienen der Polizeibeamten bei der Trauerfeier zu erkennen, dass der Gedanke an ihnen nagte, ob sie Biayes Leben hätten retten können.

Adalbert Wirtz, Vorstand der Flüchtlingshilfe Dorfen, erinnerte daran, dass Biaye fast ein Jahr in Dorfen gelebt habe. "Mit Mut, Energie und Tatendrang" habe er versucht, sich eine bessere Zukunft aufzubauen. Er habe hier Freunde gefunden, aber seine Heimat nie vergessen. "Gerne hätten wir dich ein Stück deines Weges weiter begleitet", sagte Wirtz und erinnerte an Biayes "Sehnsucht nach einer friedvollen Welt". "Es liegt nicht in unserem Ermessen, den Täter zu verurteilen", fuhr Wirtz fort, "mit Sicherheit jedoch die Tat." Auch der Täter habe den Weg in eine bessere Zukunft verloren.

Gewalt sei kein Mittel, sagt Bürgermeister Grundner

In Dorfen werde eine Linde an Biaye erinnern, die man zu seinem Gedenken pflanzen werde, kündigte Wirtz an: "Sie soll auch ein Zeichen der Hoffnung sein, sie steht für das Leben." Bürgermeister Heinz Grundner sprach davon, dass Biaye "aus der Perspektivlosigkeit" geflohen sei, "um bei uns Schutz und Hilfe zu suchen". "Er wollte sich bei uns integrieren", aber sein Traum von einem besseren Leben habe sich nicht erfüllt. Gewalt, sagte Grundner, sei kein Mittel, Konflikte zu lösen. Weder auf internationaler Ebene, noch im Privaten. "Wir überlegen, ob wir genug getan haben, um diese Tragödie zu verhindern", sagte der Dorfener Bürgermeister. Biaye möge in Frieden ruhen.

Im Namen der Familie des Verstorbenen sollte Biayes Cousin Osman einige Worte sprechen. Ein Landsmann winkte ihn zu sich nach vorne, als er an der Reihe gewesen wäre. Doch Osman war zu bewegt, um öffentlich über den Tod seines Verwandten zu reden und drückte dies durch ablehnende Gesten aus. Sein Landsmann verstand und vertrat ihn. Er erinnerte an Biayes Eltern, die ihr Kind verloren hätten und drückte ihnen sein Mitgefühl aus. Nfally Biaye sei jung gewesen, habe hier die Schule, einen Integrationskurs, besucht und er sei ein sehr guter Schüler gewesen. "Er ist zu früh gestorben."

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SZ vom 26.02.2016
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