Süddeutsche Zeitung

Trainerwechsel beim FC Erding:Der Traum vom Aufstieg

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Wild entschlossen: Marc Hennig, einst ein hoffnungsvolles Spielertalent, will den FC Erding als Trainer in die Bezirksliga führen.

Matthias Vogel

Marc Hennig war einst wohl das größte Fußball-Talent im Landkreis Erding. Mit 19 Jahren wechselte er vom Landesligisten Himolla Taufkirchen zur SpVgg Greuther Fürth in die Regionalliga - für 25.000 Mark Ablöse; Hennig kam seinem Traum, als Profi-Kicker zu leben, mit dem Engagement in der damals dritthöchsten Liga bedeutend näher. Während der Saisonvorbereitung erzielte er 21 Treffer, für einen Stammplatz im Punktspielbetrieb hat es dennoch nicht gereicht.

Der Fürther Trainer Bertram Beierlortzer zog offenbar stets seinen Bruder dem pfeilschnellen Erdinger vor, und der löste frustriert seinen Zweijahresvertrag auf und wechselte zurück nach Taufkirchen. Der Traum war geplatzt wie eine Seifenblase. Jetzt, gute 17 Jahre später, hat ihn der FC Erding für die kommende Saison als Spielertrainer verpflichtet. Und das weckt im 36-Jährigen einen neuen Traum: Endlich den Club aus der sportlichen Versenkung auf ein für eine Kreisstadt angemessenes Niveau zu hieven.

Hennig kennt den Fußball-Landkreis wie seine Westentasche. Lange spielte er für den FC Moosinning, zuletzt war er fünf Jahre lang Spielertrainer bei seinem Heimatverein SpVgg Altenerding in der Bezirksliga. Dort warf er vor der Winterpause unerwartet das Handtuch. Negatives gebe es nichts zu berichten, sagt er. "Ich habe dort wunderschöne fünf Jahre erlebt, aber meine Vorstellungen haben sich nicht mehr mit denen des Vereins gedeckt." Bis zum Saisonende ist er beim Kreisklassen-Spitzenreiter SV Eichenried untergekommen, dort wohnt Hennig auch.

Ralf Sandner, Spartenchef des FC Erding, probierte sein Glück und trat an Hennig mit der Bitte um ein Engagement als Trainer heran - als einer von fast einem Dutzend Anwärtern. "Auch Bezirksligisten haben sich gemeldet", sagt Hennig. Warum der Kreisligist FC Erding dennoch das Rennen im Kampf um den begehrten Coach machte? "Das Konzept hat mir gut gefallen", sagt Hennig. Auch Sandner will mittelfristig in die Bezirksliga, am besten mit jungen Talenten aus dem eigenen Nachwuchs. Und auch Sandner ist der Auffassung, jeder Stadtclub gehöre einfach zumindest in die Bezirksoberliga. "Das wäre angemessen und für uns natürlich sehr schön. Freising hat es ja vorgemacht."

An der Arbeit des amtierenden Trainers Hans Sellmair sei gar nicht so viel auszusetzen gewesen, schon gar nicht aus menschlicher Sicht. Fakt sei aber, dass der FC Erding seit zwei bis zweieinhalb Jahren sportlich stagniere. "Vielleicht ist er als Trainer ein bisschen zu weich für die jungen Spieler." Für die Öffentlichkeit mag der Wechsel überraschend kommen, für Sellmair selber nicht: "Sandner hat mir schon im Herbst gesagt, dass er einen neuen Trainer sucht. Alles ist absolut fair abgelaufen", sagt der Trainer. Für sein Verständnis ist Sandner dankbar: "Wir sind ja in der Kreisliga noch nicht gesichert, da ist es ganz wichtig für uns, dass Sellmair zugesichert hat, bis zum letzten Tag alles geben zu wollen."

Von Hennig erwartet sich Sandner viel, nicht nur in seiner Funktion als Trainer. Er ist überall bekannt und soll Sog auslösen: Verlorene Söhne sollen zurück zum Heimatverein kommen. Andere, die sich mit Abwanderungsgedanken tragen, gehalten werden. Sebastian Hinz ist so einer, der Erdinger Kapitän wird seit Jahren von höherklassigen Teams umworben. "Wie der Kader in der kommenden Saison genau aussehen soll, darüber werden wir uns noch unterhalten", so Sandner. Kicker aus der eigenen Jugend - Erding ist einer der drei Stammvereine der JFG Sempt Erding - aber auch aus der zweiten Mannschaft sollen - wie bisher - auf keinen Fall links liegen gelassen werden.

Wild entschlossen

Erst in dieser Saison hätten drei Talente den Sprung von der A-Jugend in die Stammelf der Senioren geschafft, berichtet Sandner: Johannes Meyerhofer, Jakob Ehrenthaler und Max Mezger. Auch hier deckt sich die Vereinsphilosophie mit der des neuen Coaches. Hennig weiß noch gar nicht, ob er selber spielen oder nur von der Seitenlinie aus wirken wird. "Wäre doch blöd, wenn wir etwas aufbauen wollen und ein junger Spieler für mich draußen sitzt." Warum er trotzdem fit sein will, wenn es losgeht, umschreibt er so: "Falls einer der jungen Spieler mal den Kasperl gibt, na dann spiele eben ich."

Hennig scheint wild entschlossen, seinen Traum diesmal zu verwirklichen. "Ich habe mir ein Jahr Zeit ausbedungen, um zu sehen, wo man etwas verbessern kann. Im zweiten Jahr will ich aber dann aufsteigen." Damals in Fürth, das räumt er heute ein, habe er vielleicht zu schnell aufgegeben. Sein neues Ziel ist ähnlich ehrgeizig wie sein altes, im Profifußball Fuß zu fassen. Er würde den FC Erding in seiner Funktion als Stadtclub nämlich gerne eines Tages in der Landesliga spielen sehen. "Auch wenn das mit mir als Trainer schlussendlich nicht gelingen sollte - das Fundament dafür will ich zumindest legen." Und als ob er nicht noch einmal das Zerplatzen eines Traumes erleben wollte, ergänzt er: "Und das werde ich auch schaffen."

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Quelle:
SZ vom 15.01.2011
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