Thilo Sarrazin und die SPD:"Jede Organisation hat ihre Prinzipien"

Lesezeit: 2 min

Migranten fühlen sich durch Thilo Sarrazin "in die negative Ecke gestellt": Horst Schmidt, Vorsitzender der Erdinger SPD-Kreistagsfraktion fordert jedoch vor einem Parteiausschluss eine gründliche Diskussion.

Antonia Krach

Der Wirbel um Thilo Sarrazin ist groß. Nach den Diskussionen um sein Buch hat er sich von seinem Posten bei der Bundesbank zurückgezogen. Aber auch die SPD stellt sich die Frage, ob sie Sarrazin aus der Partei ausschließen soll. Antonia Krach sprach darüber mit dem Vorsitzenden der SPD-Kreistagsfraktion, Horst Schmidt.

Horst Schmidt, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion Erding. (Foto: N/A)

SZ: Haben Sie das Buch von Thilo Sarrazin selbst gelesen?

Horst Schmidt: Ja, ich habe es nicht ganz, aber in Ausschnitten gelesen und muss meinem Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel Recht gebe. Dieses Buch sollte jeder lesen, um Verständnis für die SPD aufzubringen in der Diskussion, ob Sarrazin in der Partei bleiben kann oder nicht.

SZ: Wie haben SPD-Mitglieder im Landkreis auf das Thema Sarrazin reagiert?

Schmidt: Zuerst kamen viele Reaktionen, und viele fragten sich: Was sagt der Mensch da eigentlich? Aber keiner hat gesagt: "Sarrazin muss raus aus der Partei" oder auch das Gegenteil. Jede Organisation hat ihre Prinzipien, und wer gegen diese Prinzipien verstößt, der muss auch mit den Konsequenzen dazu leben. Ein öffentlich-rechtliches Verfahren wird dadurch legitimiert.

SZ: Wie sieht Ihre Meinung aus?

Schmidt: Es muss ernsthaft mit Sarrazin gesprochen werden, ob er die Sache mit der genetischen Vorbestimmung wirklich so sieht. Denn wenn das so ist, verstößt er meiner Meinung nach gegen Artikel drei des Grundgesetzes. Dieser besagt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, egal welchen Geschlechts, welcher Religion und Abstammung sie sind. Durch diese Ungleichwertigkeit stellt Sarrazin die Grundlage unserer Gesellschaft in Frage. Das finde ich nicht richtig. Viele Vorschläge, die Sarrazin in Sachen Integration anspricht, sind durchaus richtig, aber sie sind nichts Neues. Es gibt da sicherlich viel Nachholbedarf bei der Integration von Migranten, aber auf die Art und Weise, wie Sarrazin das angeht, fühlen sich viele Migranten ein bisschen in die negative Ecke gestellt.

SZ: Welche Folgen hat das für die SPD?

Schmidt: Ich hoffe und wünsche, dass sich die Partei stärker in Integrationsfragen einsetzt. Es wäre schön, wenn im Jahr 2013 Landtagsabgeordnete mit Migrationshintergrund aufgestellt und gewählt würden. Ich fände es wichtig, dass wir bundesweit und vor Ort verstärkt Integration zu ermöglichen. Nicht nur von Seiten der Bildung, sondern auch im Leben miteinander. Man sollte in allen Bereichen Integration ermöglichen, fördern und fordern. Hierfür gibt es sehr schöne Beispiele, wie zum Beispiel in Erding, die Migrationberatunsgstelle "in via", die wirklich ausgezeichnete Arbeit leistet.

© SZ vom 15.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: