Familiendrama in Taufkirchen:Zwei Leichen in Wohnhaus gefunden

Die Polizei geht nach bisherigem Kenntnisstand davon aus, dass ein 55-jähriger Mann bereits vor Wochen seinen 81-jährigen Vater getötet und sich kurz vor Eintreffen der Beamten selbst gerichtet hat

Von Thomas Daller und Sophia Belliveau, Taufkirchen

Am Donnerstagabend sind in einem Einfamilienhaus in Taufkirchen zwei männliche Leichen gefunden worden. Nach den ersten Erkenntnissen der Kriminalpolizei Erding hat offenbar ein 55-Jähriger seinen Vater getötet und sich später selbst das Leben genommen. Die Tötung des 81 Jahre alten Vaters muss wohl schon längere Zeit zurückliegen. Nachbarn hatten die Polizei gerufen, da aus dem Wohnanwesen an der Tulpenstraße starker Verwesungsgeruch gedrungen war und sie den Bewohner des Hauses schon seit Wochen nicht mehr gesehen hatten. Der Sohn, der sich in dem Einfamilienhaus aufhielt, hat sich laut Polizeiangaben offenbar erst kurz vor dem Eintreffen der Beamten selbst getötet.

Familiendrama in Taufkirchen: Kaum etwas deutet am Freitag darauf hin, dass dieses Einfamilienhaus ein Tatort ist.

Kaum etwas deutet am Freitag darauf hin, dass dieses Einfamilienhaus ein Tatort ist.

(Foto: Renate Schmidt)

Die Polizei war am Donnerstag gegen 21.15 Uhr verständigt worden. Nachdem die Feuerwehr die Wohnung geöffnet hatte, fanden die Beamten den 81-jährigen Wohnungsinhaber tot auf. Der Leichnam habe deutliche Spuren von Gewalteinwirkung aufgewiesen. In der Pressemitteilung aus dem Polizeipräsidium Oberbayern Nord heißt es, "der Mann war bereits vor längerer Zeit einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen".

Bei der Durchsuchung des gesamten Hauses durch Spezialkräfte der Polizei wurde im Keller eine weitere männliche Leiche entdeckt. Wie sich zeigte, handelt es sich um den Sohn des 81-Jährigen, der sich "nach der Spurenlage wohl zeitnah vor Eintreffen der Polizei selbst getötet hatte", heißt es in der Pressemitteilung. Die Kriminalpolizei Erding nahm noch in der Nacht die Ermittlungen auf. Die Indizien deuteten darauf hin, dass der Sohn für den gewaltsamen Tod seines Vaters verantwortlich ist und sich "der Strafverfolgung durch seinen Suizid entzog". Die Staatsanwaltschaft Landshut ordnete die Obduktion beider Leichen an. Die Ermittler erwarten sich davon weitere Hinweise zur Klärung der Tat.

Familiendrama in Taufkirchen: Kripobeamte sichern Spuren.

Kripobeamte sichern Spuren.

(Foto: Renate Schmidt)

Am Freitagnachmittag, einen Tag nach dem Fund der Leichen, wirkt die Tulpenstraße ruhig und idyllisch. Kaum etwas weist auf den ersten Blick darauf hin, dass hier ein Mord und ein Selbstmord passiert sind. Zwei Kripobeamte der Spurensicherung ziehen sich gerade vor der Haustüre um und fahren anschließend ab. Die Nachbarn können noch gar nicht glauben, was in ihrer Straße geschehen ist: "Wir dachten, als die Feuerwehr gestern gekommen ist, dass es brennt. Der Geruch, der vom Haus kam, war auch rauchartig." Mit so etwas Schlimmem hätte niemand gerechnet, alle seien fassungslos. "Feuerwehr und Polizei waren sicher bis halb vier in der Nacht im Einsatz", sagen die Bewohner des Hauses gegenüber vom Tatort.

Familiendrama in Taufkirchen: Die Tür ist polizeilich versiegelt.

Die Tür ist polizeilich versiegelt.

(Foto: Renate Schmidt)

Der 81-jährige Vater habe sich nach Angaben der Nachbarn nach dem Tod seiner Frau im Mai vergangenen Jahres immer mehr zurückgezogen. Sein Sohn habe bis zum Tod seiner Mutter bei deren Pflege mitgeholfen und danach seinen Vater ebenfalls unterstützt. Der Vater sei schwer krank gewesen: "Er hat schon lange gesagt, dass er nicht mehr leben möchte", sagen die Nachbarn.

Eine andere Nachbarin, die nebenan wohnt, sagt, sie habe regelmäßig mit dem 81-Jährigen Kontakt gehabt. Nachdem sie ihn einige Tage weder im Garten noch an der Garage finden konnte, habe sie "an die Fenster und die Türe geklopft", aber keine Reaktion bekommen. Auch auf ihre Anrufe reagierte niemand. "Ich kann noch gar nicht begreifen, was passiert ist", sagte sie. Der 55-jährige Sohn sei häufig im Haus des Vaters gewesen, er habe aber eine eigene Wohnung gehabt, erklären die Nachbarn. Zuletzt habe man ihn am vergangenen Samstag im Auto die Straße hinauffahren sehen. Über das Verhältnis von Vater und Sohn wissen sie nicht viel. Eine Nachbarin sagt, es sei eine gute Beziehung zwischen den beiden gewesen: "Ich habe ihr Verhältnis immer als eine normale Vater-Sohn-Beziehung gesehen." Andere Nachbarn gehen davon aus, dass das Zusammenleben von Spannungen geprägt gewesen sei, da sich Vater und Sohn öfter gestritten hätten.

Nach Angaben der Pressestelle des Polizeipräsidiums Nord befand sich die Leiche des Vaters seit etwa drei Wochen im Haus. Der Sohn habe sich während dieser Zeit wohl zeitweise zusammen mit dem Leichnam seines Vaters in der Wohnung aufgehalten. Das habe man aus den Aussagen der Bewohner der Tulpenstraße schließen können. Dann hat er mutmaßlich im Keller Selbstmord begangen.

Die Bewohner der Straße blicken immer wieder misstrauisch in Richtung Nummer 8. "Dass bei uns in der Straße so etwas passiert, damit hätte ich im Leben nicht gerechnet", sagt eine Anwohnerin. Sie wisse nicht, wie sie mit der Situation umgehen soll. "Man hat jetzt ein ungutes Gefühl, wenn man die Straße runter blickt", fügt ihr Ehemann hinzu. Es wird wohl dauern, bis dieses Gefühl verschwindet.

Anmerkung der Redaktion: Die Süddeutsche Zeitung berichtet in der Regel nicht über Selbsttötungen, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Erste Anlaufstelle für Menschen in Krisensituationen ist die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800/1110111 oder 0800/1110222 erhalten Betroffene Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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