Taufkirchen:Filigrane Krippenschau

Taufkirchen: Die Krippenausstellung im Taufkirchner Wasserschloss zeigt Schmuckstücke aus Papier nach Böhmischer Tradition.

Die Krippenausstellung im Taufkirchner Wasserschloss zeigt Schmuckstücke aus Papier nach Böhmischer Tradition.

(Foto: Renate Schmidt)

Im Taufkirchener Wasserschloss werden Papierkrippen und Luftbilder gezeigt

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Corona hat dem Advent im Schloss in Taufkirchen erneut einen Strich durch die Rechnung gemacht: Keine singenden Engel, keine heiße Bratwurstsemmel und kein nach Nelken, Zimt und Orange duftender Glühwein. Aber eine Einstimmung auf den Advent ist geblieben: Die Ausstellung im Wasserschloss darf besichtigt werden. Und die sollte man sich auch nicht entgehen lassen. Sie besteht aus zwei Teilen: Zum einen eine Ausstellung von Papierkrippen, die mit einer sehenswerten Detailverliebtheit beeindruckt. Zum anderen eine Luftbildausstellung über Taufkirchen, die anschaulich nachvollziehen lässt, wie sich das einst winzige Dörfchen an der Vils im Laufe der vergangenen 100 Jahre zur drittgrößten Kommune im Landkreis entwickelt hat. Die Ausstellung darf besucht werden, weil sie ein sehr ausgeklügeltes Hygienekonzept hat. Zudem ist aber 2G erforderlich: Zutritt haben nur Geimpfte und Genesene, die einen aktuellen negativen Test vorweisen können. Schnelltests werden aber auch im Wasserschloss angeboten, um interessierten Besuchern den Zugang zu erleichtern.

Papierkrippen sind heutzutage fast in Vergessenheit geraten. Es ist heute kaum vorstellbar, dass sich eine ganze Familie in der Adventszeit zusammensetzt und gemeinsam aus Papierbögen detailreiche Figuren und Kulissen ausschneidet und auf Sperrholz klebt, um diese zu einer farbenfrohen Krippe zu arrangieren. Doch genau das war im 19. Jahrhundert Volkstradition. Der Fantasie waren bei der Aufstellung keine Grenzen gesetzt und so entstand eine facettenreiche Volkskunst, die sich nun in großer Vielfalt im Wasserschloss bewundern lässt.

Taufkirchen: Benno Hofbrückl

Benno Hofbrückl

(Foto: Renate Schmidt)

Möglich wurde sie durch einen Kontakt nach Vilshofen, wo Benno und Emmi Hofbrückl seit zehn Jahren Papierkrippen sammeln. Seit seiner Kindheit baut Benno Hofbrückl bereits Papierkrippen, aber erst in den vergangenen zehn Jahren hat er die schönsten Stücke aus Tschechien und insbesondere aus dem Raum Böhmen zusammengetragen. Hofbrückl war früher in Passau in der außerschulischen Jugendarbeit tätig und bei der katholischen Kirche angestellt. Ein Schwerpunkt waren internationale Begegnungen, vor allem mit Tschechien. "Ich habe die Menschen dort kennen- und lieben gelernt", sagt Hofbrückl. Und er sei immer noch fasziniert davon, was sie in ihre Krippen "hineinzaubern".

49 Krippen sind im Wasserschloss ausgestellt, für 20 weitere war gar kein Platz. Kaum eine Krippe gleicht der anderen, bereits beim Panorama im Hintergrund fällt eine böhmische Besonderheit auf: Es handelt sich oftmals um Stadtansichten, und zwar um jene, wo die Krippe entworfen wurde, also Szenarien mit Lokalkolorit. Barockstädte, Burgen, Gebirgszüge - für Kenner klar erkennbar, woher die Krippe stammt. Auch die Gewänder der Figuren sind häufig regionale Trachten. Und es wimmelt meist von diesen Figuren, statt Ochs und Esel und den Hirten sind es meist ganze Jahrmarktszenen mit Musikgruppen, Handwerkern, Puppenspielern, Heiligen und sogar Taschendieben zu sehen. Wenn man sich Zeit nimmt, entdeckt man immer wieder neue Details.

Taufkirchen: Konrad Karbaumer

Konrad Karbaumer

(Foto: Renate Schmidt)

Das gilt ebenfalls für den zweiten Teil der Ausstellung, die Luftbildaufnahmen von Taufkirchen und seinen Ortsteilen. Der Zeitpunkt, sie zu zeigen, ist gut gewählt, denn 2022 jährt sich die Gemeindegebietsreform von 1972 zum 50. mal. Damals wurden die ehemals selbstständigen Gemeinden Moosen, Gebensbach, Hofkirchen, Wambach und Teile der Gemeinde Eibach nach Taufkirchen eingemeindet. Und auch sie sind selbstverständlich auf diesen Bildern zu sehen. Am spektakulärsten wirkt jedoch die erste Luftaufnahme von Taufkirchen aus dem Jahr 1915, aufgenommen von einem Fesselballon im Auftrag des Kriegministeriums. Geradezu winzig, nur eine Handvoll Häuser umgeben von Äckern. Erst mit der Gründung und dem Aufschwung der Firma Himolla sowie dem Zuzug von Flüchtlingen entwickelte sich die Gemeinde dann rasanter als die Nachbarorte. Das lässt sich gut an den Aufnahmen aus den 1960er Jahren erkennen, einer Epoche, aus der viele Bilder stammen, weil damals eine "große Befliegung" stattgefunden hat. Zeitlich abgerundet wird der Eindruck mit den detaillierten Hochglanzbildern, die Hans Seeholzer 2012 für seine Bildbände aus dem Landkreis aufgenommen hat. Unterhaltsam sind auch ein paar Rätselbilder, die das Team von Konrad und Tobis Karbaumer sowie Hermann Hoffmann eingebaut haben. Geöffnet ist die Ausstellung am ersten Adventssonntag und an den folgenden Adventswochenenden jeweils freitags, samstags und sonntags sowie am 1., 2. und 6. Januar.

Taufkirchen: Die älteste Luftbildaufnahme von Taufkirchen stammt aus dem Jahr 1915 und wurde aus einem Fesselballon im Auftrag des Kriegsministeriums gemacht. Damals war die Vilsgemeinde nicht mehr als ein kleines Bauerndorf. Erst mit der Gründung und dem Aufschwung der Firma Himolla und dem Zuzug von Flüchtlingen wuchs Taufkirchen rasant.

Die älteste Luftbildaufnahme von Taufkirchen stammt aus dem Jahr 1915 und wurde aus einem Fesselballon im Auftrag des Kriegsministeriums gemacht. Damals war die Vilsgemeinde nicht mehr als ein kleines Bauerndorf. Erst mit der Gründung und dem Aufschwung der Firma Himolla und dem Zuzug von Flüchtlingen wuchs Taufkirchen rasant.

(Foto: Renate Schmidt)
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