Taufkirchen:Besucheransturm im Urzeitmuseum

Taufkirchen: Das Urzeitmuseum beherbergt neben dem größten Dinosaurierskelett in Süddeutschland - ein 18 Meter langer Brachiosaurus - eine Vielzahl seltener Dinosaurierfossilien.

Das Urzeitmuseum beherbergt neben dem größten Dinosaurierskelett in Süddeutschland - ein 18 Meter langer Brachiosaurus - eine Vielzahl seltener Dinosaurierfossilien.

(Foto: Johannes Simon)

Immer mehr Besucher kommen von weiter her. Museumsleiter Peter Kapustin will internationaler werden und denkt sogar an eine Museum-App. Dringend benötigt werden Menschen, die Führungen vor allem für Schulklassen durchführen.

Von Gerhard Wilhelm, Taufkirchen

Das Urzeitmuseum in Taufkirchen vermeldet neue Rekordwerte bei den Besucherzahlen. Am Wochenende 5. und 6. August waren es 534 Kinder, Frauen und Männer in zwei Tagen. Zur Halbzeit der Sommerferien waren insgesamt knapp 2500 Menschen gekommen, wie Museumsleiter Peter Kapustin mitteilt. Eigentlich ein Grund zur Freude. Doch Kapustin plagen ein paar Sorgen. Zum einen besteht immer noch die Gefahr, dass bei Starkregen die Ausstellungsräume erneut geflutet werden. Neue Pläne verfolgt Kapustin deshalb vorerst nur mit angezogener Bremse. Der große Andrang beschert zudem auch Probleme: es fehlen Personen, die Besucher durch das Museum führen können. Außerdem braucht es für das zunehmend internationale Publikum mehrsprachige Info-Texte.

Mehr als 500 Ausstellungstücke aus einer Zeitspanne von 200 Millionen Jahren sind auf gut 2000 Quadratmeter Ausstellungsfläche zu sehen. Mehr als zwei Drittel der Exponate sind Originale. Das alles wird von Mitgliedern des gemeinnützigen Trägervereins "Freunde des Urzeitmuseums Taufkirchens" gestemmt - als Non-Profit-Organisation, die sich fast ausschließlich über Eintrittsgelder finanziert.

Taufkirchen: Ein originales Riesenhirsch-Skelett, das rund 45 000 Jahre alt ist.

Ein originales Riesenhirsch-Skelett, das rund 45 000 Jahre alt ist.

(Foto: Renate Schmidt)

Ideen für die Zukunft des Museums gibt es viele, sagt Kapustin. "Momentan sind wir aber zusammen mit dem Landkreis dabei, eine Lösung zu finden, damit ein weiteres Hochwasser keinen Schaden anrichtet." Es mache keinen Sinn, aktuell viel Geld in die Hand zu nehmen "und dann saufen wir wieder ab". In der "Pipeline" habe man aber "interessante Themen". Zum Beispiel soll künftig der Fokus noch mehr auf Eigenfunden liegen. "Die Zeiten und der Markt haben sich geändert. Für mich ist es inzwischen spannender, eigene Funde aus Bayern oder sogar unserer Gegend zu zeigen und nicht nur zu kaufen oder tauschen", sagt der Museumsleiter. Fündig werden könne man zum Beispiel im Altmühltal. Es gebe aber auch private Steinbrüche, wo man gegen ein kleines Eintrittsgeld auf Fossiliensuche gehen kann. Im Ausstellungsbereich Urwald seien zum Beispiel ausschließlich Funde aus dem Freisinger und Erdinger Raum zu sehen.

Taufkirchen: Museumsleiter Peter Kapustin will künftig noch mehr Eigenfunde zeigen.

Museumsleiter Peter Kapustin will künftig noch mehr Eigenfunde zeigen.

(Foto: privat)

Konzeptionell müsse man sich auch einiges überlegen, sagt Kapustin. Die Besucherflut sei "toll und wunderschön". Doch da immer mehr Familien mit kleinen Kinder kommen, ist sich der Museumsleiter nicht sicher, wie deren Erwartungshaltung ist. "Wir sind kein Dinopark, der Garten ist ein nettes Beiwerk, aber zu viel Aufmerksamkeit sollte man ihm nicht schenken. Wichtiger ist das Museum. Und da müssen wir sehen, wie wir kleinere Kinder mehr einbeziehen können." Die Begeisterung, die Filme wie "Jurassic Park" geschürt haben, versteht der Museumsleiter, "ohne sie würden wir gar nicht existieren". Deshalb gibt es auch den Dinogarten mit mehr als 20 lebensechten Modellen wie Allosaurus, Triceratops, Segnosaurus oder der über zwölf Meter langen Apatosaurus. Man sei natürlich nicht so groß wie der Dinopark im Altmühltal, aber "wir sind klein und fein".

Taufkirchen: Beim Rundgang im Außengelände sehen die Kinder Dino-Modelle.

Beim Rundgang im Außengelände sehen die Kinder Dino-Modelle.

(Foto: Johannes Simon)

Mittlerweile kommen die Besucher des Urzeitmuseums nicht mehr nur aus dem näheren Umfeld, sagt Kapustin. "Man bekommt es an der Kasse mit, wenn Leute auf Englisch fragen, ob es auch Übersetzungen gibt." Mit dem Thema habe man sich jahrelang überhaupt nicht auseinandersetzen müssen, aber die Frage nach anderen Sprachen werde immer häufiger gestellt. Oder sie tauche bei Google-Bewertungen auf. "Eine italienische Familie fand das Museum super schön, aber schade, dass nichts auf Englisch gewesen sei", sagt der Museumsleiter, "wir müssen wohl ein bisschen internationaler denken." Viele würden wohl auf der Durchreise das Museum besuchen, weil sie dank Google Maps erfahren haben, dass es auf ihrem Weg ein Urzeitmuseum gibt. Von diesen Besuchern werden es immer mehr.

Der Trägerverein denkt auch über eine App für das Urzeitmuseum nach

Angesichts dieser Entwicklung denkt man im Trägerverein auch darüber nach, eine App für das Museum anzulegen. Auch eine Rallye für Familien mit Kindern durch die Ausstellung soll es bald wieder geben. "Die Rallye müssen wir aktualisieren, da bei den Umbauten während Corona sich Wege änderten. Die Rallye bindet die Leute auch länger ans Museum, sie lesen mehr, setzen ich mit dem Thema auseinander." Trotz aller Digitalisierung sieht Kapustin das Museum als "analoges, haptisches" Erlebnis, wo man zum Beispiel Knochen anfassen kann und die Fragen auf einem Zettel beantworten muss. Viel komme auf die Eltern an. "Oft muss alles schnell gehen, das ist genau der Zeitgeist, den wir über die Digitalisierung leider erfahren." Nehmen Eltern aber die Kinder an die Hand und gehen Schritt für Schritt durch die Ausstellung, erklären alles und die Kinder lesen die einfachen Texte, würden die Kinder geerdet. Ohne das sei man in zwanzig Minuten durch.

Taufkirchen: Im Museum ist eine Vielzahl von Fossilien der damals lebenden Tier- und Pflanzenwelt zu sehen, als Süddeutschland vor 180 bis 150 Millionen Jahre ein Meer war.

Im Museum ist eine Vielzahl von Fossilien der damals lebenden Tier- und Pflanzenwelt zu sehen, als Süddeutschland vor 180 bis 150 Millionen Jahre ein Meer war.

(Foto: Johannes Simon)

Neue Ideen und neue Ausstellungsbereiche sind für den Trägerverein aber auch in anderer Hinsicht eine Herausforderung. "Man könnte natürlich vieles besser und schöner machen, wenn man mehr helfende Hände hätte", sagt Kapustin. Er versuche vieles selber zu machen. Doch drei Schulklassen an einem Vormittag mit insgesamt 80 bis 90 Kindern seien schon eine Herausforderung. "Uns fehlen Leute, die Führungen übernehmen können. Da muss man kein Experte sein. Man muss ein Grundinteresse habe, auch an Wochentagen Zeit haben, an Vormittagen. Innerhalb kürzester Zeit hat man die Führungen für Kinder drauf." Die Begeisterung der Kinder zu wecken, sei eine tolle Sache. Interesse sollte man aber nicht nur an Dinosauriern haben, sondern an der Prähistorik im Allgemeinen. "Um Dinosaurier geht es im Museum noch am wenigsten, sondern von der Urzeit bis zur menschlichen Kultur".

Das Urzeitmuseum - Sammlung Kapustin, Attingerweg 9, Taufkirchen an der Vils, in den Ferien täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet, letzter Einlass ist um 16 Uhr.

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