Taufkirchen:Solidarisch bis ins Sudhaus

In der Corona-Krise ziehen in Taufkirchen Gemeinde, Brauereigenossenschaft und der Sportverein BSG an einem Strang: Auch wenn Starkbierfest und Volksfest ausfallen, nutzt man die Gelegenheit für Spenden und ein Volksfest-Notprogramm

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Drei große Jubiläen wollten die Taufkirchener heuer feiern, eines davon im Doppelpack: Die BSG Taufkirchen, einer der größten Sportvereine der Gemeinde, wird heuer 60 Jahre alt und plante als Auftakt der Feierlichkeiten, gemeinsam mit der Brauereigenossenschaft das 25. Starkbierfest zu begehen. Anders als in Tirschenreuth wurde es abgesagt, sinnvollerweise. Das beliebte Volksfest wurde heuer ebenfalls aus dem Kalender gestrichen. Doch die Taufkirchener versuchen, aus der Situation das Beste zu machen: Der Sportverein hat den Bock der Genossenschaft trotzdem unter die Leute gebracht und den Erlös dem Sozialfonds der Gemeinde gespendet. Auch beim Volksfest will man nun nicht einfach achselzuckend zur Tagesordnung übergehen: Die Genossenschaft hat sich entschieden, trotzdem ihren Sud für das Festmärzen zu brauen und es erstmals in ihrer Geschichte komplett in Flaschen abzufüllen. Die Gemeinde flankiert die Aktion mit Gutscheinen für große Brezen für das Volksfest 2021, die es pro Träger gibt. Zudem ist der Brauereibiergarten während der Volksfestwoche geöffnet, natürlich mit den geltenden Abstandsregeln. Aber zumindest so etwas wie ein "Volksfest dahoam" will man den Bürgern ermöglichen.

Taufkirchen ist die drittgrößte Kommune im Landkreis und mit mehr als 10 000 Einwohnern eine Großgemeinde. Doch das Gemeinschaftsgefühl ist, gerade auch in diesen Krisenzeiten, ausgeprägt wie in einem kleinen, eingeschworenen Dorf.

Die BSG hatte sich richtig auf das Starkbierfest in ihrem Jubiläumsjahr gefreut, das sie mit der Brauerei veranstaltet; vor allem, weil es im Vorjahr aus Brandschutzgründen schon einmal abgesagt worden war. Als sich Anfang März abzeichnete, dass es abgesagt werden muss, haben sich die Sportler mit der Gemeinde und der Genossenschaft beraten und entschieden: Wäre ewig schade ums Bier, das muss unter die Leute. An einem darauffolgenden Samstag haben fünf Freiwillige der BSG die 700 Träger ausgefahren. "Ich habe 25 Tragel in meinem Schnauferl drin gehabt", sagte BSG-Vorstand Franz Schlossnikl. "Des is ganz schön in die Knie gegangen." Vereinbart wurde, dass pro Kiste ein Euro mehr verlangt wird, der für soziale Zwecke gespendet werden sollte, die BSG selbst wollte nichts daran verdienen. Innerhalb eines Tages waren die 700 Träger weg.

Scheckuebergabe, Sozialfond

Spendenübergabe: Von links Vertriebsleiter Fritz Rumpfinger, Bürgermeister Haberl, Volksfestreferent Unterreitmaier, Verwaltungsleiter Martin Bauerund der BSG-Vorsitzende Franz Schlossnikl.

(Foto: Stephan Görlich)

Bei einem Pressetermin im Brauereibiergarten wurde kürzlich die Spende übergeben, die an den Sozialfonds der Gemeinde geht. Dieser Sozialfonds, der im Herbst 2013 gegründet wurde, hilft Bedürftigen, die sich in akuten Notlagen befinden. Damit werden beispielsweise Bürger unterstützt, die durch einen Wohnungsbrand plötzlich obdachlos geworden sind.

Bürgermeister Stefan Haberl (CSU) sagte bei dem Pressegespräch, dass es in Taufkirchen einen ausgeprägten Gemeinschaftssinn gebe, der sich gerade in Krisen bewähre. Dieser Zusammenhalt werde durch Veranstaltungen wie das Volksfest gestärkt, bei dem die ganze Gemeinde, Jung und Alt, Familien und Freunde, zusammenkomme. Und heuer hätte es auch noch zum 60. Mal stattgefunden. Daher begrüße er es, dass die Brauerei sich dazu entschlossen habe, das Volksfestbier in Flaschen an die Bürger abzugeben. Und die Gemeinde stifte dazu die Gutscheine für die Volksfestbrezen im darauffolgenden Jahr.

Braumeister Thomas Drechsel sprach von einem Experiment, das man noch nie zuvor gewagt habe. Der limitierte Sondersud "schlummert noch in der Brauerei, ich schau da jede Woche vorbei". Der Sud werde Ende Juni, Anfang Juli fertig und werde dann in der Brauerei und bei den Vertriebspartnern verkauft, außerdem werde es in der Volksfestwoche im Brauereibiergarten ausgeschenkt. Das Taufkirchener Volksfestbier genießt einen hervorragenden Ruf: Die Taufkirchener haben es vor wenigen Jahren beim international renommierten Branchenwettbewerb "Beer Star" eingereicht, wo es bei einer Blindverkostung von Braumeistern und Biersommelieren als drittbestes Festmärzen die Bronzemedaille erhielt. Fritz Rumpfinger, Verkaufsleiter der Brauerei, stellt sich daher auf einen Ansturm auf die begehrte Ware ein: "Die Leute sollen bitte nicht jetzt schon bei uns anrufen, es ist erst Ende Juni fertig."

Scheckuebergabe, Sozialfond

Der limitierte Sondersud erhält ein eigenes Etikett.

(Foto: Stephan Görlich)

Christine Aulechner, in der Gemeindeverwaltung seit vielen Jahren zuständig für die Organisation des Volksfestes, war etwas wehmütig: "Ein Volksfest ist ein Volksfest und das ist Party und Nähe und das geht jetzt nicht. Aber man muss geduldig sein, auch wenn mir das Herz blutet."

Festwirt Franz Jell kündigte an, dass das umfangreiche Jubiläumsprogramm ein Jahr später stattfinden werde. Bis dahin werde er auf den bereits gedruckten Bierzeichen bei der Jahreszahl die Null handschriftlich mit einer Eins übermalen, juxte er: "Jetzt habe ich ja Zeit."

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