Taufkirchen entscheidet:"Ja" zum Wasserschloss

Eine deutliche Mehrheit der Taufkirchener befürwortet in der außerordentlichen Bürgerversammlung einen Erwerb des historischen Herzstücks durch die Gemeinde

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Die Taufkirchener holen sich ihr Schloss zurück. Das ist keine kühne Prognose: Der Taufkirchener Gemeinderat wird sich Ende Mai in öffentlicher Sitzung entscheiden, ob die Gemeinde das Wasserschloss erwirbt oder nicht. Und weil dabei die Meinung der Bürgerschaft maßgeblich sein soll, wird es auf eine Zustimmung hinauslaufen. Denn die Meinungsbildung in der außerordentlichen Bürgerversammlung am Donnerstag Abend war mehr als deutlich: Viele gute Argumente sprechen dafür.

Das Interesse der Taufkirchener war riesengroß. Zu Beginn der Veranstaltung um 19.30 Uhr war der Bürgersaal bis auf den letzten Platz besetzt, fünf Minuten später mussten Mitarbeiter der Gemeinde mit Sackkarren stapelweise weitere Stühle aus dem Stuhllager holen, weil der Andrang nicht abriss. Auf den Tischen lagen Informationsblätter mit Kalkulationen zum Schloss, die weitaus niedriger ausfielen, als man erwartet hatte: So lag der Kaufpreis für das Schloss nur noch bei 630 000 Euro. Auch die Sanierungsmaßnahmen, die eine hohe Priorität haben und sofort aufzubringen sind, waren überschaubar: 657 000 Euro; das meiste davon für den Brandschutz. 1,3 Millionen Euro müsste die Gemeinde somit auf den Tisch legen, um das Schloss zu erwerben und den Betrieb dort aufrecht zu erhalten. Mittel- und langfristig kämen zwar noch einmal 650 000 Euro für Sanierungsmaßnahmen mittlerer und niedriger Priorität hinzu, aber das könnte man bequem über etliche Jahre strecken. Auch bei der Gegenüberstellung der laufenden Einnahmen durch Mieten und Ausgaben durch Betriebskosten ist das Schlossoffenbar kein Fass ohne Boden, sondern höchstens ein kleines Fässchen: die jährliche Unterdeckung liegt bei 28 000 Euro. Zum Vergleich: Beim Waldbad leistet man sich ein Defizit von 300 000 bis 400 000 Euro pro Jahr.

Warum diese weitere Sanierung des Schlosses keine Unsummen verschlingen werde, erklärten die Bauingenieure in einem Vortrag, die das Schloss in den vergangenen Monaten vom Keller bis zum Dachboden untersucht hatten. Zum einen unterliegt das Schloss bis auf die Schlosskapelle, die bereits saniert ist, nicht dem Denkmalschutz, der Sanierungen so teuer macht. Denn als das Schloss in den 1950er Jahren zu einer Klinik umgebaut wurde, hat man nicht nur Balkone und Erker abgerissen, sondern das Schloss teilweise auch entkernt, damit es funktioneller ist. Für den Denkmalschutz ist es damit nicht mehr von Interesse. Darüber hinaus hat Nico Forster, der Vorbesitzer des Schlosses, seine vertragsgemäßen Sanierungsverpflichtungen weitgehend erfüllt und vier Millionen Euro in das Gebäude gesteckt: 2,9 Millionen Euro davon waren öffentliche Zuschüsse, weitere 1,1 Millionen Euro waren Forsters eigenes Geld. Durch seinen frühen Tod im Jahr 2010 konnte er zwar die Sanierung nicht abschließen, aber der einzige größere Brocken, der noch ansteht, ist der Brandschutz.

Einige Taufkirchener wie Gemeinderat Martin Huber (REP) oder Helmut Puffer trauten jedoch der Statik nicht und wollten wissen, ob man sie wirklich gründlich untersucht habe. Franz Mitter, Bauingenieur mit Fachgebiet Statik, bestätigte dies. Das Schloss stehe seit 750 Jahren auf einer Gründung aus Eichenpfählen in diesem Weiher wie ein Palazzo in Venedig. Und diese Pfähle stünden immer noch wie eine Eins. Man habe keinerlei bedenkliche Risse gefunden.

Weitere Argumente für den Kauf des Schlosses zählte Klaus-Ulrich Wolter auf, der Vorsitzende des Schloss-Fördervereins. Denn das Wasserschloss ist beileibe kein Geisterschloss, es spielt sich jede Menge Leben in ihm ab: Die Räume werden derzeit von 126 Schülern der Kreismusikschule genutzt, vom Naturkindergarten, das Trauungszimmer wird für mehr als 50 Trauungen pro Jahr gebucht, die Räume sind für Seminare und Unterricht gefragt und im Schnitt finden dort jährlich auch noch 27 Konzerte statt. Sollte das Schloss beispielsweise wegen der Brandschutzmängel auf Dauer nicht mehr zur Verfügung stehen, wäre es kaum möglich, für diese Räume in zentraler Lage Ersatz zu finden. Und wenn, dann nicht für 1,3 Millionen Euro.

Völlig abwegig ist so ein Szenario nicht, denn die Erben Forsters wollen das Schloss unbedingt loswerden und keine weiteren Verpflichtungen beim Brandschutz übernehmen. Dazu haben sie das Schloss in eine Aktiengesellschaft überführt, die ihnen gehört: die Guttenburg Grundstücks- und Beteiligungs AG. Und diese AG will zu einem ungewöhnlichen juristischen Mittel greifen, wenn die Gemeinde das Schloss nicht bis zum 1. Juli 2016 erwirbt: Sie wollen im Grundbuch die Eigentumsaufgabe vollziehen, wodurch das Schloss eine "herrenlose" Immobilie würde. Der Freistaat hätte dann ein Aneignungsrecht, aber keine Aneignungspflicht. Und die Gemeinde hätte dann zwar auf dem Papier noch ihre Nutzungsrechte, sie auszuüben würde sich dadurch aber wesentlich komplizierter gestalten. Rechtsanwältin Nicole Mössner, die die Gemeinde in Sachen Schloss vertritt, konnte bei manchen Fragen zu den Konsequenzen dieser Rechtskonstruktion nur spekulieren. Der Fall wäre für die Gemeinde zumindest ein riskantes Wagnis.

Aber die Mehrheit der interessierten anwesenden Bürger plädierten ohnehin für einen Kauf. Einer nach dem anderen trat ans Mikrophon und hielt teils flammende Appelle, man möge sich des "historischen Herzstücks" der Gemeinde annehmen und die "einmalige Chance" nicht verstreichen lassen. "Ein Schloss gibt jedem Ort Charakter", sagte Richard Reitzle. "Man kann ein Juwel daraus machen."

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