Süddeutsche Zeitung

Taufkirchen:Die Häuser des Sindbald

Hofkirchen feiert sein 1200-jähriges Bestehen

Am 7. November 819 ist Hofkirchen, Gemeinde Taufkirchen, erstmals urkundlich erwähnt worden. Das Dorf feiert nun am Sonntag, 10. November, sein 1200-jähriges Bestehen mit einem Fest. Um 10 Uhr ist ein Dankgottesdienst geplant, anschließend steht ein Suppenessen im Bürgerhaus "Alte Schule" auf dem Programm.

Wann die erste Besiedlung der Gegend um Unterhofkirchen erfolgte, ist nicht bekannt, schreibt Thomas Maier, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats, in seiner kleinen Chronik des Ortes. Die ältesten Zeugnisse dafür seien eine keltische Viereckschanze im Wald nördlich von Oberhofkirchen und der nicht mehr erhaltene, ehemalige Burgstall in Unterhofkirchen selbst. Die erste Erwähnung des Dorfes sei für den 7. November 819 nach Christus belegt. In der Regierungszeit des Freisinger Bischofs Hitto wurde dem Isener Abt Salomon und seiner Schwester Engilsuind eine Kirche in Sindbaldeshusun übergeben, was so viel wie "bei den Häusern des Sindbald" bedeutet. Aber schon 1065 tritt ein Zeuge "Uvezil de Hovech(i)rchen" in einer Urkunde auf. Unter Bischof Otto I. (1138 - 1158) existiert eine "capella Hovechirichen" und ab dem 14. Jahrhundert kennt man die Namen vieler katholischer Geistlicher. Noch bis zur Jahrhundertwende fand man von den Edlen aus Hofkirchen den Sitz in der Nähe der Kirche und hinter dem ehemaligen Wirtsgebäude. Ein Burgstall, welcher "Kugelberg" genannt wurde, zeugte von einer Zeit, in der man sich gegen Nachbarn erwehren musste.

Johann Georg Kirmair war laut Chronist Maier einer der bedeutendsten Geistlichen vor Ort. Er trat 1722 sein Amt an und schmückte die drei örtlichen Kirchen mit einer neuen Innenausstattung aus, baute 1740 den heutigen, das Dorf prägenden Pfarrhof, stiftete 1728 die erste Orgel für die Pfarrkirche und gründete 1753 die erste Schule am Ort. Auf ihn geht auch die 1737 konfirmierte Isidor-Bruderschaft zurück.

In der Spätgotik um 1500 entstand in Hofkirchen ein Kirchenbau, der um 1700 und um 1900 jeweils erweitert wurde. Die eigentliche Weihe der heutigen Kirche erfolgte am 19. Juni 1708 durch den Freisinger Fürstbischof Johann Franz Eckher von Kapfing und Lichteneck. Seitdem wurde die Pfarrkirche durch die rührige Bevölkerung und ihre Geistlichen immer wieder ergänzt und restauriert.

Durch das Gemeindeedikt von 1818 wurde Hofkirchen der Sitz einer eigenständigen Gemeinde mit gleichen Namen, die zahlreiche kleinere Orte umfasste. Diese finden sich auch heute noch überwiegend im Pfarrgebiet der Pfarrei Hofkirchen wieder.

Zur Zeit von Bürgermeister Leonhard Tremmel aus Uttenberg lebten in der Mitte des 20. Jahrhunderts etwa 824 Menschen im Gemeindegebiet, wobei sofort nach dem Weltkrieg eine Rekordhöhe von 1008 Bürgern aufgrund der hohen Zahl an Flüchtlingen zu verzeichnen war. Die beiden Weltkriege rissen tiefe Wunden in das Leben der Hofkirchner. Das Kriegerdenkmal vor der Pfarreikirche zeugt davon und von den Orten, an denen die Soldatensöhne und -väter aus Hofkirchen kämpfen mussten.

Mit der Gebietsreform wurde die Gemeinde Hofkirchen am 1. Januar 1972 Teil der Großgemeinde Taufkirchen. Ins 20. Jahrhundert fiel auch die Umbenennung der Ortschaft von Hofkirchen zu Unterhofkirchen. Hintergrund waren wohl die vielen Orte, gleichen Namens und deren häufige Verwechslung.

Ende 1979 erfuhren die Hofkirchner, dass sie sich mit der Pfarrei Taufkirchen zum Pfarrverband Taufkirchen zusammenschließen mussten. Die Regionalstelle der Katholischen Landjugend (KLJ) wurde daraufhin aufgelöst und Pfarrer Josef Bacher, der inzwischen seinen Ruhestand wieder in der Gemeinde Taufkirchen verbringt, wechselte in eine unbesetzte Pfarrei außerhalb des Landkreises Erding. In seinem diesjährigen Rückblick zum 40-jährigen Bestehen des Pfarrverbandes berichtete der langjährige Dekan und Pfarrer in Ruhestand, Thomas Zeitler, wie schwer den Hofkirchner der damalige Zusammenschluss gefallen war.

Inzwischen sind die Hofkirchner jedoch fest in der Gemeinde und Pfarrgemeinde Taufkirchen verwurzelt und damit Teil der Metropolregion München. Der zahlreiche Zuzug und das Verlangen der örtlichen Jugend, in ihrer Heimat nicht nur zu arbeiten, sondern auch leben zu können, hat auch Unterhofkirchen wachsen lassen. Um die Pfarrkirche findet man landwirtschaftliche und zahlreiche handwerkliche Betriebe. Die Jugend trifft sich im Jugendraum der Katholischen Landjugendbewegung. Zahlreiche Vereine bereichern zudem das Privatleben. Nur die örtliche Bankfiliale wurde zum Leidwesen gerade der älteren Bevölkerung vor einigen Jahren geschlossen.

Durch die Unterstützung der heimischen Bevölkerung und Firmen, der Gemeinde Taufkirchen, des Landkreises Erding sowie der Regierung von Oberbayern und einer enormen Zahl freiwilliger Arbeitsleistung konnte unter Federführung des örtlichen Schützenvereins und weiterer Vereine mit dem Bürgerhaus "Alte Schule Unterhofkirchen" zudem ein zentraler Ort für das Dorfleben geschaffen werden. Die Einweihung auf dem Areal des alten Schulgebäudes fand im Jahr 2017 statt. Im Bürgerhaus findet man Theateraufführungen, Kabarett, aber auch das aktive Vereinsleben und die Möglichkeit zum Feiern.

Auch für die Zukunft wurde bereits im Rahmen der Bürgerbeteiligung eine vereinfachte Dorferneuerungsmaßnahme entwickelt: So möchte man den alten Schulweg zwischen Kreisstraße und Bürgerhaus reaktivieren, ein neues Feuerwehrhaus bauen und einen Dorfplatz als Treffpunkt schaffen. Ebenso ist ein Spielplatz für die zahlreichen Kinder in Unterhofkirchen angedacht.

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SZ vom 09.11.2019 / SZ
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